13.11.2024, 13:49 Uhr
«Das grosse Interesse an risikoreichen Titeln könnte bis zum Jahresende anhalten. Aber dann wird es schwieriger», schreibt Shannon Saccocia, Chief Investment Officer bei NB Private Wealth.
MSCI wird die Gewichtung der chinesischen A-Aktien in seinen wichtigsten Benchmark-Indizes vervierfachen. Für Greg Kuhnert und Wenchang Ma von Investec ist dies ein Meilenstein. Nick Yeo von Aberdeen Standard Investments sieht auf lange Frist positive Effekte – speziell bei Konsumgütern.
Die Gewichtung chinesischer A-Aktien in den MSCI-Indizes werden im Laufe von 2019 in drei Schritten von 5% auf 20% erhöht. Laut vorgeschlagenem Zeitplan werden alle China A Large Cap-Aktien in den MSCI-Indizes von 5% auf 10% erhöht und ChiNext Large Cap-Aktien mit einem Einschlussfaktor von 10% hinzugefügt. Im August erfolgt dann die Erhöhung der China A Large Cap-Aktien von 10% auf 15% und im November schliesslich die Erhöhung auf 20%. Zudem werden dann China A Mid Cap shares mit einem Faktor von 20% in die MSCI-Indizes einbezogen.
Die Erhöhung geschieht nur ein Jahr nach der erstmaligen Aufnahme der Anlageklasse in die Indizes und nach der im September 2018 angekündigten Konsultation mit der Anlegergemeinschaft. Dieser Schritt übertreffe die Markterwartungen hinsichtlich Tempo und Umfang der Einbeziehung, kommentieren Kuhnert und Ma, Co-Portfolio Manger der Investec All China Equity Strategie. Für Catherine Yeung, Investment-Direktorin und Asien-Expertin bei Fidelity International, stellt vor allem die verfrühte Einbeziehung der Mid-Caps eine Überraschung dar. Diese war erst auf 2020 geplant.
Anleger sollten positivere Haltung einnehmen
Nach Ansicht von Nick Yeo, Head of Equities, China bei Aberdeen Standard Investments, die Aufnahme keinen unmittelbaren, praktischen Nutzen. Seiner Meinung nach dürften viele globale Anleger den chinesischen Onshore-Aktienmarkt unabhängig von den Entscheidungen von MSCI als hoffnungslosen Fall ansehen. "Der Markt ist ineffizient, denn 80% des Umschlags resultieren daraus, dass lokale Retail-Anleger eher auf die aktuellen Schlagzeilen blicken als auf die Gewinnaussichten der A-Aktien-Unternehmen", statiert er. Yeo kritisiert die Kurzsichtigkeit vieler Investoren. Auf lange Sicht, gäbe es gute Gründe, weshalb globale Anleger den Markt wohlwollender betrachten sollten.
"So volatil sich chinesische A-Aktien auch entwickeln mögen, bieten sie doch die beste Möglichkeit, am strukturellen Wachstum des Landes zu partizipieren", so Yeo. Globale Anleger sollten auch bedenken, dass das chinesische Wirtschaftswachstum immer noch bei über 6% und damit deutlich höher liegt als in den Industrieländern. Der Konsens prognostiziert für 2019 bei A-Aktien ein Gewinnwachstum von 15%. "Eine derartige, zweistellige Steigerung dürfte nicht an allzu vielen Märkten zu finden sein", meint der China-Aktien-Experte.
Die Besonderheit von A-Shares
Damit stellt sich die Frage, was denn so wichtig an A-Shares ist. Erstens, sei dies, so die Investec-Experten, der Handel von A-Aktien mit Renminbi. Darüber hinaus unterscheiden sich A-Aktien von herkömmlichen Instrumenten, die von internationalen Investoren verwendet werden, um Zugang zu chinesischen Aktien (B- und H-Aktien, Red Chips, P-Chips und ADRs) sowohl in Bezug auf die Art der von ihnen vertretenen Unternehmen als auch auf ihre Investorenbasis zu erhalten. Das Exposure der Anlageklasse ist aufgrund der an den Onshore-Märkten gelisteten Aktien auf inländische Sektoren wie Konsum- und Gesundheitswerte sowie Materialien und Industrie ausgerichtet.
Ein weiterer wichtiger Differenzierungsmerkmal ergibt sich aus dem erheblichen Unterschied in der Anlegerbasis der A-Aktien. Die Investorenbasis der A-Aktie ist stark auf den Einzelhandel ausgerichtet, was bedeutet, dass der Markt auf Marktereignisse und Informationen anders reagiert als Märkte mit einer grösseren Präsenz institutioneller Investoren. Insgesamt stammen 81% des Volumens der A-Aktie von Privatanlegern, fast dreimal so viel wie bei Offshore-gelisteten H-Aktien.
"Der A-Aktienmarkt weist eine deutlich geringere Korrelation zu den globalen Märkten auf als der MSCI China Index", erklärt Yeo. Er verfüge über andere Treiber und reagiere somit tendenziell weniger stark auf externe Ereignisse. "Daher kann ein Engagement bei chinesischen A-Aktien einem global aufgestellten Portfolio wertvolle Diversifizierungsvorteile verschaffen", so der Spezialist.
"Investierbarkeit" erhöht sich auf lange Sicht
Sowohl die Experten von Investec als auch von ASI sind sich einig, dass die höhere Gewichtung in den MSCI-Inizes im Laufe der Zeit Wirkung zeigen wird. Schätzungen zufolge könnten A-Aktien innerhalb von fünf Jahren bis zu 20% dieses Index ausmachen. "Dies hätte Mittelzuflüsse seitens ausländischer institutioneller Fonds zur Folge, die den Index passiv nachbilden", meint Yeo. Dabei handelt es sich um langfristiges Kapital, das dauerhafter wirken dürfte als die derzeitigen stimmungsbedingten Mittelflüsse. Eine derartige Institutionalisierung hätte zur Folge, dass sich lokale Unternehmen an globale Rechnungslegungsstandards und Best Practices halten müssen. Dies würde die Governance-Standards verbessern und die "Investierbarkeit" des Marktes erhöhen.
Investec sieht die meisten Chancen in den Bereichen Industrie, Kommunikationsdienstleistungen, Versorgungsunternehmnen, Energie und Konsumgüter. Dem stimmt auch Aberdeen Standard Investments zu und sieht die besten Gewinnaussichten bei konsumorientierten Unternehmen, die vom strukturellen Wachstum des Landes profitieren dürften. "Schliesslich wächst Chinas Mittelklasse rasant, und die 380 Millionen Millennials haben ein höheres Einkommen als ihre Eltern und geben mehr Geld für Luxusgüter, Reisen und Gesundheit aus", folgert Yeo.
Auch wenn die Meldung seitens MSCI nicht eine bahnbrechende Revolution darstellen würde als die sie von einigen Martkteilnehmer deklariert werden wird spiegle sie, so Yeo, die Entwicklung der chinesischen Kapitalmärkte wider. Und so hofft er, dass sich sich Anleger vielleicht veranlasst sehen, ihre Meinung über den A-Aktienmarkt des Landes zu überdenken und ihn nicht als Gefahr, sondern als Chance zu sehen.