04.12.2024, 10:51 Uhr
«Während die Märkte von einer lockeren Geldpolitik beflügelt werden, drohen politische Umwälzungen in den USA sowie geopolitische Spannungen», schreibt Nicolas Forest, Chief Investment Officer bei Candriam in...
Die jüngsten Turbulenzen setzten ausgerechnet kurz vor der Berichtssaison ein und waren die heftigsten seit 2011. So weisen nun viele Börsenindizes seit Jahresbeginn Verluste aus. Die Unternehmensgewinne wachsen indessen unter dem Strich wieder deutlich schneller als erwartet. Die Anleger könnten daher den aktuellsten Panikanfall schon bald überwinden und Aktien wieder als die attraktivste Ertragsquelle betrachten, erklärt Mikio Kumada, Global Strategist bei LGT Capital Partners, im aktuellen Marktkommentar.
Finanzmärkte können sich bekanntlich manchmal grundlos in etwas "hineintheatern". Paul Samuelson merkte einmal etwas höhnisch an, die Börse habe neun der letzten fünf Rezessionen vorausgesehen. Während der Marktturbulenzen im Laufe des letzten Monats konnten wir jedenfalls noch einmal hören, wie schwach die Weltkonjunktur im Grunde geblieben ist und bleiben dürfte. Seien es die hohen Staatsschulden der Industrieländer, die steigende Unternehmensverschuldung in China, oder die Probleme vieler Schwellenländer im Schlepptau sinkender Rohstoffpreise - an Wachstumshemmnissen mangelt es mit Sicherheit nicht.
Angst vor Rezession wirkt übertrieben
An harten Fakten, die auf einen globalen Konjunktureinbruch hinweisen, mangelt es hingegen schon. Gewiss, es gab einige enttäuschende Wirtschaftsdaten, insbesondere aus Europa. So fiel beispielsweise der Einkaufsmanagerindex (PMI) für die Industrie in Deutschland zuletzt knapp unter den Schwellenwert von 50 Punkten, der vor einem Abschwung warnt. Doch für Japan, China und USA - den drei nächstgrössten Volkswirtschaften - signalisierten ebendiese Umfragen erneut eine Aufhellung in den kommenden Monaten. Auch die meisten anderen grösseren Ökonomien sind auf dem Wachstumspfad geblieben.
Gewinnwachstum der Unternehmen von ausschlaggebender Bedeutung
Ausserdem sollten wir die Tatsache nicht aus den Augen verlieren, dass die Partizipation der Anleger am allgemeinen Konjunkturverlauf nicht direkt, sondern über den Umweg der Unternehmensprofitabilität und des Zinsniveaus erfolgt. Und in diesem Sinn haben die Kurs- und Zinseinbrüche der letzten Wochen das Gleichgewicht der Präferenzen nur einmal mehr zugunsten von Aktien verschoben. Erinnern wir uns zunächst an das grosse Gesamtbild: Während das allgemeine Wirtschaftswachstum nach der Finanzkrise von 2008 sicherlich im historischen Vergleich international schwach ausgefallen ist, haben sich die Unternehmensgewinne in den meisten Märkten unter dem Strich überaus deutlich erholt.
Ertragswachstum nach der Krise sehr deutlich erholt
So hat sich der Gewinn je Aktie (EPS) in den USA seit dem Tiefpunkt im Geschäftszyklus nach der letzten Baisse im Oktober 2009 um 18% pro Jahr erholt, im Vergleich zu knapp 15% p.a. in der Hausse von 2002 bis 2007 und 16.2% von 1992 bis 2000. In Japan fand ein Turnaround statt, der auf EPS-Ebene prozentuell nicht dargestellt werden kann, weil die Topix-Firmen im Jahrzehnt bis September 2009 drei Mal im Aggregat Verluste ausgewiesen hatten. Seitdem hat sich ihre operative Situation jedoch stetig aufgehellt. Die Betriebsgewinne (EBIT) sind seit Herbst 2009 um 40% pro Jahr gestiegen, gegenüber 24% im letzten Aufschwung. Vom Niveau her notieren die EPS nur noch knapp unter ihren historischen Höchstständen, während die Aktienindizes natürlich immer noch sehr weit unter ihren Hochs der späten 1980er notieren. Im Euroraum sieht es aufgrund der sogenannten "Eurokrise" zugegebenerweise anders aus - das operative Gewinnwachstum (EBIT) in der aktuellen Hausse beträgt knapp 6% pro Jahr, im Vergleich zu 12% im vorangegangenen Boom. Der Abstand zum Vorkrisenhoch ist allerdings sehr gross was längerfristig ein dementsprechendes Aufholpotential impliziert.
