25.11.2024, 14:23 Uhr
«Wir sind derzeit vorsichtig optimistisch in Bezug auf Staats- und Unternehmensanleihen», sagt Rochus Appert, Länderchef Schweiz von PGIM Investments im Interview. Er beobachtet hier einen Fokus auf tendenziell...
In den USA haben sich beide Präsidentschaftskandidaten für mehr Staatsausgaben ausgesprochen, aber auch in Europa wird dieser Vorschlag diskutiert. GAM-Fondsmanager Xavier Van Hove erklärt, welche Sektoren davon profitieren würden.
Trotz der erheblichen Geldentwertung durch die Zentralbanken, liegt die Inflation in allen Industriestaaten weit unter der angestrebten Zielmarke. Xavier Van Hove durch die Akquisition von Taube Hodson Stonex (THS) zu GAM gestossen sieht die gegenwärtigen geldpolitischen Massnahmen nicht als ausriechend an, um die Weltwirtschaft wieder auf Kurs zu bringen. Dem Experten zufolge bedarf es dafür höherer Staatsausgaben und mehr Investments. Ausserdem erklärt er, welche Sektoren von stärkeren Haushaltsausgaben profitieren könnten.
"Derzeit wird von verschiedenen Stimmen die Erhöhung der Staatsausgaben gefordert: In den USA haben sich beispielsweise beide Präsidentschaftskandidaten dafür ausgesprochen, durch Infrastrukturprojekte einen Stimulus zu setzen. Mario Draghi hat dies für Europa vorgeschlagen, zahlreiche andere Politiker wie etwa Matteo Renzi stimmten dem zu", sagt Van Hove. Auch in Japan nehme die Zahl der Befürworter von höheren Staatsausgaben zu angeführt von Etsuro Honda. Schliesslich habe auch der neue britische Schatzkanzler Philip Hammond erklärt, die Austeritätspolitik des Landes zurückzufahren.
Nach Van Hoves Einschätzung dürfte eine Erhöhung der Staatsausgaben vielen Unternehmen Rückenwind geben, sofern der Stimulus drei Bereiche umfasst: steuerliche Erleichterungen könnten die Konsumausgaben anregen, Infrastrukturausgaben die Wirtschaft beleben und ein neuer Steuerplan könnte Kapitalinvestitionen begünstigen. "Wenn die Ausgaben der Haushalte steigen, würden besonders Konsumgüteranbieter profitieren. Das trifft vor allem auf die Produzenten von Basiskonsumgütern zu, nämlich dann, wenn Konsumenten sich entscheiden, mehr Geld für höherwertige Produkte auszugeben und sich die produzierenden Unternehmen in diesem Marktsegment befinden ein Beispiel ist die Kosmetikbranche", so Van Hove. Auch Nicht-Basiskonsumgüter würden voraussichtlich stärker nachgefragt und Unternehmen in diesem Bereich seien sehr attraktiv bewertet, weshalb der Portfoliomanager hier gute Investitionschancen sieht. Da die Unternehmen hier allerdings zyklischer geprägt seien, sollten Investoren das jeweilige Marktumfeld genau analysieren.
Weitere Anlagemöglichkeiten sieht Van Hove im Bereich der Infrastruktur: Wenn die Budgets für derartige Projekte steigen würden, sei das vor allem für den Bausektor von Vorteil. Welche Baumassnahmen gefragt seien, hänge immer von der jeweiligen Region ab. Während in den USA beispielweise deutlich höhere Infrastrukturausgaben benötigt würden, sei das in Spanien nicht der Fall. Unter diesen Voraussetzungen könnten Unternehmen, die im Bereich technische Planung, Beschaffungswesen und Bauausführung tätig sind und unter dem Begriff 'Engineering, Procurement and Construction' beziehungsweise EPC zusammengefasst werden, eine interessante Anlageoption sein. "Allerdings sind viele dieser Firmen in privatem Besitz. Zudem unterliegen EPC-Firmen häufig spezifischen Risiken, weil nur ein falsch kalkuliertes Grossprojekt die Nettogewinne auf Jahre hinaus schmälern kann. Wir setzen daher eher auf die Hersteller von Werkstoffen und Zement", erklärt Van Hove.
Um Investitionen anzukurbeln spricht sich Van Hove vor allem mit Blick auf die USA für eine Steuerreform aus: "Viele US-Unternehmen verfügen offshore über Mittel in enormem Ausmass. Eine einmalige Steuervergünstigung könnte viele dieser Firmen motivieren, diese Mittel wieder in die USA zu überführen möglicherweise in Kombination mit der Auflage, es in Amerika zu investieren", sagt Van Hove. Eine derartige Reform sei gegenwärtig sehr wahrscheinlich, auch wenn solche Massnahmen schon häufig debattiert und dann doch wieder verworfen worden wären. Zuträglich wäre ein entsprechender Steuernachlass besonders den Herstellern von Investitionsgütern. "Es ist vernünftig hier erst einmal abzuwarten, wer der neue US-amerikanische Präsident wird, und wann das Thema im Kongress diskutiert wird. Insgesamt wird die Reise nicht unkompliziert, aber für Investoren kommt es vor allem darauf an, zu wissen in welche Richtung es geht."