02.12.2024, 10:49 Uhr
«Europa steht wirtschaftlich unter Druck und muss seine Wettbewerbsfähigkeit gegenüber anderen globalen Wirtschaftsmächten – insbesondere den USA – verbessern», heisst es im neuesten Marktausblick des...
Europas grösster Softwarehersteller SAP weitet sein Stellenabbauprogramm wegen der hohen Nachfrage bei den Beschäftigten aus. Das kostet zwar erst einmal etwas mehr Geld, wird aber auch zu mehr Einsparungen führen als bisher geplant.
Weil der Stellenabbau schneller vorankommt als gedacht und viele Neueinstellungen erst in der zweiten Jahreshälfte anstehen, lief es zudem beim operativen Ergebnis in den Monaten April bis Juni unerwartet gut. Der Aktienkurs schnellte auf Rekordkurs nach oben.Die SAP-Anteilsscheine legten kurz nach dem Handelsstart um gut sechs Prozent auf 194,84 Euro zu.
Wie andere Techwerte profitieren die Aktien schon länger auch vom Megatrend Künstliche Intelligenz. Allein 2024 ging es bislang um rund 40 Prozent nach oben, was einen der vorderen Plätze im deutschen Leitindex Dax bedeutet. In Sachen Börsenwert ist SAP derweil schon länger unangefochtene Nummer eins im Dax. Mit fast 240 Milliarden Euro Marktkapitalisierung liegt der Konzern mit grossem Abstand vor der Nummer zwei Siemens, die etwa 140 Milliarden Euro auf die Börsenwaage bringt.
Statt 8 000 Stellen sollen nun 9 000 bis 10 000 Jobs gestrichen werden, wie die Walldorfer nach US-Börsenschluss mitteilten. Im zweiten Quartal erfasste der Dax -Konzern auch daher zusätzliche Restrukturierungsaufwendungen von 0,6 Milliarden Euro. Ab 2025 rechnet SAP dann mit rund 0,2 Milliarden Euro weniger Kosten als bisher geplant.
SAP will beim um Sondereffekte bereinigten Ergebnis vor Zinsen und Steuern (Ebit) im kommenden Jahr dann operativ rund 10,2 Milliarden Euro verdienen statt rund 10 Milliarden. Bisher hatte der Konzern den Kosteneffekt des Stellenabbaus auf rund 500 Millionen Euro im Jahr beziffert. Die Prognosen für das laufende Jahr bestätigte das Management, die Umsatzaussichten für 2025 bleiben ebenfalls unverändert.
Das operative Ergebnis wuchs im zweiten Quartal im Jahresvergleich um ein Drittel auf 1,94 Milliarden Euro. Analysten hatten mit einem Plus von 24 Prozent gerechnet. Der Umsatz kletterte um 10 Prozent auf 8,29 Milliarden Euro. Vor allem das Cloudgeschäft mit einem Wachstum von 25 Prozent blieb der Taktgeber. Jefferies-Analyst Charles Brennan sprach in einer ersten Reaktion von einem «blitzsauberen Quartal». Die Walldorfer hätten «mehr als bloss die Hürde genommen».
Auch die für die kommenden zwölf Monate aufgelaufenen Buchungen für die Abo-Software in der Cloud zur Nutzung über das Netz konnten die Nordbadener deutlich steigern. Das Management hatte schon angedeutet, dass es trotz der vielfach widrigen wirtschaftlichen Bedingungen keine wesentlichen Bremsspuren im Geschäft sieht. Einige Wettbewerber hatten mit ihren Zahlen in den vergangenen Monaten enttäuscht und von einem zögerlichen Verhalten bei den Kunden berichtet.
Die Äusserungen des Managements in der Telefonkonferenz zu den Resultaten seien auch in Bezug auf den Auftragsbestand solide gewesen, erklärte Analyst Toby Ogg von der Bank JPMorgan. Es sei angedeutet worden, dass der Juli einen «guten Start» gehabt habe und dass SAP bisher keine konjunkturellen Belastungen spüre.
Der Nettogewinn sank im zweiten Quartal deutlich um 69 Prozent auf 918 Millionen Euro. Das lag insbesondere am milliardenschweren Sonderertrag aus dem Verkauf der ehemaligen US-Tochter Qualtrics ein Jahr zuvor, aber auch an den zusätzlichen Rückstellungen für den aufgestockten Stellenabbau.
SAP hatte die Jobstreichungen im Januar angekündigt und den Umbau vor allem mit der Notwendigkeit neuer Jobs im Unternehmen begründet, die sich insbesondere mit Künstlicher Intelligenz beschäftigen sollen. Der überwiegende Teil der betroffenen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sollte das Unternehmen auch verlassen, der Rest kann sich laut dem Konzern weiterbilden oder auf andere Funktionen bewerben.
SAP investiere nach wie vor in das Ziel, der führende Anbieter von Unternehmens-KI zu werden, sagte Konzernchef Christian Klein. «Aufgrund unserer Fortschritte und starken Auftragspipeline sind wir zuversichtlich, bis 2027 ein beschleunigtes Umsatzwachstum zu erreichen.»
Es hatte sich bereits angedeutet, dass die Programme für Abfindungen und Frühverrentung gut bei den Beschäftigten ankommen. Üblicherweise kommen dafür ältere Beschäftigte infrage, die tendenziell höhere Gehälter bekommen. Jüngere Beschäftigte sorgen im Schnitt für geringere Gehaltskosten.
Der Konzern rechnet denn auch zum Ende dieses Jahres mit einer ähnlich hohen Mitarbeiterzahl wie zu Beginn mit 107 602 Vollzeitstellen, weil der Softwareriese auch weiter neue Leute einstellen will. Zur Mitte des Jahres waren es 105 315 Vollzeitstellen und damit spürbar weniger als sechs Monate zuvor. Finanzchef Dominik Asam sprach in einer Telefonkonferenz davon, dass im zweiten Halbjahr vermehrt eingestellt werden dürfte.