23.12.2024, 08:37 Uhr
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Trotz der schwierigen weltpolitischen Lage und der schwachen Wirtschaft sei der Ertrag der in Euro denominierten Investment-Grade-Unternehmensanleihen doch beachtlich, meint Michael Hess von der Bantleon Bank.
Mit einer Performance von über 7.1% seit Jahresanfang verzeichneten in EUR denominierte Investment-Grade-Unternehmensanleihen (ohne Finanzwerte) einen überdurchschnittlichen Ertrag. Die rückläufigen Renditen risikofreier Staatsanleihen trugen ihren Teil dazu bei, da sich der Ertrag von Unternehmensanleihen aus der Veränderung des risikofreien Zinses und der Risikoprämie ergibt. Zusätzlich sanken die Risikoprämien um 39 Basispunkte, was zu einer Überrendite zu Staatsanleihen gleicher Laufzeit von 3.8%-Punkten geführt hat. "Angesichts der im Vergleich zum Vorjahr schwächeren Weltwirtschaft, der geopolitischen Störfeuer sowie des Handelsstreits zwischen den USA und China ist dies ein beachtliches Ergebnis", findet Michael Hess, Leiter Portfolio Management Corporate Credit bei der Bantleon Bank.
Bei der gegenwärtigen Euphorie im Markt ist es für Hess keine Überraschung, dass Anleger mit starken Mittelzuflüssen in die Anlageklasse reagierten. Seit Jahresbeginn flossen Analystenschätzungen zufolge allein durch Neuanlagen in Investment-Grade- Unternehmensanleihenfonds für Privatanleger über 20 Mrd. Euro in EUR-Unternehmensanleihen. Das sind 5% mehr als im Vorjahreszeitraum. Davon entfielen etwa zwei Drittel auf Zuflüsse in ETF, weiss der Spezialist.
Aufgrund der anhaltend negativen Renditen europäischer Staatsanleihen wurde die Nachfrage nach Unternehmensanleihen auch durch institutionelle Investoren nach oben getrieben. Zusätzliche Mittelflüsse durch Versicherungen – vor allem wegen gestiegener Prämieneinnahmen für Lebensversicherungen in Italien und Frankreich – werden durch weitere 20 Mrd. Euro Zuflüsse in Investmentfonds bestätigt, die in Unternehmensanleihen mit langen Laufzeiten investieren. Die vorteilhafte Rendite nach Devisenabsicherungskosten für asiatische Investoren ist ein zusätzlicher Nachfragefaktor für EUR-Unternehmensanleihen.
"Mit der Ankündigung der EZB, das Anleihenkaufprogramm wieder aufzunehmen, kommt ein zusätzlicher Käufer hinzu. Zu erwarten sind Unternehmensanleihenkäufe im Gegenwert von über 3 Mrd. Euro pro Monat, zusätzlich zu den Reinvestitionen auslaufender Anleihen und Zinserträgen aus dem ersten Kaufprogramm von monatlich rund 1 Mrd. Euro", sagt Hess. Die Käufe der EZB dürften nicht nur den Anleihenmarkt stützen, sondern auch die Mittelzuflüsse der oben genannten Investoren verstärken. Zudem kommen in den nächsten zwölf Monaten mehr als 110 Mrd. Euro an fälligen Unternehmensanleihen hinzu. Diese Fälligkeiten werden gemäss Hess generell reinvestiert.
Der erhöhten Nachfrage steht eine Veränderung des Angebots gegenüber. Die historisch tiefen Zinsen erleichtern es Unternehmen, ihre Anleihen günstig am Kapitalmarkt zu platzieren. Hess meint, dass der Marktwert von über 250 Mrd. Euro neu platzierter Anleihen in der Eurozone seit Beginn des Jahres bereits das gesamte Emissionsvolumen des Jahres 2018 (220 Mrd. Euro) überstiegen habe. Im Gesamtjahr 2019 ist ein Rekordwert von etwa 300 Mrd. Euro zu erwarten. Im Jahr 2020 rechnet der Portfolio Manager ebenfalls mit einem überdurchschnittlich hohen Neuemissionsvolumen. "Das heisst, selbst nach Abzug der auslaufenden Unternehmensanleihen mit einem Volumen von über 160 Mrd. Euro im Jahr 2020 und mit einem Volumen von ungefähr 170 Mrd. Euro im Jahr 2021 wird der Marktwert ausstehender Unternehmensanleihen jährlich um über 100 Mrd. Euro wachsen", erklärt Hess.
