07.11.2024, 15:21 Uhr
«Der Goldpreis steigt vor dem Hintergrund des wachsenden Goldbedarfs», schreibt Christian Brenner, Geschäftsführer philoro Schweiz. Laut World Gold Council konnten die weltweiten physisch besicherten...
Während die hohe Inflation in den USA Joe Bidens Umfragewerte trotz positiver Wirtschaftsentwicklung in den Keller rasseln lässt, herrscht in der Eurozone zusätzlich zur angestiegenen Teuerung ein erhöhtes Risiko von zeitlich begrenzten Rückschlägen der Wachstumsdynamik wegen Omikron. Für die Schweiz prognostiziert Swiss Life Asset Managers für 2022 ein vergleichsweise tiefes BIP-Wachstum.
Zwei Jahre nach Bekanntwerden des Ausbruchs eines neuartigen Virus werden die Spuren der Pandemie in der Schweizer Wirtschaft immer offensichtlicher, wie Swiss Life Asset Managers in den Konjunktur-Perspektiven zum Januar 2022 festhält: So lag die Leistung der Anbieter in den Wirtschaftsbereichen "Gastgewerbe und Beherbergung" im dritten Quartal 2021 immer noch 17% unterhalb des Vorkrisenniveaus vom Schlussquartal 2019. Demgegenüber legten die Pharmaindustrie und der Detailhandel über denselben Zeitraum um rund 14% respektive 6% zu.
Der flexible Schweizer Arbeitsmarkt sorgte in den vergangenen Monaten dafür, dass bisher in den von der Pandemie besonders betroffenen Sektoren Beschäftigte sich neu orientierten. Entsprechend wird sich der Fachkräftemangel in diesen Branchen weiter verschärfen. Kurzfristig dämpfen die erneut steigenden Fallzahlen und die drohende Überlastung der Gesundheitseinrichtungen die Aussichten für die Binnenwirtschaft. Dies ist nach Meinung der Expertinnen und Experten des Economic Research von Swiss Life AM jedoch nicht der Hauptgrund für ihre vorsichtige Prognose zum BIP-Wachstum. "Vielmehr erwarten wir für die Weltwirtschaft insgesamt einen nachlassenden Rückenwind durch die Stützungsmassnahmen von Geld- und Fiskalpolitik. Im Vergleich zu den neuesten Prognosen des Staatssekretariats für Wirtschaft (Seco) fallen unsere Prognosen deutlich tiefer aus: Geht das Seco für 2022 und 2023 von einem Wachstum des BIP um 3,0% beziehungsweise 2,0% aus, rechnen wir gerade einmal mit 2,4% Wachstum im Jahr 2022 und 1,2% für 2023."
Der Inflationsdruck ist in der Schweiz deutlich weniger ausgeprägt als in anderen entwickelten Volkswirtschaften. Das geringere Gewicht von Energiepreisen bei der Inflationsberechnung spiele dabei ebenso eine Rolle wie der preismindernde Effekt des Markteintritts neuer ausländischer Detailhändler. "Entscheidend für den Ausblick ist aber die Erstarkung des Schweizer Frankens gegenüber dem Euro. Die Preise für gewisse Importgüter werden sich 2022 verbilligen", so die Experten.
Die bisher publizierten Zahlen zum vierten Quartal bestätigen die Vermutung von Swiss Life AM, dass die US-Wirtschaft sowohl im Industrie- als auch im Dienstleistungssektor wieder an Fahrt aufgenommen hat. Der ISM-Einkaufsmanagerindex für Dienstleister erklomm im November gar einen neuen historischen Höchstwert von 69,1 Punkten. Die allmähliche Entspannung der Lieferengpässe und die Rückkehr von Personen in den Arbeitsmarkt tragen zum besseren Konjunkturbild bei.
