Tapering und der Handelsstreit – ein Paradigmenwechsel?

Bild: Pixabay
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Die US-Wirtschaft präsentiert sich derzeit in recht guter Verfassung. Aber das Ende der quantitativen Lockerung, kombiniert mit Zinserhöhungen, wird wahrscheinlich irgendwann zu einer Verlangsamung oder möglicherweise sogar zu einer Rezession führen, meint Quentin Fitzsimmons von T. Rowe Price.

04.12.2018, 11:24 Uhr

Redaktion: rem

"Es ist schwer vorherzusehen, wann die US-Konjunktur schwächer wird. In Europa hingegen ist das Wachstum stabil, und die Europäische Zentralbank steht erst kurz vor einer Straffung, so dass die europäische Wirtschaft vorerst gesund bleiben sollte", sagt Quentin Fitzsimmons, Senior Portfoliomanager im Anleihenbereich von T. Rowe Price und Mitglied des Teams für globale Anleihen. Gleichzeitig weist er auf eine der Nebenwirkungen des Quantitative Easing hin, nämlich die Zunahme der Kluft zwischen Arm und Reich, was wiederum kurzfristig zu erhöhten politischen Aktivitäten und Populismus geführt habe.

Der Handel als Nullsummenspiel
Fitzsimmons, der auch als Co-Portfoliomanager für die Global Aggregate Bond Strategie verantwortlich ist, stellt weiter fest, dass US-Präsident Donald Trump und die Führer einiger anderer Länder den Handel als ein Nullsummenspiel betrachten, bei dem es sowohl Gewinner als auch Verlierer geben muss. Aus seiner Sicht ist diese populistische Ansicht falsch und kann zu wirtschaftlichen Ineffizienzen führen. Er geht zudem davon aus, dass 99 Prozent der Ökonomen nicht Trumps Meinung teilen. "Der springende Punkt beim Wachstum ist, dass es eine bessere Verteilung der Ressourcen weltweit ermöglicht. Doch die Zölle verhindern, dass dies geschieht", sagt Fitzsimmons.

Dabei dürfe man aber nicht vergessen, dass die Globalisierung in der letzten Generation zu neuen Unternehmen geführt habe, die traditionelle Hersteller aus ihren Märkten verdrängt hätten. Dies habe zu grosser Besorgnis über Einwanderung und Handel geführt und dazu, dass Politiker in demokratischen Ländern einfach zu erreichende Ziele wählten, um Stimmen zu gewinnen. Quentin Fitzsimmons hält das nicht für effizient, befürchtet aber, dass die Situation vorerst so bleibt. Die Frage sei vielmehr, in welchen Ländern man mit dieser neuen Realität gut zurechtkomme und in welchen nicht. Im Gegensatz dazu sei China kein demokratisches Land und könne daher eine langfristige Wirtschaftsstrategie planen, ohne sich um die Meinung der Bevölkerung zu sorgen.

Wann kommt die Rezession in den USA?
Der Anleihen-Experte sieht die Konjuktur eindeutig in der reifen Phase des Zyklus. "Es ist dennoch äusserst schwierig, genau vorherzusagen, wann der Zyklus enden wird, da die US-Wirtschaft immer noch von den Konjunkturprogrammen profitiert und sich in einem sehr gesunden Zustand befindet", stellt Fitzsimmons fest und fügt an: "Wenn der aktuelle Optimismus zu höheren Investitionen führt und die Unternehmen diese effektiv ausgeben, könnte er sich noch eine Weile fortsetzen." Auffällig sei, dass die Rentenmärkte das Ende des Zyklus befürchten, aber die Aktienmärkte offensichtlich glaubten, dass er andauere.

Sorge um die Abflachung der US-Zinskurve
Eine wichtige Frage für Fitzsimmons ist, ob wir uns zu Recht Sorgen um die Abflachung der Zinskurve machen. "In der Vergangenheit war das ein guter Indikator für Rezessionen", so der Anleihenexperte, "aber es gibt Hinweise darauf, dass sich die Welt verändert hat - dass die von der Langlebigkeit geprägte Nachfrage der Pensionsfonds das lange Ende der Kurve nach unten gezogen und die quantitative Lockerung (QE) die Laufzeitprämien unter Druck gebracht hat." Wenn dies der Fall sei, dürfte uns die Abflachung der Zinskurve keine allzu grossen Sorgen bereiten. "Sollte sich die Kurve nicht so stark abflachen, wie manche Leute befürchten und die quantitative Straffung letztlich wirklich einsetzen, ist dies vielmehr ein optimistisches Signal."

Auswirkungen des Brexit auf die Weltwirtschaft
Das Vereinigte Königreich macht nur vier bis fünf Prozent des globalen BIP aus. Die ausgesprochen offene Wirtschaft spielt laut Fitzsimmons eine wichtige Rolle in einer Reihe von Lieferketten, insbesondere in Europa. Ein deutscher Automobilhersteller werde befürchten müssen, dass er den Zugang zu seinem zweit- oder drittgrössten Markt verliere, während andere Gegenwinde in Bezug auf Emissionen und Elektrifizierung usw. hätten.

Der Fixed-Income Experte führt auch das Beispiel Irland an, wo rund 40 Prozent der Wirtschaft auf einen offenen Freihandel mit dem Vereinigten Königreich angewiesen sei. "Deshalb hoffen alle, dass ein vernünftiges Handelsabkommen zustande kommt, denn wenn nicht, könnte die europäische Wirtschaft im nächsten Jahr eine sehr holprige Situation erleben", gibt Fitzsimmons zu bedenken. Und da der Rest Europas nicht für den Brexit gestimmt habe, könne dies zu grosser Frustration führen.

Zentralbanken brauchen genügend Mittel zur Krisenbewältigung
"Die Fed ist von allen Zentralbanken am besten positioniert, weil sie bereits mit der Straffung begonnen hat. Sie ist in dieser Hinsicht dem Spiel weit voraus", stellt Quentin Fitzsimmons fest, die anderen sind in einer viel schwierigeren Position, weil sie zumeist auf riesigen Bilanzen sitzen." Quantitative Easing funktioniere am besten, wenn es von einer sehr niedrigen Basis komme. Die meisten Banken müssten ihre Häuser erst einmal in Ordnung bringen, wobei die Zeit hier gegen sie spiele. Für den Experten stellt sich die Frage, ob Banken wie die EZB, die Bank of England und die Bank of Japan in Panik geraten werden.

Defensiv, aber aktiv agieren
Quentin Fitzsimmons Leitstern ist der US-Treasurymarkt. "Wenn die Fed in den kommenden zwölf Monaten vierteljährlich weiter strafft, werden die Renditen der Dreimonats-Treasury-Bills über die Marke von drei Prozent ansteigen. Da Treasuries der globale risikofreie Benchmark sind, muss ich jede Anlageentscheidung danach beurteilen." Das bedeutet, dass der Fixed-Income Experte mit Blick auf die Duration defensiv vorgeht und auch bei der Kreditvergabe Vorsicht walten lässt. Ende August ergaben sich seiner Ansicht nach einige fantastische Chancen, als die Schwellenländer in Schwierigkeiten waren. Doch habe es eine sehr schnelle Erholung in diesen Märkten gegeben, so dass man flexibel sein musste, um diese Chancen zu nutzen. Quentin Fitzsimmons geht davon aus, dass dies auch weiterhin der Fall sein wird.

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