Malaysia im Sog politischer Turbulenzen

Marina Zech, Financial Economist LGT Capital Partners
Marina Zech, Financial Economist LGT Capital Partners

Marina Zech, Financial Economist LGT Capital Partners berichtet über Malaysia's Marina Zech, Financial Economist LGT Capital Partners über Malaysia's derzeit bedenkliche Lage, denn nicht nur politische, sondern auch zyklische Gegenwinde machen dem Land zu schaffen. Nichtsdestotrotz sieht Zech in den soliden Fundamentalfaktoren die Grundlage für einen langfristig positiven Ausblick.

29.07.2015, 10:31 Uhr

Redaktion: ce

Malaysia hat in letzter Zeit wegen der defizitären und intransparenten Investitionspraxis seiner staatlichen Förderagentur 1Malaysia Development Berhad (1MDB) weltweit für negative Schlagzeilen gesorgt. Beschuldigungen reichen von Fehlallokation zu Verschwendung und Bereicherung. Der Fall der 1MDB erstreckt sich mittlerweile in immer höhere politische Kreise. So wird denn Premierminister Najib der Bereicherung beschuldigt. Er dementiert zwar, Gelder zur persönlichen Bereicherung angenommen zu haben. Damit schliesst er aber nicht aus, die vermeintlichen knapp USD 700 Mio. zur Wahlkampffinanzierung im Mai 2013 verwendet zu haben. Gegen in die Aufdeckung involvierte Medien geht die Regierung derzeit rigoros vor, mit dem Vorwand zur Wahrung der öffentlichen Sicherheit. Zudem wurden einige Minister zu Beginn dieser Woche entlassen. Die Situation um den defizitären Staatsfonds und die Verwicklungen des Premierministers bleiben weiterhin intransparent. Das politische Extremrisiko ist entsprechend gestiegen.

Auch der Finanzmarkt Malaysias hat sich in den letzten Monaten nicht von seiner besten Seite gezeigt. Der Kuala Lumpur Composite Index hat innerhalb eines Jahres rund 10% verloren, und der Malaysian Ringgit durchschritt kürzlich die psychologisch wichtige Grenze von MYR 3.80 gegenüber dem US-Dollar. Zu diesem Kurs war die malaysische Valuta in der Folge der Asienkrise von 1998 bis 2005 fixiert. Damit ist er trotz Interventionen der Zentralbank auf ein 17-Jahres-Tief gefallen.

Malaysia kämpft mit der Rohstoffbaisse
Zur düsteren Lage an den Finanzmärkten hat aber nicht nur die turbulente politische Szenerie beigetragen, sondern auch das sich eintrübende konjunkturelle Momentum der südostasiatischen Volkswirtschaft. So weht dem rohstoffreichen Land zyklischer Gegenwind aufgrund der tiefen Energiepreise entgegen. Neben Palmöl sind unter anderem Erdöl und -gas wichtige Exportgüter. Im Zuge des Zerfalls der Rohölpreise musste der staatliche Ölriese Petronas seine Investitionspläne kürzlich stark zurückschrauben. Zudem klagt der wichtige Handelspartner China über konjunkturelle Sorgen. Der Leistungsbilanzüberschuss ist in den letzten Jahren stark gesunken und beträgt mittlerweile, verglichen mit rekordhohen 17% im 2008, nur noch 3.5% des Bruttoinlandprodukts (BIP).

Doch nicht nur wegbrechende Exporteinnahmen machen der malaysischen Wirtschaft zu schaffen. Ebenso dürfte der bisher überraschend starke Konsum durch die Einführung der Mehrwertsteuer von 6% im April dieses Jahres einen Dämpfer erleiden. Darüber hinaus lastet die zunehmende Verschuldung der Haushalte auf dem Konsum. Und auch der Staat muss den Gürtel enger schnallen. Mit einem in diesem Jahr angestrebten Haushaltsdefizit von 3.2% des BIP klafft zwar noch immer eine relativ grosse Lücke, insbesondere angesichts der potenziell gestiegenen Verbindlichkeiten der Regierung durch 1MDB. Mit der Einführung der Mehrwertsteuer ist die Regierung allerdings auf dem fiskalpolitisch richtigen Weg. Ausserdem hat die Regierung in Kuala Lumpur die Gunst der Stunde genutzt, um in Zeiten tiefer Rohstoffpreise die Energiepreissubventionen zu kürzen. Diese Konsolidierungsmassnahmen sind auf lange Frist äusserst positiv zu werten, wenn auch kurzfristig Kosten für die Wirtschaft anfallen.

