02.12.2024, 10:49 Uhr
«Europa steht wirtschaftlich unter Druck und muss seine Wettbewerbsfähigkeit gegenüber anderen globalen Wirtschaftsmächten – insbesondere den USA – verbessern», heisst es im neuesten Marktausblick des...
Value oder Growth ist ein ewiges Diskussionsthema unter Anlegern. Seit neuestem dominiert Value – nur ein Strohfeur oder das lange erwartete Comeback der Substanztitel? Richard Halle, Manager des M&G (Lux) European Strategic Value Fund, gibt Antwort.
Hand aufs Herz: "Wir wissen es nicht", lautet die ehrliche Antwort von Fondsmanager Halle. Auf einen Nasenstüber für die Anhänger des Wachstumssektors kann er gleichwohl nicht verzichten. "Anders als unsere Kollegen aus dem Growth-Bereich ist ein echter Value-Investor immer vorsichtig, wenn es um Fragen zu künftigen Entwicklungen geht", bemerkt er in einem Beitrag auf der Fondsplattform e-fundresearch.
Dass Value-Aktien in den vergangenen zehn Jahren relativ zu Growth zurückgeblieben sind, dafür nennt er verschiedene Gründe. Dass sich die Geschichte wiederholt, hält er für wenig wahrscheinlich. Vier wichtige Unterschiede führt er dazu auf:
Die Marktakteure seien lange einem tief verwurzelten und sich selbst verstärkenden Trend zu Wachstums- und Qualitätsaktien gefolgt. Je länger ein solcher Trend anhält, desto mehr Energie ist für eine Umkehr erforderlich. Bisherige Anläufe zu einem Value-Comeback waren allerdings nur kurzlebig und nicht sehr umfassend. In den letzten zehn Jahren habe vielmehr eher gegolten: Jede Value-Rallye war eine gute Gelegenheit, auf Wachstum zu setzen.
Jetzt sei die Rotation hin zu Value sowohl stark als auch andauernd. Wachstumsorientierte Investoren mussten erhebliche Verluste hinnehmen – und zwar nicht nur diejenigen, die spät eingestiegen sind, sondern häufig auch jene, die noch vor Beginn der Corona-Pandemie in Growth investierten.
Der Trend hin zu Value sei auf eine unglaubliche Rallye der Wachstums- und Qualitätstitel nach Ausbruch der Corona-Krise gefolgt. Aus Sicht von M&G war dies eine Phase des "Dampfablassens» beziehungsweise der Kapitulation, was am Ende langfristiger Trends durchaus üblich sei. In der Folge waren die Bewertungen so breit gestreut wie selten zuvor. Aktienmarkt. Nun spreche schon allein die Mathematik dafür, dass sich die Rotation aufgrund der extremen Ausgangslage weiter fortsetzen könnte.
Mehrere starke und langfristige Trends gingen zu Ende, die bisher Gegenwind für Value bedeuteten. Zunehmende Globalisierung, immer weiter sinkende Zinsen, Dominanz der Zentralbanken, gross angelegte Kreditschöpfung, unglaubliche Gelddruckerei und Deflation; all das hat das letzte Jahrzehnt geprägt. In den nächsten zehn Jahren werde die Welt – und damit auch der Aktienmarkt – wohl ein anderes Gesicht bekommen.
Ein Aspekt werde zudem häufig übersehen: Die meisten Menschen würden Value- und Growth-Titel für zwei unterschiedliche, klar voneinander abgegrenzte Gruppen von Aktien halten. "In Wirklichkeit sind sie das jedoch nicht." In Zeiten des Wandels können einstige Value-Titel zu neuen Lieblingen unter den Wachstumswerten werden – wie zum Beispiel die "langweiligen" Basiskonsumgüterwerte während des TMT-Booms (Technologie, Medien und Telecom). Genau diese Titel wurden dann Mitte bis Ende 2010er Jahre gefeiert, als Anlegerinnen und Anleger "Anleihe-ähnliche" Titel bevorzugten.
Gleiches gilt umgekehrt. Wachstumstitel können zu Value-Aktien werden. Ein Beispiel dafür ist Telecom vor und nach der TMT-Blase oder Banktitel vor und nach der Finanzkrise. "Wir sind überzeugt, dass es auch jetzt zu solchen Fällen kommen wird", meint Halle.
Aktuell setzen die Märkte immer noch stark auf Wachstum. Eine Kurzanalyse verschiedener Datenbanken zeige, dass (noch) fast kein Investmentfonds nennenswerte Gelder in Value-Titel investiere. Bei Privatanlegern dürfte es ähnlich sein. Das Potenzial für Value bei einer Neuorientierung der Investoren ist für Halle somit gegeben.
Eine andere oft gestellte Frage lautet: Ist die Zeit reif, um bei günstigen Wachstumsaktien einzusteigen? Das könnte das Thema eines längeren Beitrags sein, wendet der Fondsmanager ein. Die kurze Antwort sei eindeutig:"unserer Meinung nicht annähernd," hält er abschliessend fest.