Als Konsequenz dieser veränderten Marktstruktur ist bei Unternehmensanleihen phasenweise mit erhöhter Volatilität zu rechnen. Weil grosse Volumina oft zur gleichen Zeit emittiert werden, können die Risikoprämien temporär steigen. Insgesamt dürfte laut Michael Hess die Nachfrage nach Anleihen, getrieben durch den risikofreien Zins unterhalb der Inflationsrate und den demografischen Wandel, weiterwachsen und das erhöhte Angebot mittelfristig problemlos absorbieren. Bei hoher Emissionsaktivität geht er davon aus, dass die Risikoprämien wieder sinken, sobald das zusätzliche Angebot verdaut ist.
Zu beachten sind jedoch zwei Aspekte, die zu steigenden Risiken führen: Die Unternehmen nutzen die extrem tiefen Zinsen vermehrt, um länger laufende Anleihen zu begeben, wie der Durationsanstieg des IG Corporate Non-Financial Index zeigt. Zudem nutzen insbesondere Unternehmen mit schwächerer Bonität im Investment-Grade-Bereich das freundliche Kapitalmarktumfeld für die Platzierung neuer Schulden. Sie können ihre Fremdkapitalfinanzierungsquote erhöhen, ohne dafür signifikant höhere Risikoprämien zu zahlen, meint Hess.
Aktuell liegt die Renditedifferenz zwischen Unternehmensanleihen der Bonitätsstufe «BBB» und solchen der Bonitätsstufe «A» mit 0.4%-Punkten deutlich unter dem Durchschnitt der vergangenen zehn Jahre (0.65%-Punkte), bei insgesamt historisch tiefen Finanzierungskosten. Das deutlich gewachsene Rating-Segment «BBB» verdeutlicht den eingeschlagenen Kurs der Emittenten. Hess sagt: "Diese Entwicklung hat auch zu einer schwächeren durchschnittlichen Qualität des Gesamtmarktes geführt – ein Trend, der schon seit Mario Draghis Whatever-it-takes-Ansprache im Sommer 2012 zu beobachten ist."
Die sich verschlechternde Bonitätsstruktur erhöht für Investoren in Unternehmensanleihen-ETFs und passiven Strategien grundsätzlich das Risiko, weil mehr Emittenten an der Schwelle einer Herabstufung in den High-Yield-Markt stehen und diese ebenfalls in den Fonds enthalten sind. Hess ist überzeugt, dass hingegen für aktive Fondsmanager, die eine solide fundamentale Analyse verfolgen, dieses Umfeld durch die Schuldnerauswahl umso mehr Möglichkeiten biete, um einen Mehrertrag zu erzielen. Zudem können sie von dem erhöhten Neuemissionsvolumen profitieren.
Während Neuemissionen jeweils erst am Monatsende in die entsprechenden Indices aufgenommen werden, können aktive Fondsmanager direkt an den Emissionen teilnehmen und oft eine Neuemissionsprämie einnehmen. Diese Prämie betrug zuletzt durchschnittlich über 5 Basispunkte. Ferner sind diese Anleihen besonders liquide, können also gemäss Hess besonders leicht und ohne hohe Preisabschläge gehandelt werden. Derzeit ist die Risikoprämie von mehr als 85% der Emissionen seit Beginn des Jahres tiefer als am Ausgabetag, im Durchschnitt um 24 Basispunkte.
"Das bedeutet schöne Kursgewinne. Mit einer guten Analyse lässt sich der durchschnittliche Ertrag noch steigern", ist Hess überzeugt. So ist die Risikoprämie der Unternehmensanleihe mit der besten Wertentwicklung seit der Emission in diesem Jahr um 192 Basispunkte gefallen, was bei einer Duration von 3 Jahren einem Kurszuwachs von 7.5% entspricht. Bei der Unternehmensanleihe mit der schwächsten Wertentwicklung hingegen gab es einen Anstieg der Risikoprämie um 49 Basispunkte bei einer Duration von 10 Jahren, respektive einen Kursverlust von 5%.