23.12.2024, 08:37 Uhr
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Interview mit Harald Preissler, Chefökonom und Leiter Anlagemanagement des Anleihemanagers Bantleon über den Renditeanstieg der vergangenen Wochen, welcher seines Erachtens noch nicht vorbei ist.
Der Juni 2015 wird vielen Investoren lange in Erinnerung bleiben: Die Renditen von Staatsanleihen schossen innerhalb weniger Tage in die Höhe. 10-jährige Bundesanleihen rentierten zeitweise bei 1,05% 100 Basispunkte über den kurz zuvor markierten Tiefstständen. Das war innerhalb weniger Wochen der schärfste Renditeanstieg seit Oktober 1998. In der EUR-Peripherie fiel der Anstieg durch die neu entfachte Furcht vor einem Grexit sogar noch stärker aus. So schnellten die Renditen italienischer Staatsanleihen 130 Basispunkte nach oben von 1,10% auf 2,40%. Damit weiteten sich die Aufschläge gegenüber Bundesanleihen auf die höchsten Niveaus seit Herbst 2014 aus. "Der Renditeanstieg der vergangenen Wochen mag übertrieben sein, ist aber noch nicht zu Ende", sagt Harald Preissler, Chefökonom und Leiter Anlagemanagement des Anleihemanagers Bantleon. "Das anziehende Wirtschaftswachstum dürfte die Realzinsen weiter nach oben ziehen, gleichzeitig verlangen die im 2. Halbjahr steigenden Teuerungsraten eine höhere Kompensation des Inflationsrisikos. Vor allem lange und ultralange Laufzeiten, die nach wie vor massiv unter ihren fairen Bewertungsniveaus rentieren, dürften unter Druck bleiben." Als Alternativen sieht Preissler derzeit Staatsanleihen der EUR-Peripherie, inflationsbesicherte Staatsanleihen und Unternehmensanleihen.
Herr Preissler, die Anleihenmärkte sind zuletzt stark unter Druck geraten. Wie geht es weiter?
Harald Preissler: Der Renditeanstieg der vergangenen Wochen mag übertrieben sein, ist aber noch nicht zu Ende. Wir erwarten einen Anstieg 10-jähriger Bundesanleihen bis auf 1,25%, im Risikoszenario sind 1,50% möglich. Deshalb gewichten wir die EUR-Anleihenmärkte in der Asset Allocation unter, vor allem zu Lasten von Staatsanleihen der Kernländer. Das anziehende Wirtschaftswachstum dürfte die Realzinsen weiter nach oben ziehen, gleichzeitig verlangen die im 2. Halbjahr steigenden Teuerungsraten eine höhere Kompensation des Inflationsrisikos. Vor allem lange und ultralange Laufzeiten, die nach wie vor massiv unter ihren fairen Bewertungsniveaus rentieren, dürften daher unter Druck bleiben. Allerdings hat sich im März und April auch gezeigt, dass die Anleihenkäufe der EZB durchaus zu einer namhaften Verknappung des Angebots an hochliquiden Staatsanleihen führen können, was den Renditeanstieg dämpft. In dieselbe Richtung wirkt die Verwendung von Bundesanleihen als Absicherungsinstrument für Risikoassets. Wir gehen zwar davon aus, dass die Lehre vieler Anleger aus dem fatalen Korrelationskollaps im April/Mai sein dürfte, künftig weniger auf die universelle Absicherungsfunktion von «Safe Haven»-Instrumenten zu vertrauen. Dennoch werden nicht alle Investoren diese Strategie aufgeben wollen, weshalb eine erneute Hausse der Aktien- und Peripheriemärkte auch auf Bundesanleihen positiv ausstrahlen könnte.
Müssen Anleger mit stetig steigenden Renditen rechnen?
Der extrem steile Aufwärtstrend der Renditen dürfte abflachen, ohne jedoch vollends zu kippen. Aufgrund der starken gegenläufigen Kräfte am Anleihemarkt rechnen wir zudem mit keinem linearen Renditeanstieg, sondern mit heftigen Ausschlägen nach beiden Seiten. Spätestens Ende 2015, wenn der konjunkturelle Hochpunkt allmählich in Sichtweite gerät, dürfte der Renditetrend ohnehin wieder in Richtung 0,50% nach unten abdrehen. Am Niedrigzinsumfeld wird sich also in überschaubarer Zukunft nichts ändern.
Welche Alternativen zu Staatsanleihen der EUR-Kernländer sehen Sie? Staatsanleihen der Peripherie sind wegen der überzeugenden Makrodaten aus dieser Region vor allem in Spanien, aber auch in Italien nach dem Ausverkauf der vergangenen Monate wieder attraktiv bewertet. 10-jährige Bonds des italienischen und spanischen Staates rentieren bei etwa 2,30% und damit 150 Basispunkte über deutschen Bundesanleihen. Die Risikoprämien sollten deutlich unter 100 Basispunkte fallen, was angesichts unserer Prognose für Bundesanleihen eine Seitwärtsbewegung der Peripherierenditen bedeutet. Peripherieanleihen sollten also den Renditeanstieg von Bundesanleihen über das Abschmelzen der Risikoprämie kompensieren können. Der Gesamtertrag bis Ende 2015 dürfte moderat positiv ausfallen. Auch inflationsbesicherte Staatsanleihen, so genannte Linker, sind eine attraktive Alternative zu Staatsanleihen der Kernländer. Ihr Schuldnerrisiko ist nicht schlechter lediglich bei der Liquidität sind Abschläge hinzunehmen. Und im Fall steigender Inflationserwartungen entwickeln sich die Linker besser als ihre Pendants mit fixer Nominalverzinsung. Die impliziten Inflationserwartungen dürften in den nächsten zwölf Monaten von derzeit 1,85% auf mindestens 2,10% steigen. Der Outperformancetrend von Linkern sollte somit anhalten.
Und wie sind die Perspektiven von Unternehmensanleihen?
Nach dem Renditeanstieg bei Unternehmensanleihen halten wir mittelfristig die Rückkehr auf die bisherigen Tiefstände für realistisch. Am attraktivsten dürfte die Ratingkategorie «BBB» sein. Bei kurzen Laufzeiten bis 3 Jahren weichen wir dabei allerdings auf USD-denominierte Anleihen aus, deren Rendite mit 1,75% bis 2,00% um 125 Basispunkte über vergleichbaren EUR-Papieren notiert. Der Gesamtertrag von Unternehmensanleihen der Bonität «Investment Grade» sollte auf Sicht der nächsten sechs Monate leicht negativ, auf Sicht von zwölf Monaten jedoch deutlich positiv ausfallen. Auch Unternehmensanleihen aus dem High-Yield-Bereich sind im Sog der Grexit-Turbulenzen unter die Räder gekommen. Für diesen Schwächeanfall sehen wir zwei Ursachen. Zum einen wird den Investoren der Risikoappetit durch die leidige Grexit-Verunsicherung verdorben. Zum anderen ist aber auch die negative Sogwirkung der USD-High-Yields zu spüren. Deren Risikoprämien sind in Vorwegnahme einer strafferen Geldpolitik der Fed bereits seit Mitte vergangenen Jahres übergeordnet gestiegen. Die Investoren dürften jedoch in die High-Yield-Märkte zurückkehren, sobald sich die dunklen Grexit-Schatten verzogen haben. Entsprechend sollten Hochzinsanleihen im Jahresverlauf eine Gesamtperformance von insgesamt 10% erzielen.