Joe Biden hingegen befindet sich in einem für US-Verhältnisse historischen Umfragetief eines Präsidenten. Seine Zustimmungswerte haben sich 2021 dramatisch verschlechtert – die höchste Inflation seit den 1980er-Jahren trägt laut den Ökonomen dazu bei. Während das überparteiliche Infrastrukturprogramm bereits abgesegnet ist, stösst Bidens "Build Back Better Act" auf Opposition im Senat, selbst bei Demokraten. Die berechtigte Befürchtung, dass eine erneute Ausweitung der Staatsausgaben die Inflation weiter anheizt, dürfte dazu führen, dass das Programm weiter gestutzt wird, so das Economic Research von Swiss Life AM.
Die Inflation stieg im November weiter an und erreichte 6,8%, getrieben durch Energie- und Konsumgüterpreise, während die Inflation bei Dienstleistungen "erstaunlich gering" ausfiel. Die Prognose des Economic Research: "Wir rechnen damit, dass die Energie- und Güterpreise 2022 neutral bis negativ zur Inflation beitragen werden und sich die Lage ab Januar normalisiert. Weil die USA aber einen starken Basiseffekt ins neue Jahr mitschleppen, dürfte die Inflationsrate erst im Oktober 2022 unter die 3% Marke fallen."
Der Regierungswechsel in Deutschland weckte laut Swiss Life AM in Frankreich und den südlichen Mitgliedsländern der Währungsunion die Angst, dass die an der Ampelkoalition beteiligte FDP eine rasche Rückkehr zu fiskalpolitischer Disziplin einfordern könnte. Die ersten Verlautbarungen des neuen deutschen Finanzministers Lindner weisen allerdings keineswegs in diese Richtung. Gegenüber den europäischen Partnern zeigt sich die neue Koalition aufgeschlossen, über flexiblere Haushaltregeln zu diskutieren. Es biete sich also eine Gelegenheit, weitere Schritte zu Verfestigung der Währungsunion vorzunehmen.
Die Pandemie belastet auch zwei Jahre nach ihrem Ausbruch die konjunkturelle Dynamik in Europa. Mit dem Auftreten der Virusvariante Omikron bleibe überall in Europa das Risiko zeitlich beschränkter Rückschläge auf dem wirtschaftlichen Erholungskurs erheblich.
Die erhöhten Inflationszahlen lösten eine Welle der Kritik an der EZB aus. Zweifelsohne berge die Tatsache, dass die Inflation in der Eurozone aktuell auf 4,9% steht, wirtschaftspolitischen Zündstoff. Man dürfe aber nicht ausser Acht lassen, so die Expertinnen und Experten, dass sich die aktuelle Inflationsrate zu mehr als der Hälfte aus dem Anstieg der Energiepreise erklärt. Im Unterschied zu den USA blieben steigende Energiepreise ein flüchtiges und auf wenige Güter des Warenkorbs beschränktes Phänomen.
Deutschland hat laut Swiss Life AM unter den führenden Volkswirtschaften das grösste Aufholpotenzial. Bisher habe sich die Wirtschaft weniger rasch vom Einbruch aus dem Vorjahr erholt als jene der USA oder der Nachbarn Schweiz und Frankreich. Gegenüber Frankreich habe Deutschland den Nachteil, dass seine Exportwirtschaft sich nach der Finanzkrise stärker auf den aussereuropäischen Markt ausgerichtet hatte.
Im aktuellen Aufschwung nehmen die Schwellenländer Asiens und Südamerikas aber anders als im Jahr 2009 nicht die Rolle der Wachstumslokomotive für die Weltwirtschaft ein. Zudem fahren viele Länder Asiens ein striktes "Zero Covid"-Regime. So ist Deutschland doppelt betroffen: Die Nachfrage aus den Schwellenländern fällt geringer aus als jene aus den reicheren Volkswirtschaften. Gleichzeitig belasten die Lieferengpässe bei Zwischenprodukten die Automobilhersteller. Hier mehrten sich jüngst die Anzeichen einer Entspannung bei der Versorgung mit Halbleitern. Im vierten Quartal 2021 dürfte laut dem Economic Research von Swiss Life AM die Industrieproduktion deshalb kräftig zugelegt haben.
