23.12.2024, 08:37 Uhr
Der Spezialkunststoff-Hersteller Gurit will sich künftig ganz auf profitablere Regionen und Geschäftsbereiche konzentrieren. Im Zuge der angekündigten Restrukturierung sollen Werke in Dänemark, Indien und der...
Im Zuge der Corona-Pandemie und des russischen Angriffs auf die Ukraine wird deutlich, wie anfällig internationale Lieferketten für Störungen sind. Daher wollen die Regierungen vielerorts die Herstellung von wichtigen Gütern im eigenen Land fördern. Wie Beat Pfiffner von der Schwyzer Kantonalbank kommentiert, sind die Tendenzen zu einer De-Globalisierung für die Finanzmärkte mittelfristig eine gewisse Belastung.
"Die internationale Arbeitsteilung hat in den vergangenen Jahren gleich mehrere Rückschläge einstecken müssen", konstatiert Beat Pfiffner, stellvertretender Leiter Research bei der Schwyzer Kantonalbank. So führten im Zuge der Finanzkrise viele Staaten protektionistische Massnahmen ein, um die eigene Wirtschaft zu stützen. 2016 stimmte eine Mehrheit der Briten für den Brexit, und der Freihandelskritiker Donald Trump schaffte den Sprung ins Weisse Haus.
Weiter mache seit 2020 die Corona-Pandemie immer wieder deutlich, dass die weitverzweigten internationalen Lieferketten anfällig für Störungen sind – aktuell wegen der anhaltenden Lockdowns in Teilen Chinas. Der russische Angriff auf die Ukraine schliesslich habe daran erinnert, wie verletzlich und erpressbar die Abhängigkeit von einem grossen Lieferanten machen kann. "Für viele westliche Staaten stellt sich noch stärker als bisher die Frage, inwieweit man mit einem strategischen Gegenspieler wirtschaftlich zusammenarbeiten und zu dessen Stärke beitragen soll – nicht nur bezüglich Russland, sondern auch im Hinblick auf den aufstrebenden Giganten China", gibt Pfiffner zu bedenken.
Wie er weiter ausführt, haben als Reaktion auf die anfälligen Lieferketten viele Unternehmen die Lagerbestände erhöht und suchen zusätzliche, näher gelegene Lieferanten. Die Regierungen wollen vielerorts die Herstellung von wichtigen Gütern im eigenen Land fördern. Als Beispiel nennt Pfiffner die Pläne der EU-Staaten und der USA zur Stärkung der heimischen Chip-Industrie, um weniger abhängig von Taiwan zu werden. Ähnliche Bestrebungen gebe es auch im Energiebereich und bei Medikamenten.
Solche staatlichen Förderprogramme und Eingriffe könnten zwar die Wirtschaft durchaus robuster gegenüber Störungen der Lieferketten machen. Mit der Abschottung einher gehe aber meist ein Verlust an Effizienz: Wenn nicht mehr beim global konkurrenzfähigsten Anbieter bestellt wird, steigen die Kosten. Beispielsweise sei russisches Gas aus Pipelines für Europa deutlich billiger als Erdgas aus den USA, welches erst verflüssigt, dann per Schiff über den Atlantik gebracht und schliesslich wieder "rückvergast" werden müsse.
Die teureren Produkte mindern die Kaufkraft, was die Nachfrage bremst. Zusammen mit höheren Inputkosten und grösseren Lagern belastet das die Gewinne vieler Unternehmen. "Deshalb sind die Tendenzen zu einer De-Globalisierung für die Finanzmärkte mittelfristig eine gewisse Belastung. Zwar resultieren aus den beschriebenen Entwicklungen durchaus auch Chancen: Wegen der Abkehr von russischem Gas werden beispielsweise Anlagen für Flüssigerdgas und erneuerbare Energien verstärkt gefragt sein. Für die breiten Märkte ist das Umfeld aber anspruchsvoller geworden, denn in das Getriebe der globalisierten Weltwirtschaft ist Sand geraten", kommentiert Beat Pfiffner.