23.12.2024, 08:37 Uhr
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Die Spanne zwischen weiter entwickelten Schwellenländern und Frontier Markets nimmt zu. «Anlegern sollte klar sein, dass dies nicht ohne Folgen für die Investments in den Regionen bleibt», sagt Anleihen-Experte Peter Becker von Capital Group.
Die Unruhen der vergangenen Jahre haben dafür gesorgt, dass sich ein zweigeteiltes Emerging Markets (EM)-Universum gebildet hat, welches aus den höher bewerteten Kernländern der EM (Brasilien, Mexiko) und den niedriger bewerteten Frontier-Ländern besteht. «Beide EM-Universen haben sehr unterschiedliche Eigenschaften und werden die kommenden Herausforderungen wahrscheinlich auf sehr unterschiedliche Weise bewältigen», glaubt Becker.
Die Volkswirtschaften mit niedrigerem Rating hatten 2022 im Allgemeinen mit dem Anstieg der US-Zinsen in Verbindung mit einer enormen Verschlechterung der Risikostimmung zu kämpfen, was zu einem starken Anstieg der Finanzierungskosten führte. Eine Reihe dieser Länder, die eher zu den Frontier-Ländern gehören, mussten umfangreiche Währungsanpassungen vornehmen, wodurch einige faktisch von den Primärmärkten ausgeschlossen wurden. Ausserdem erreichte die Umstrukturierung von Staatsschulden – ähnlich wie in den 1990er Jahren – ein Rekordniveau.
Als die Fed die Zinssätze bis 2023 konstant anhob, haben sich die höheren Grenzzinsen laut Becker eher langsam auf die Dynamik der Gesamtverschuldung ausgewirkt. In den Ländern mit hohen Tilgungsraten übten die höheren US-Zinsen in Verbindung mit dem niedrigeren nominalen BIP-Wachstum und dem starken Dollar einen anhaltenden Druck auf die Schuldenstandskennzahlen aus. Gleichzeitig sei es für viele dieser Länder politisch schwierig, die Haushaltsdefizite zu senken, zumal die Zinskosten gestiegen sind.
Ganz anders sieht es laut Capital Group bei einigen der weiter entwickelten Schwellenländer wie Brasilien und Mexiko aus. Diese haben in der Regel ein grosses Polster an inländischen privaten Ersparnissen aufgebaut, das zur Finanzierung der Haushaltsdefizite beigetragen hat, die nun allmählich zurückgehen. Auch die Merkmale der Kreditaufnahme dieser Länder haben sich verändert, sodass sie weniger auf kurzfristige Auslandskredite angewiesen sind als in der Vergangenheit.
Sie haben die Laufzeiten ihrer Anleihen verlängert, während der ausländische Anteil an ihren Anleihen in Landeswährung weitgehend zurückgegangen ist. Viele dieser Länder verfügten über ausreichend starke Aussenbilanzen und Zugang zu Kapital, um jegliche Volatilität aushalten zu können, und haben grosse Puffer an Devisenreserven aufgebaut, so dass sie selbst bei einem Druck auf die Devisenreserven auf einem komfortablen Niveau bleiben.
Während die Emerging Markets traditionell mit der Inflation zu kämpfen haben, haben viele der entwickelteren EMs die Zinssätze früher und aggressiver als die Industrieländer angehoben, um die Inflationserwartungen nicht zu verankern. Infolgedessen dürfte die Inflation in den meisten Schwellenländern bis Ende 2024 in die Komfortzone der Zentralbanken zurückkehren.
Die Widerstandsfähigkeit wurde 2023 jedoch auf eine harte Probe gestellt: Neben dem aggressiven US-Zinserhöhungszyklus hatten die Schwellenländer auch mit zwei Kriegen, dem US-Bankenstress im März und einem starken Ausverkauf von Anleihen zu kämpfen. Die Tatsache, dass die weiter entwickelten EMs diese Volatilität ohne allzu grosse Auswirkungen überstehen konnten, zeigt, wie weit diese fortgeschritten sind.
