20.12.2024, 14:24 Uhr
Das neue Diätmittel CagriSema von Novo Nordisk ist zwar besser als das alte Mittel, aber nicht besser als die Konkurrenz. Das führt zu einem Kurssturz weil mehr erwartet worden war.
Die Zentralbanken sehen sich einer starken und anhaltenden Inflation gegenüber. Darum erhöhen sie die Zinsen – und das wirkt sich auf die Konjunkturaussichten aus. Kann die Inflation wieder aufs Vorkrisenniveau sinken? Was würde dies für die Märkte und die Anlageklassen bedeuten? Die Antwort liefert die britische Fondsgesellschaft M&G Investment.
"Aufgrund der Globalisierung und des technologischen Fortschritts haben die meisten von uns die Inflation über viele Jahre hinweg schwinden sehen", sagt Jim Leaviss, Chief Investment Officer Public Fixed Income von M&G. Aber die Globalisierung steht von verschiedenen Seiten unter Druck. Das gilt besonders, seit pandemiebedingte Engpässe die globalen Produktionsabläufe gestört haben. Kommen angespannte Arbeitsmärkte und steigende Energiepreise hinzu, ergibt das ein kräftiger Inflationstreiber.
Um diesem Inflationstrend entgegenzuwirken, haben die Zentralbanken zu einem drastischen Schritt gegriffen und ihre Leitzinsen rasch erhöht. Die Expertinnen und Experten von M&G halten den tatsächlichen Einfluss der Zentralbanken jedoch für begrenzt.
"Die Zentralbanken haben den Rückgang der Inflation in den letzten dreissig Jahren als ihren Erfolg verbucht. Doch die Inflation wäre wahrscheinlich ohnehin gesunken. Die Notenbanken werden die Inflation also wahrscheinlich weniger beeinflussen können, als sie es glauben", erläutert Jim Leaviss. So haben die Zinserhöhungen der Europäischen Zentralbank beispielsweise kaum Auswirkungen auf die Preise für russisches Erdgas.
Die Zentralbanker wissen um ihre begrenzte Macht, bemerkt Steven Andrew, Sustainable and Income Multi-Asset Fund Manager. Sie nutzen jedoch eine günstige Gelegenheit, um aus der Sackgasse ihrer ultralockeren Geldpolitik herauszukommen.
Genauso sieht das Fabiana Fedeli, Chief Investment Officer Equities and Multi-Asset. Sie stimmt zu, dass die Zentralbanken nur "stumpfe Werkzeuge" zur Inflationsbekämpfung haben – und weist darauf hin, dass keine anderen Möglichkeiten zur Verfügung stehen. Fedeli meint, dass die Zinserhöhungen in den USA wirksamer sind als in Europa. Denn in den USA wird die Inflation stärker durch innere Ursachen getrieben als in Europa.
Die drei Manager sind sich einig, dass die Inflation in absehbarer Zeit nicht wieder auf das Vorkrisenniveau zurückkehren wird. Fedeli erwartet, dass der Preisauftrieb in den nächsten sechs Monaten allmählich zurückgehen dürfte, sagt aber für längere Zeit ein erhöhtes Inflationsniveau voraus.
Energie wird höchstwahrscheinlich der wichtigste Faktor für die weitere Inflationsentwicklung der Inflation sein. Fedeli zufolge ist der Aufwärtsdruck auf die Erdgaspreise in Europa bereits ein klares inflationäres Problem. Die Sorge um die Energiesicherheit erfordert demnach eine "Hinwendung zu sauberer Energie".
Umfangreiche öffentliche Investitionen in erneuerbare Energien auf beiden Seiten des Atlantiks könnten die Inflation kurzfristig weiter anheizen. Langfristig jedoch dürften ein breiteres Angebot und eine ausgebaute Infrastruktur bei den erneuerbaren Energien preisdämpfend wirken, die Energiesicherheit stärken und dem heutigen Inflationsdruck entgegenwirken, betont das Expertenteam von M&G.
Kurzfristig wird die straffere Geldpolitik die Wirtschaft allerdings bremsen. Steven Andrew sagt: "Die Märkte sind anfällig, da allgemein eine 'sanfte Landung‘ erwartet wird. Dies scheint jedoch das Best-Case-Szenario auch für die Gewinnprognosen zu sein, die den Unternehmensbewertungen zugrunde liegen. Eine 'harte Landung' brächte diese Annahmen ins Wanken."
Wie es scheint, haben die Märkte haben das Risiko also noch nicht vollständig eingepreist. Für Fabiana Fedeli kommt es nicht zuletzt darauf an, wie man eine 'harte Landung' definiert: "Es gibt viele Ereignisse mit externen Auslösern, nicht zuletzt die Energiekrise in Europa und eine mögliche Kreditkrise."
