20.12.2024, 14:24 Uhr
Das neue Diätmittel CagriSema von Novo Nordisk ist zwar besser als das alte Mittel, aber nicht besser als die Konkurrenz. Das führt zu einem Kurssturz weil mehr erwartet worden war.
Um die Klimaerwärmung gegenüber vorindustrieller Zeit auf 1,5°C zu begrenzen, ist es nötig, die Treibhausgas-Emissionen weltweit spätestens bis 2050 auf "netto-null" zu reduzieren. Avenir Suisse erklärt, was unter einem "Netto-null"-Ausstoss an Treibhausgasen genau zu verstehen ist und wie wir dahin kommen.
Klimaerwärmung und -ziele sind auch in der Finanzindustrie und insbesondere bei Finanzprodukten stark aufkommende Themen. Dabei ist auch immer wieder von "Netto-null"-Treibhausgas-Emissionen die Rede. Aber was ist unter einem "Netto-null"-Ausstoss an Treibhausgasen überhaupt genau zu verstehen?
"Netto-null bedeutet kurz gesagt Klimaneutralität. Diese ist erreicht, wenn die Menschheit im untersuchten Zeitraum durch technische Massnahmen oder Landnutzungsmassnahmen der Atmosphäre die gleiche Menge an Treibhausgasen (THG) entzieht, wie sie durch ihre sonstigen Aktivitäten in die Atmosphäre emittiert", erklärt Lukas Rühli, Senior Fellow bei Avenir Suisse, in einem Beitrag aus der Avenir-Suisse-Studie "Wirkungsvolle Klimapolitik", die am 20. Mai 2021 publiziert wird.
Die Erde hat einen Kohlenstoffkreislauf. Dieser beschreibt die Umwandlung kohlenstoffhaltiger Verbindungen in den Systemen Lithosphäre (Erdkruste), Hydrosphäre (Ozeane, Seen, Flüsse, Eis), Atmosphäre und Biosphäre (Atmung der Tiere, Photosynthese der Pflanzen, Verwesung). Menschliche Einflussnahme in diesen Kreislauf kann dazu führen, dass sich der Anteil des Kohlenstoffs – als CO2 oder andere THG gebunden – in der Atmosphäre erhöht. Der offensichtlichste Weg zur atmosphärischen CO2-Anreicherung ist, wenn man den Kohlenstoff (C) aus der Erdkruste, wo er seit Jahrmillionen eingelagert war, an die Oberfläche holt und ihn verbrennt (Reaktion mit O2). Genau das ist das Prinzip aller fossilen Brennstoffe.
Rühli führt Beispiele an, die verdeutlichen, was als anthropogener THG-Ausstoss gilt – also was in die Netto-null-Rechnung einfliesst – und was nicht, darunter die Kuh: Würde die Kuh vorwiegend CO2 emittieren, wäre sie Teil des Kohlenstoffkreislaufs. Sie wandelt aber in ihren Mägen Kohlenstoff zu enormen Mengen des deutlich klimareagibleren Methans um und erhöht damit die Treibhauswirksamkeit des Kohlenstoffs beträchtlich. Da nur aufgrund menschlicher Aktivität hunderte Millionen Kühe ein (jeweils meist ziemlich kurzes) Dasein fristen, zählen deren Gase zum anthropogenen THG-Ausstoss.
Um netto-null zu erreichen, müsste der gesamte menschliche THG-Ausstoss durch Gegenmassnahmen kompensiert werden. Die Abbildung zeigt laut Rühli beispielhaft, wie der Weg dorthin aussehen könnte, wie sich also die Netto-THG-Emissionen auf diesem Weg in etwa zusammensetzen müssten. Wie der Experte weiter erklärt, müsste die ganze Elektrizitätsgewinnung (weisse Fläche) innerhalb der nächsten Jahrzehnte rasch CO2-neutral werden.
Der THG-Ausstoss zur Energieerzeugung in den Bereichen Gebäude, Transport und Industrie (türkise Flächen) müsste ebenfalls stark sinken und dürfte in der zweiten Hälfte des Jahrhunderts höchstens noch 20% des heutigen Werts betragen. Einen wesentlichen Anteil zu dieser Reduktion müssten CO2-Abscheidungs-und-Speicherungs-Technologien, auf Englisch "Carbon Capture and Storage, CCS" beitragen. Damit sind direkt an den Kraftwerken stattfindende Verfahren zur technischen Abscheidung von CO2-Emissionen und ihrer dauerhaften Einlagerung in unterirdische "Endlager" gemeint (orange Fläche). Sie verhindern also, das CO2 überhaupt in die Atmosphäre gelangt.
Um netto-null zu erreichen (bzw. um in der zweiten Hälfte dieses Jahrhunderts sogar in den Bereich negativer Nettoemissionen zu kommen), seien aber neben der weitgehenden Vermeidung künftiger THG-Emissionen auch Massnahmen zum Entzug von THG aus der Atmosphäre nötig, so Rühli. Die Low-Tech-Variante dafür ist das Anpflanzen neuer Wälder. Diese lagern im Verlauf ihres Wachstums Kohlenstoff aus der Atmosphäre als Biomasse ein.
Die High-Tech-Variante dafür sind Technologien zur Rückholung von CO2 aus der Atmosphäre (Technological Carbon Dioxide Removal, CDR) mit anschliessend permanenter Einlagerung des Kohlenstoffs in der Erdkruste. Die Forschung dazu sei in vollem Gange, so Rühli. Einige Verfahren existierten sogar schon, seien aber bisher noch zu teuer und zu wenig skalierbar. Mittelfristig könnten sich aber einige Ansätze als erfolgsversprechend erweisen.