Die Neuausrichtung der Fed dürfte den externen Finanzierungsdruck auf die Frontier-Volkswirtschaften verringern und die Anleger ermutigen, sich auf der Suche nach Rendite den Volkswirtschaften mit niedrigerem Rating zuzuwenden. Die Frontier-Volkswirtschaften werden jedoch weiterhin mit Gegenwind durch das relativ schwache globale Wachstum, die anhaltende Stärke des Dollars und die höheren US-Zinsen als in der Vergangenheit konfrontiert sein (selbst mit der eher zurückhaltenden Fed). Bei Hartwährungsschulden sind die Spreads immer noch relativ gross, was in vielen Fällen einen erheblichen Bewertungsspielraum bietet.
In der Zwischenzeit waren die jüngsten Umstrukturierungsvorschläge relativ anleihegläubigerfreundlich, und der IWF hat weiterhin Finanzmittel zur Verfügung gestellt, selbst wenn es Bedenken hinsichtlich der Tragfähigkeit gab. Obwohl Emittenten aus den Frontier-Ländern attraktive Renditen bieten können, die oft nicht mit den etablierten EM-Märkten korrelieren, sind sie mit höheren Risiken verbunden. «Daher sehen wir im aktuellen Umfeld nicht viele überzeugende längerfristige Chancen auf den lokalen Frontier-Märkten», folgert Becker.
Wenn die Fed die Zinsen früher und schneller senkt, wie es die Sitzung Mitte Dezember vermuten lässt, dann ist das ein recht konstruktiver Hintergrund für EM-Anleihen im Jahr 2024. «Sie werden aber wahrscheinlich immer noch mit einem ziemlich starken US-Dollar, einem schwachen globalen Wachstum und einem vollen Wahlkalender zu kämpfen haben. Die grössten Chancen bestehen hier in lokalen Kernwährungsanleihen und Frontier-Anleihen in harter Währung», schreibt der Experte.
Derzeit werde eine gewisse lokale Duration bevorzugt. Besonders in Ländern, in denen der Inflationsdruck weiter nachlässt und die Geldpolitik akkommodierender werde. Viele dieser Länder befinden sich in Lateinamerika, darunter Brasilien und Mexiko, aber auch die Duration in Südafrika, wo die realen Zinssätze am oberen Ende der historischen Schwankungsbreite liegen und immer noch ein gewisses Polster gegenüber US-Treasuries haben, sei interessant.
Die Zentralbanken in Asien würden die Zinssätze wahrscheinlich später senken als die übrigen Schwellenländer, und die asiatischen Lokalwährungsanleihen seien tendenziell stärker mit den globalen Märkten korreliert. Dennoch gebe es Durationsmöglichkeiten in China, Indonesien und Südkorea.
In China scheinen die niedrigen Renditen durch die hartnäckig niedrige Inflation und die Wachstumsherausforderungen gerechtfertigt, während die Geldpolitik sowohl in Indonesien als auch in Südkorea restriktiv erscheint, insbesondere nach der überraschenden Zinserhöhung in Indonesien im Oktober. In Mitteleuropa sei weiterhin Vorsicht angesagt: Die Inflation scheine sich überschlagen zu haben und das Wachstum war schleppend. Dennoch spiegelten sich diese Trends in den lokalen Renditen wider, wobei aggressive Lockerungszyklen in den Anleihen eingepreist seien.
Bei den Hartwährungsanleihen sind die Spreads in den Kernländern der Schwellenländer recht eng, aber im Falle einer Rezession in den USA dürfte die Duration des US-Dollars die Auswirkungen der Spread-Ausweitung auf die Rendite ausgleichen. Diese Bestände bieten auch Diversifizierungsvorteile. Beispiele für einige höher bewertete Kredite sind Korea und Mexiko.
Auch einige Dollar-Emittenten könnten interessant sein. Die Fundamentaldaten der Unternehmen in den Schwellenländern scheinen besser zu sein, da die Treasurer der Unternehmen grösstenteils einen vorsichtigeren Ansatz bei der Kreditaufnahme gewählt haben. «Die geografische Verteilung und die Risikostruktur von Unternehmensanleihen unterscheiden sich deutlich von denen der Staatsanleihen und bieten somit ein Element der Diversifizierung. Investment-Grade-Anleihen mit kürzerer Laufzeit innerhalb der Unternehmenswelt haben sich in Zeiten der Volatilität als recht widerstandsfähig erwiesen und können bei der defensiven Positionierung helfen», so das Fazit.