Dank diversifizierter Ökonomie bleibt die Konjunktur in Schwung
Nichtsdestotrotz wird erwartet, dass die Wirtschaft in diesem Jahr um 4.8% zulegt und 2016 sogar um 5.1%. So profitiert Malaysia insgesamt von einer relativ gut diversifizierten Ökonomie und vertraut nicht nur auf den Export von Rohstoffen. Der heimische Konsum trägt ebenso zum Gesamtwachstum bei wie der Industriesektor. Letzterer gewinnt dank des tieferen Wechselkurses an Wettbewerbsfähigkeit. Nicht zuletzt erfreut die robustere US-Nachfrage. Die Geldpolitik steuert ihren Teil entsprechend bei. Da Sorgen um eine schwächere Valuta Zinssenkungen eher unwahrscheinlich erscheinen lassen und konjunkturelle Nöte die Zentralbank an Zinserhöhungen hindern, ist vorerst wohl keine Zinsänderung zu erwarten.

Solide Fundamentalfaktoren stärken den langfristigen Ausblick
Als offene Volkswirtschaft wird Malaysia von den globalen Entwicklungen besonders beeinflusst. So ist mit zunehmendem Entwicklungsgrad seiner Finanzmärkte auch der Anteil an ausländisch gehaltenen Schulden gestiegen. Dieser beträgt mittlerweile rund 30% der ausstehenden Staatsanleihen in Lokalwährung, womit die malaysische Valuta den Launen ausländischer Investoren ausgesetzt ist. Angesichts der flexiblen Währung, der überwiegend in Lokalwährung denominierten Verschuldung sowie Währungsreserven der Zentralbank von derzeit rund USD 100 Mrd. verfügt das Land aber über einen relativ soliden Puffer.

Gleichzeitig wird versucht, das Wachstum langfristig anzukurbeln und dem langsamen, aber stetigen Verlust der sogenannten demographischen Dividende - das heisst, wenn die Erwerbsbevölkerung schneller wächst als die Gesamtbevölkerung - entgegenzuwirken. Dabei gehören Produktivität und Innovationen zu den zentralen Pfeilern des elften Malaysia-Plans der Regierung. Mittels Investitionen in die Infrastruktur, Forschung und Entwicklung sowie Verbesserungen im Bildungsbereich und einer höheren Partizipation der Frauen am Arbeitsmarkt soll das Land mit derzeit hohem mittleren Einkommen bis 2020 in eines mit hohem Einkommen transformiert werden. Ausserdem wird ein nachhaltigeres Wachstum angestrebt, das zugleich die Einkommensunterschiede in der Bevölkerung abbauen soll.

Günstigere Aktienmarktbewertung bietet interessante Gelegenheit
Die negativen Entwicklungen in jüngster Zeit haben sich am Aktienmarkt niedergeschlagen. Entsprechend ist das Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV) des Kuala Lumpur Composite Index auf 17.30 gesunken und nähert sich damit dem fünfjährigen Durchschnitt. Auch der MSCI Malaysia ist günstiger geworden - insbesondere im Vergleich zum MSCI All Country World. Das KGV-Verhältnis befindet sich mit derzeit 0.88 deutlich unter dem Fünf-Jahres-Schnitt von 1.08. Auch wenn die politischen Turbulenzen kaum schon vorüber sein dürften, bietet sich eine attraktive Einstiegsgelegenheit, sobald sich die politischen Wogen wieder glätten.

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