04.12.2024, 10:51 Uhr
«Während die Märkte von einer lockeren Geldpolitik beflügelt werden, drohen politische Umwälzungen in den USA sowie geopolitische Spannungen», schreibt Nicolas Forest, Chief Investment Officer bei Candriam in...
Im derzeitigen sehr komplexen makroökonomischen Umfeld sind Reaktivität und Flexibilität entscheidend. Yoann Ignatiew, Managing Director bei Rothschild & Co Asset Management, stellt seine Investmentstrategie vor und erklärt, warum aktives Management unter diesen Rahmenbedingungen sinnvoll ist.
Wie agieren Sie in einem Umfeld von tiefen oder gar negativen Renditen und angesichts derart volatiler Aktienmärkte?
Yoann Ignatiew: Die Einschätzung der Lage ist komplex. Die Rückkehr unzähliger Unsicherheiten und eine Verlangsamung der Weltwirtschaft veranlassen die Notenbanken dazu, eine besonders akkommodierende Geldpolitik umzusetzen. Vor diesem Hintergrund erwarten die Anleger keine kurzfristige wirtschaftliche Erholung, sondern eher weitere Zinssenkungen. Diese Hypothese wird durch die Trägheit der ökonomischen Frühindikatoren unterstützt. Auf lange Sicht kann sich dieses Szenario als günstig für die Aktienmärkte erweisen, aber nur dann, wenn mehr Klarheit an der politischen und wirtschaftlichen Front herrscht.
Ausserdem befinden sich die Börsenindizes immer noch auf einem hohen Niveau. Dabei kann allerdings tendenziell das Phänomen der Sektorrotation zugunsten von defensiven Werten in einem Umfeld auftreten, in dem der Dollar weiter aufwertet. In einem solchen Kontext sind wir relativ vorsichtig und gehen bei der Allokation eher defensiv vor. Gleichzeitig setzen wir uns freiwillig branchenspezifischen Risiken aus und bauen Positionen auf, wenn wir dies für angemessen halten.
Wie beeinflusst der Handelskrieg zwischen China und den USA Ihre Investmentstrategie?
Wir bleiben sowohl in den USA als auch in China anhand langfristiger Investmentthemen und in Unternehmen mit sehr überzeugenden Stories investiert. Wir sind jedoch sehr vorsichtig, was die Verhandlungen der beiden Länder betrifft. Vor diesem Hintergrund konnte sich die letzten Monate der Goldminensektor sehr gut entwickeln. Dies spiegelt die weltweiten wirtschaftlichen Unsicherheiten wider. Dieses Umfeld mahnt zur Vorsicht und zwingt uns geduldig zu sein, bis wir wieder mehr Klarheit haben. Wir behalten ein grosses Mass an Flexibilität bei, um eventuell reagieren und unsere Allokation anpassen zu können.
Wie wichtig ist aktives Management in einem solchen Marktumfeld?
Im derzeitigen Niedrigzinsumfeld, in dem die Börsenindizes Höchststände erreicht haben und Märkte zunehmend volatil werden, ist es entscheidend, in der Lage zu sein, Sektor- oder Faktorrotationen zu antizipieren und sich schnellstmöglich an die verschiedenen Strukturen anzupassen. Insofern hat ein aktives Management durch sein Reaktionsvermögen einen deutlichen Vorteil. Trotzdem braucht man eine bestimmte Flexibilität und Spielraum, um manövrieren zu können. Jeder Marktschock schafft Chancen und nur aktives Management ermöglicht es Investoren, diese zu ergreifen, wenn sie auftreten.
Passives Management greift mehr und mehr um sich und neigt dazu, Marktverzerrungen zu erzeugen. Es könnte dann bequemer sein, einfach dem Strom zu folgen. Aktives Management stellt sich dieser Logik entgegen und basiert auf starken Überzeugungen weit über das zentrale Thema "Momentum" hinaus. Der ständige Austausch der Portfoliomanager mit den Unternehmen im Rahmen des qualitätsbasierten Stockpicking-Ansatzes ermöglicht es, diese Convictions zu bekräftigen und bei den Investitionsentscheidungen langfristig zu denken.
Ausserdem vernachlässigt passives Management vollständig die heute unabdingbaren ESG-Faktoren, sowohl zum Erkennen von Risiken als auch von Chancen. Insofern wissen wir durch den direkten Austausch mit den Managern der Unternehmen, welche Einstellung sie zu diesen Themen haben und ermutigen sie sogar ihre Vorgehensweisen zu ändern.