04.12.2024, 10:51 Uhr
«Während die Märkte von einer lockeren Geldpolitik beflügelt werden, drohen politische Umwälzungen in den USA sowie geopolitische Spannungen», schreibt Nicolas Forest, Chief Investment Officer bei Candriam in...
In den USA bahnt sich ein knappes Rennen um die Präsidentschaft an und viele Beobachter meinen, dass die fragile Verfassung der Wirtschaft die Wiederwahlchancen von Präsident Barack Obama verringert. Die Geschichte der letzten hundert Jahre zeigt aber, dass die kurzfristige Entwicklung des Aktienmarkts ein gutes Barometer für den Wahlausgang darstellt, wie Mikio Kumada von LGT Capital Management schreibt.
Die Amerikaner werden am 6. November nicht nur den künftigen «Hausherren» des Weissen Hauses, sondern auch die Machtverhältnisse im Repräsentantenhaus und im Senat bestimmen. Da erstaunt es nicht, dass die US-Notenbank Fed mit ihrer Entscheidung vom 13. September, eine dritte quantitativer Lockerungsrunde (QE3) zu initiieren, prompt vom republikanischen Herausforderer Mitt Romney und anderen Parteivertretern kritisiert wurde. Die Geldpolitik der Notenbanken der letzten Jahre wird natürlich auch ausserhalb des Wahlkampfes umstritten diskutiert, doch die Kritik ist auch aus parteipolitischer Sicht nachvollziehbar. Der Grund dafür liegt weniger im Motiv der Fed, die Konjunktur zu stützen, sondern vielmehr in der möglichen Wirkung von QE3 auf die Aktienmärkte. Die Geschichte zeigt nämlich recht klar: Wenn die positive Börsenstimmung weiter anhält, dann steigen auch die Wiederwahlchancen des Amtsinhabers.
Ein steigender Aktienmarkt unterstützt den Kandidat der amtierenden Partei
In den 27 US-Präsidentschaftswahlen seit 1904 nahm ein steigender Aktienmarkt in sehr hohem Masse einen Sieg des Amtsinhabers (bzw. des Kandidaten der Partei des Amtsinhabers) vorweg. Interessant ist dabei, die kurzfristige Börsenentwicklung vor dem Wahltag sogar aussagekräftiger ist. Wenn der Dow Jones in den drei bis zwölf Monaten vor den Wahlen positiv tendierte, gewann in 70 bis 74 Prozent der Fälle der Amtsinhaber bzw. der Kandidat seiner Partei. Stieg der Dow in den zwei Monaten bis zum Wahlgang (während der «heissen Phase» des Wahlkampfs), galt dies sogar für 81 Prozent der Fälle. Wird die Messperioden um nur zwei bis drei Tage verlängert, steigt der Wert auf 89% Prozent. Sollte der Dow Jones also die im Laufe des vergangenen Monats erzielten Kursgewinne bis zu den Wahlen halten oder sogar ausbauen, dürfte Obama mit hoher Wahrscheinlich auch die nächsten vier Jahre im Weissen Haus bleiben.
Fragile Wirtschaft belastet, solider Aktienmarkt und steigende Häuserpreise stützen
Wären die makroökonomische Datenlage der entscheidende Faktor, stünde es wohl schlecht um Präsident Obama. Die Arbeitsmarktlage hat ist sich seit 2008 kaum richtig verbessert. Im öffentlichen Dienst dominieren auf Staats- und Lokalebene nach wie vor die Sparpolitik und der Stellenabbau, während das Jobwachstum in der Privatwirtschaft verhalten bleibt. Die Gesamtbeschäftigung verharrt daher weiter deutlich unter dem Vorkrisenniveau und das ohnehin schwache Wirtschaftswachstum ist in diesem Jahr grösstenteils wieder verpufft. Betrachten wir aber die steigenden Aktienkurse als Ausdruck eines gewissen Konjunkturoptimismus, dann sieht wieder besser aus für Obama. Auch wenn der Anteil der Aktionäre unter der Wählerschaft in den letzten Jahren abgenommen hat, so profitiert ein grosser Teil der Wählerschaft weiterhin indirekt von den steigenden Kursen. Dazu kommt der Umstand, dass sich seit Anfang Jahr auch die Häuserpreise in vielen Regionen des Landes langsam moderat erholen. In Kombination mit steigenden Immobilienpreisen könnten die höheren Aktienkurse also durchaus genügend Hauseigentümer und damit auch Wähler davon überzeugen, dass es letztendlich doch wieder irgendwie bergauf geht.
Präsident Obama derzeit im Vorteil
Der Dow Jones notiert aktuell jedenfalls rund 3.3% über dem Niveau am Vorabend des 6. September, was aufgrund des beschriebenen historischen Musters den Demokraten einen Vorteil verschaffen müsste. Da diese Kursgewinne aber recht rasch wieder verpuffen können, scheint der Markt gleichzeitig das zu bestätigen, was auch die meisten aktuellen Umfragewerte attestieren: Der Präsident Obama scheint in der Wählergunst zwar derzeit relativ klar vor Romney zu liegen, doch bis zum Wahltag kann sich die Situation trotzdem noch ändern. Das Rennen um das höchste Amt der Vereinigten Staaten von Amerika dürfte daher bis zuletzt spannend bleiben.