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Totgesagte leben länger

Dr. Harald Preissler, Chefökonom und Leiter Anlagemanagement des Anleihemanagers Bantleon
Dr. Harald Preissler, Chefökonom und Leiter Anlagemanagement des Anleihemanagers Bantleon

Die Eurozone befindet sich immer noch in rauem gesamtwirtschaftlichem Fahrwasser, hat aber das Ende der Rezession vor Augen. Die hohe Überschussliquidität und die tiefen Zinsen der sicheren Häfen dürften die Investoren in risikobehaftete Assets treiben, sagt Dr. Harald Preissler, Chefökonom und Leiter Anlagemanagement des Anleihemanagers Bantleon.

30.03.2012, 10:30 Uhr

Redaktion: anw

Totgesagte leben länger! Diese Binsenweisheit beschreibt in idealtypischer Manier das Handelsgeschehen der vergangenen Woche. Kaum schienen sich die Investoren endgültig von den sicheren Häfen abgewendet zu haben – was dort in der Vorwoche einen enormen Renditeanstieg verursacht hatte – verliess sie schon wieder der Mut und sie kehrten reumütig zurück. Deutschen Bundesanleihen bescherte dies ein wahres Kursfeuerwerk, der Ausbruch aus der seit Herbst 2011 bestehenden Seitwärtsrange ist damit hinfällig. Der plötzliche Sinneswandel war auf zwei eng miteinander verknüpfte Faktoren zurückzuführen. Zum einen hat die mittlerweile drei Monate dauernde Rallye der Aktienmärkte die meisten Indizes in extrem überkauftes Terrain befördert. So notierte der Eurostoxx50 zeitweise 36 % über seinem zyklischen Tiefststand vom Herbst 2011, beim DAX waren es sogar 45 %! Bei diesem Tempo nützt irgendwann auch das beste Liquiditätsdoping der Notenbanken nichts mehr. Die Kräfte schwinden, schmerzhafte Rückschläge sind die logische Folge.

Traurige Bilanz für den Monat März
Zum anderen spielte aber auch die überzogene Erwartungshaltung im Hinblick auf die konjunkturellen Auftriebskräfte eine wichtige Rolle. Seit Anfang 2012 wurden die Investoren immer wieder aufs Neue mit positiven Nachrichten verwöhnt: Die Stimmungsindikatoren schnellten teilweise in Rekordtempo in die Höhe – und das trotz deutlich steigender Steuer- und Abgabenlasten sowie einer schwächeren Nachfrage der öffentlichen Hand. Von Krisenstimmung war nach den grossvolumigen Drei-Jahres-Tendern der EZB nichts mehr zu spüren. Umso grösser war das Entsetzen, als die Serie immer besserer Daten abriss. Den Anfang machte der chinesische Einkaufsmanagerindex, der den erhofften Sprung über die 50-Punkte-Marke nicht schaffte und stattdessen von 49,6 auf 48,1 abrutschte. Ähnlich erging es den europäischen Pendants, auch dort wurden die jüngsten Umfragen von Enttäuschungen dominiert. Die Auftragslage verschlechtert sich, die Produktionspläne wurden erneut gestutzt und die Beschäftigung zurückgefahren – eine traurige Bilanz für den Monat März. Besonders schlecht fielen die Ergebnisse der Hoffnungsträger Deutschland und Frankreich aus.

Positive Konjunkturüberraschungen im 2. Quartal

In der Tat erinnern diese Nackenschläge daran, dass wir uns in einem sehr anfälligen wirtschaftlichen Umfeld befinden. Deswegen sollte man aber nicht gleich alles in Frage stellen – meines Erachtens gibt es am übergeordneten konjunkturellen Trend keine Zweifel. Die Perspektiven dürften sich unseren weit vorausblickenden Frühindikatoren zufolge bis Ende 2012 schrittweise verbessern. Das gilt für die Weltwirtschaft insgesamt, mit den USA und China an der Spitze, genauso wie für das internationale Wachstumsschlusslicht Eurozone. Die Kraft für diesen Aufschwung spendet die Geldpolitik, die nahezu überall auf einen expansiven Kurs eingeschwenkt ist. Die Nachrichtenlage sollte ab dem 2. Quartal wieder von positiven Konjunkturüberraschungen geprägt sein. Einzig die Hoffnung auf einen dynamischen Aufschwung darf getrost über Bord geworfen werden.

Risikobehaftete Assets dürften sich besser entwickeln
Fazit: Die Eurozone befindet sich immer noch in rauem gesamtwirtschaftlichem Fahrwasser, hat aber das Ende der Rezession vor Augen. Gleichwohl dürfte der folgende Aufstieg holprig verlaufen und öfter von Rückschlägen unterbrochen werden. Dessen ungeachtet treiben die hohe Überschussliquidität und die tiefen Zinsen der sicheren Häfen die Investoren in risikobehaftete Assets, die sich im weiteren Jahresverlauf deutlich besser entwickeln dürften als das realwirtschaftliche Umfeld.

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