27.11.2024, 11:09 Uhr
Der britische Billigflieger Easyjet hat im abgeschlossenen Geschäftsjahr wie erwartet zugelegt und seinen Gewinn merklich gesteigert. Die Airline stellt eine mehr als doppelt so hohe Dividende in Aussicht.
Anfang des Jahres waren viele Anleger davon überzeugt, dass die US-Notenbank Fed, die Zinsen bis Ende 2024 viermal senken würde. Heute, angesichts der unerwartet hohen Inflation, erscheint dies jedoch unwahrscheinlich. «Gut möglich, dass es in diesem Jahr überhaupt keine Zinssenkungen geben wird – und dass die Märkte damit gut zurechtkommen», sagt Darrell Spence, Ökonom bei Capital Group.
Aus seiner Sicht sprechen drei gute Gründe dafür, den US-Leitzins für den Rest des Jahres auf dem jetzigen Niveau zu belassen.
«Die US-Wirtschaft wächst trotz der drastischen Anhebung des Leitzinses auf derzeit 5,25 bis 5,50 Prozent weiterhin in einem gesunden Tempo», bemerkt Spence. Tatsächlich befände sie sich auf einem 23-Jahres-Hoch. Der Internationale Währungsfonds (IWF) erwarte, dass die US-Wirtschaft in diesem Jahr mehr als doppelt so schnell wachsen werde als andere grosse Industrieländer. Zuletzt hat der IWF seine Prognose für das US-Wirtschaftswachstum auf Jahresbasis auf 2,7 Prozent angehoben, verglichen mit 0,8 Prozent für Europa und 0,9 Prozent für Japan.
«Die Widerstandsfähigkeit der US-Wirtschaft angesichts deutlich höherer Zinssätze war eine der grössten Überraschungen der letzten zwei Jahre», sagt Spence. «Es ist noch nicht lange her, dass viele Anleger und Ökonomen glaubten, wir würden auf eine Rezession zusteuern. Und jetzt sieht es so aus, als könnte die US-Wirtschaft mit einer Rate wachsen, die über der IWF-Prognose liegt und möglicherweise 3,0 Prozent erreicht.» Gründe dafür seien, dass die US-Verbraucher weiterhin Geld ausgäben, der Arbeitsmarkt angespannt bleibe und die Hersteller in der Zeit nach der Pandemie in neu diversifizierte Lieferketten investieren würden.
Solch solides Wachstum werde normalerweise nicht mit Zinssenkungen in Verbindung gebracht. «Die US-Wirtschaft scheint sich recht gut an ein höheres Zinsumfeld angepasst zu haben», erklärt der Experte. «Ihre Widerstandsfähigkeit gibt Anlass zur Sorge, dass die US-Wirtschaft überhitzen könnte, wenn die Fed die Zinsen vorzeitig senkt, was den Inflationsdruck wieder anheizen könnte.»
«Der Kampf der Fed gegen die Inflation ist gut verlaufen, keine Frage. Aber er ist noch nicht vorbei», betont Spence. Die Verbraucherpreise seien zwar seit ihren Höchstständen im Juni 2022 zurückgegangen, lägen aber immer noch deutlich über dem Zwei-Prozent-Ziel der Fed. Das letzte Stück des Weges – von 3,0 Prozent auf 2,0 Prozent – könnte aus Sicht des Ökonomen die schwierigste Etappe sein.
«Wenn die Fed in diesem Jahr keine Zinssenkung vornimmt, dann wahrscheinlich deshalb, weil die Inflation nicht so schnell sinkt, wie von den Zentralbankern erwartet», sagt Spence. Ein Grossteil des jüngsten Inflationsrückgangs sei auf den Konsumgütersektor zurückzuführen, wo die Preise so schnell wie seit fast 20 Jahren nicht mehr gesunken seien. «Ich glaube nicht, dass dies von Dauer sein wird, zumal der US-Dollar nicht mehr so schnell an Wert gewinnt wie im vergangenen Jahr», erwartet der Experte. Ausserdem könnten sich die höheren Immobilienpreise angesichts der jüngsten Änderungen in der Datenerhebungsmethodik stärker als in der Vergangenheit auf die Mietinflation auswirken.
Im Dienstleistungssektor sei die Inflation in den letzten sechs Monaten mit einer Jahresrate von über 6,0 Prozent gestiegen. Dies sei weitgehend auf ein solides Lohnwachstum aufgrund eines starken Arbeitsmarktes zurückzuführen. Die Arbeitslosenquote in den USA sei zwar leicht auf 3,8 Prozent gestiegen, liegt aber immer noch nahe ihrem 50-Jahres-Tief.
«Nun könnte man meinen, dass eine Inflation zwischen 2,5 und 3,0 Prozent nahe genug am Zwei-Prozent-Ziel sei. In der Zeit vor der Pandemie jedoch, als der disinflationäre Druck das Problem war, hielten die Fed-Beamten Inflationsraten von 1,5 oder 1,6 Prozent für zu niedrig. Deshalb sollten wir davon ausgehen, dass 40 oder 50 Basispunkte über dem Zielwert von zwei Prozent auch heute noch zu hoch sind», argumentiert Spence.
Den Aktienmärkten gehe es insgesamt gut. Die US-amerikanischen und internationalen Aktienmärkte hätten im ersten Quartal 2024 eine Reihe von Rekordhöhen erreicht. Der April sei zwar weniger enthusiastisch gewesen, dies sei aber vor allem auf Inflationssorgen und zunehmende Spannungen im Nahen Osten zurückzuführen sei. «Es ist klar, dass sich die Befürchtung, höhere Zinsen könnten die aktuelle Hausse beenden, sich nicht bewahrheitet hat», sagt Spence.
Eine Markterholung nach einer Zinserhöhung sei nicht ungewöhnlich. In den letzten 30 Jahren hätten sich Aktien und Anleihen in der Regel gut entwickelt, wenn die Fed die Zinsen angehoben habe. Zu Beginn einer Zinserhöhungskampagne könnten die Märkte zwar heftig reagieren. Sobald jedoch ein neues Stabilitätsniveau erreicht sei, das sich in einem vernünftigen Rahmen bewege, würden die Märkte ihren langfristigen Wachstumspfad häufig wieder aufnehmen, welcher mehr von den Unternehmensgewinnen und dem Wirtschaftswachstum als von der Geldpolitik beeinflusst werde.
«Als Anleger müssen wir die Möglichkeit in Betracht ziehen, dass die Politik der Fed in Anbetracht des jüngsten gesunden US-Wachstums vielleicht gar nicht restriktiv ist. Vielleicht ist das der Grund, warum wir noch keine Rezession hatten. Und vielleicht ist das der Grund, warum wir 2024 keine Zinssenkung bekommen werden», sagt Spence. Das Ausbleiben einer Zinssenkung in diesem Jahr könne einfach die Tatsache widerspiegeln, dass es der US-Wirtschaft recht gut gehe. «Für Anleger, die bereit sind, eine langfristige Perspektive einzunehmen, könnte dies ein hervorragender Zeitpunkt sein, um sowohl in Aktien als auch in kreditorientierten Anleihen investiert zu sein», so sein Fazit.