Robuste Profitabilität untermauert Aktienhausse
Solange die Unternehmensgewinne wachsen und die Erwartungen übertreffen können, besteht aus fundamentaler Sicht kein Grund, sich von gelegentlichen Marktturbulenzen verunsichern zu lassen. Einerseits hat der jüngste Volatilitätsschub das "technische Bild" an den Finanzmärkten sicherlich eintrübt, was wir angesichts des respektablen Alters der Hausse auch im Auge behalten sollten. Andererseits wäre es allerdings auch nicht das erste Mal, dass ein solcher Rückschlag schon nach wenigen Monaten wieder komplett in Vergessenheit gerät - bis zur nächsten mehr oder weniger grundlosen Panikattacke.
Erste Indizien aus der Berichtssaison für das dritte Quartal
In den Tabellen auf Seite 2 des PDFs zeigen wir einen Überblick der bisher verfügbaren Ergebnisse der globalen Berichtssaison der Unternehmen für das Q3/2014. Auf Ebene des MSCI World (Industrieländer) weisen nur zwei der zehn Hauptsegmente ein (geringfügig) rückläufiges Gewinnwachstum aus. Wichtiger ist jedoch, dass alle Sektoren die Konsenserwartungen übertreffen konnten, in einigen Fällen sogar recht deutlich. Auch das Umsatzwachstum ist in allen Sektoren positiv, in vielen sogar ansehnlich, wenn man bedenkt, dass das Wirtschaftswachstum auf globaler Ebene zu wünschen übrig lässt.
Wachstum erneut deutlich höher als prognostiziert
Auf Gesamtindexebene wuchsen die EPS um annähernd 11% gegenüber dem Q3/2013 und lagen damit gut 4% über dem prognostizierten Konsenswert. Es sei angemerkt, dass bisher nur 184 von 1345 Ergebnissen vorliegen und diese wiederum mehrheitlich von US-Unternehmen stammen. Wenn wir nur die amerikanischen Ergebnisse (rund ein Fünftel der US-Unternehmen haben bisher berichtet) betrachten, so ergibt sich ein aggregiertes Gewinnwachstum von rund 12% und eine Erwartungsübertreffung von 4.8%. Die Umsätze wuchsen um 5.4% und übertrafen die Analystenschätzung um 0.8%. Wachstum und Konsensübertreffungen sind ebenfalls recht gleichmässig über die verschiedenen Sektoren verteilt. Es kann natürlich sein, dass sich das Bild auf Weltindexebene in den kommenden Wochen verschlechtert, insbesondere wenn die im MSCI World gut vertreten europäischen Ergebnisse enttäuschen sollten. Dennoch sind die ersten Hinweise aus der Berichtssaison durchaus positiv - auch im Vergleich zum Bild, das in den letzten Jahren zu vergleichbar frühen Phasen der Berichtssaison geboten wurde.
Guter Start auch in den Schwellenländern
Auch die ersten Indizien aus den Emerging Markets sind auf Indexebene erfreulich. Die EPS wachsen um rund 24% und damit um deutlich mehr als vom Konsens in Aussicht gestellt (siehe PDF, Seite 2). Die Situation unterscheidet sich allerdings je nach Sektor und vielleicht auch von Land zu Land zum Teil recht deutlich. Während die Unterschiede auf Brancheneben jetzt schon ersichtlich sind, müssen wir auf Länderbasis von einem Kommentar noch absehen. Der dominierende Teil der bisher publizierten Ergebnisse kommt nämlich aus Taiwan. Die positive Abweichung vom Konsenswert ist auf Indexebene jedoch diesmal relativ gross. So dürfen wir hoffen, dass die Schwellenländer diesmal zumindest nicht mehr in dem Ausmass enttäuschen werden, wie dies in den vergangenen Jahren sehr oft der Fall war.
Lesen Sie hier den vollständigen Marktkommentar von Mikio Kumada.