Letztere ist allerdings kein Basisszenario. Die Banken seien heue viel besser kapitalisiert als in der Finanzkrise 2008, hält Fedeli fest. Eine Kreditkrise hält sie daher für weniger wahrscheinlich. Sie geht davon aus, "dass wir möglicherweise nur eine stärkere Abschwächung der Nachfrage erleben werden."
Die Finanzmärkte haben das Worst-Case-Szenario nicht einkalkuliert, doch sie sind seit Jahresbeginn bereits stark gefallen. "Alles ist billiger geworden!", sagt Steven Andrew. Ein solches Umfeld bietet Chancen. Anlegerinnen und Anleger sollten jedoch – wie immer – Vorsicht walten lassen. "Die in einer Reihe von Märkten erzielbaren Renditen sind im Verhältnis zum Risiko angemessen. Wir haben zum Beispiel japanische Aktien und bestimmte Segmente der europäischen und US-Märkte übergewichtet, besonders US-Banken." Diese seien gut positioniert, um von den steigenden Zinsen zu profitieren.
Leaviss ist der Meinung, dass "die Anleihemärkte zum ersten Mal seit langem wieder einen Wert bieten. Vor Corona hat sich das Kreditrisiko nicht gelohnt. Doch jetzt liefert es beträchtliche Renditen." Auf dem US-Markt für hochverzinsliche Anleihen etwa sind die Renditeaufschläge wieder auf fünfhundert Basispunkte geklettert. Auch die Renditen von Staatsanleihen sind gestiegen.
Die Renditeaufschläge könnten weiter nach oben gehen. Dennoch hält Leaviss in diesem Segment eine dreijährige ‚Buy-and-hold‘-Strategie für sinnvoll: "Die aktuellen Niveaus preisen eine 'harte Landung' ein, doch wir halten ein solches Szenario für alles andere als sicher. Zudem scheinen die Renditen in bestimmten Schwellenländern sehr hoch zu sein – trotz der begrenzten Ausfallrisiken."
An den Verbraucherpreisindex gekoppelte US-Anleihen könnten ebenfalls zu den Bereichen gehören, die Schutz gegen bestimmte Risiken bieten. TIPS (Treasury Inflation-Protected Securities) bieten aktuell positive Realzinsen: mit Renditen, die bei zehn oder dreissig Jahren Laufzeit um einen oder sogar um 1,5 Prozentpunkte über der Inflationsrate liegen.
Und die Aktienmärkte? "Wir sehen keine Marktlage für grosse Sektor- oder Stil-Entscheidungen", antwortet Fedeli. In der jüngsten Berichtssaison haben selbst Unternehmen aus dem gleichen Sektor sehr unterschiedlich abgeschnitten. Dies führt die Expertin auf Faktoren wie die unterschiedliche Präsenz in bestimmten Endmärkten, Verschuldungsgrade oder Managementstrategien zurück. Fedeli hält Aktien für wichtig, die "eine Volatilität überstehen können, wie wir sie in den nächsten sechs Monaten wahrscheinlich erleben werden."
Die US-Aktienmärkte sieht Fedeli insgesamt nicht als besonders attraktiv an. Sie meint jedoch: "Wir finden interessante Möglichkeiten bei Technologietiteln, die nicht unter der schwächeren Nachfrage von Endverbrauchern leiden, sondern in Wachstumsbereichen aktiv sind – etwa bei Unternehmenslösungen, Cloud- und Datendiensten."
Steven Andrew ergänzt, dass US-Banken ein begünstigter Sektor sein könnten. Sie profitieren in der Regel direkt von einem Umfeld mit höheren Zinsen.
Auch der britische und japanische Markt bieten nach Einschätzung von Fedeli attraktive, marktspezifische Chancen. Sie warnt jedoch: "Selektivität ist der Schlüssel.» Sie bevorzugt zudem langfristige Themen, die unabhängig vom vorherrschenden Marktumfeld sind und von weiteren Investitionen profitieren.
Zwei Bereiche hebt sie besonders hervor: erneuerbare Energien; dazu gehören neben Versorgern auch Titel von Firmen, die ihre Energieeffizienz durch den Einsatz CO2-armer Technologien verbessern. Dann Infrastruktur: Viele dieser Unternehmen erzielen inflationsgebundene Erträge und bezahlen höhere und wachsende Dividenden.
Für die Expertinnen und Experten von M&G bleiben alles in allem Selektivität und Diversifizierung entscheidend, um der gegenwärtigen wirtschaftlichen Unsicherheit zu begegnen.