Bis November 2021 stieg die Inflationsrate auf Verbraucherstufe gemessen am Preisindex des Statistischen Bundesamts um 5,2%. Preise für einzelne Güter des täglichen Bedarfs und für Benzin, Diesel und Gas stiegen sogar weit stärker. Im Lärm um Einzelbeobach- tungen geht oft unter, dass Einmaleffekte massgeblich zu diesem Anstieg beigetragen haben. "Schon die kommenden Monate werden einen starken Rückgang der Inflationsraten mit sich bringen. Wir erwarten, dass die Jahresteuerung Mitte 2022 noch bei 2% liegen wird", so die Ökonomen von Swiss Life AM.
Mit 2,8% deutlich tiefer lag die Inflationsrate im November in Frankreich. Die Prognose: "Wir rechnen bis Jahresende mit einem weiteren Anstieg auf 2,9%. Dieser Wert bedeutet den Höhepunkt im aktuellen Zyklus. Bis Ende 2022 rechnen wir unter der Voraussetzung unveränderter Energiepreise mit einem Rückgang der Inflationsrate auf 1,0%. Mittelfristig dürfte sich die Inflation auf Werten in der Nähe des Inflationsziels der EZB, also bei rund 1,8% einpendeln. Im Vergleich zum Jahrzehnt vor der Pandemie ist dies ein um 0,6 Prozentpunkte höherer Wert."
Japan ist neben Deutschland das einzige grosse Land, bei dem Swiss Life AM 2022 von einer Beschleunigung des Wachstums ausgeht. den Hauptgrund dafür sehen die Ökonomen in der erwarteten graduellen Entspannung der Lieferengpässe, insbesondere in der Autoindustrie. Die Produktion von Halbleitern laufe global auf Hochtouren und die Autoproduzenten hätten angekündigt, dass sie bereits im vierten Quartal 2021 die Produktion wieder etwas hochfahren könnten. In der Tat legte die japanische Autoproduktion im Oktober zum ersten Mal seit Januar 2021 wieder zu, um 28% gegenüber dem Vormonat.
Die Lage der hochverschuldeten Immobilienentwickler in China hat sich zugespitzt. Das Rating von Evergrande, dem grössten betroffenen Unternehmen, wurde Anfang Dezember von Fitch auf "Zahlungsausfall" runtergestuft, nachdem die Gnadenfrist für eine fällige Couponzahlung verstrichen war. "Die Behörden versuchen nach wie vor, durch regulatorischen Druck Luft aus dem aufgeblähten Immobiliensektor rauszulassen, gleichzeitig aber die breite Binnenwirtschaft durch eine expansivere Geldpolitik zu stützen. Ob dieser Balanceakt gelingt, ist noch offen", so die Expertinnen und Experten.
Die Krise habe dazu geführt, dass die Bauaktivität und jüngst sogar die Preise für Wohnimmobilien zurückgegangen sind, was für eine anhaltende Schwäche beim Binnenkonsum und den Investitionen sorgen könnte. Der grösste Wachstumsimpuls dürfte 2022 weiterhin von der Aussenwirtschaft ausgehen. Die globale Nachfrage brummt, Kapazitätsengpässe nehmen ab und die chinesischen Exporte dürften den überraschend guten Schwung des zweiten Semesters 2021 in das neue Jahr mitnehmen. Bemerkenswert sei, dass die gute Exportperformance nicht primär durch steigende Preise und Basiseffekte, sondern durch steigende Volumen getrieben wurde. Trotz des positiven Industriezyklus könnte die Dynamik Anfang Jahr einen Dämpfer erfahren. Neben den latenten Pandemierisiken drohe nach wie vor ein temporärer Rückgang der Produktion, weil die Behörden die Luftverschmutzung während der Olympischen Spiele eindämmen möchten.
Entgegen dem Trend in anderen Schwellenländern lockerte die Zentralbank ihre Geldpolitik im Dezember, indem der Reservesatz für Banken von 12,0% auf 11,5% gesenkt wurde. Die moderate Inflation lässt eine weitere Lockerung zu. Die Inflationsrate stieg im November aufgrund von Basiseffekten von 1,5% auf 2,3% an, dürfte aber 2022 im Durchschnitt lediglich 1,9% betragen.