23.12.2024, 08:37 Uhr
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Luxusgüter besitzen meist eine höhere Preissetzungsmacht. Das führt zu deutlich überdurchschnittlichen Margen und stabiler Nachfrage selbst in Krisenzeiten. Daher sind Luxusgüter seit 1995 doppelt so stark gewachsen wie das weltweite BIP. Wie geht die Entwicklung im Bereich Lederwaren, Schmuck und Uhren weiter? Hagen Ernst von DJE Kapital gibt einen Überblick.
Im Segment der Luxusgüter geniessen Marken einen besonders hohen Stellenwert. Vor allem die Nachfrage aus Asien hat sich mit zunehmendem Wohlstand gut entwickelt und macht heute oftmals knapp die Hälfte des Umsatzes der Konzerne aus. Wichtig ist vor diesem Hintergrund die weitere Entwicklung in China. Staatschef Xi will nach jahrelangem Fokus auf Wirtschaftswachstum nun nachhaltiges Wachstum in den Vordergrund stellen, das primär dem "gemeinsamen Wohlstand" dienen soll. Daher befürchten einige eine stärkere Besteuerung von wohlhabenden Chinesen und die Einführung einer Luxussteuer.
Besonders gefragt sind seit Längerem Lederwaren. Eine der angesehensten Marken in diesem Segment ist Hermès: Das französische Familienunternehmen ist in den letzten zehn Jahren um durchschnittlich 12,5% beim Umsatz bzw. 15% beim Gewinn gewachsen. Auch von der Corona-Krise konnte sich der Luxusgüteranbieter schnell erholen. Der Umsatz im 1. Halbjahr 2021 stieg um 77% und lag damit 33% höher als im Vorkrisenjahr 2019. Beliebt ist Hermès vor allem in Asien, wo mehr als die Hälfte des Umsatzes (62%, davon 11% in Japan) erzielt wird. Neben Lederwaren (47%) sind auch Accessoires (24%) sehr gefragt. "Aber nicht nur die Produkte des Luxuslabels sind besonders hochpreisig, auch die Aktie ist mit einem Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV) von 63 für das laufende Jahr recht hoch bewertet, genoss aber historisch immer eine hohe Prämie im Sektor und unterstreicht somit den Stellenwert von Marken im Luxussegment", erklärt Hagen Ernst, stellvertretender Leiter Research & Portfoliomanagement bei DJE Kapital.
Auch beim französischen Luxusgüter-Konzern LVMH entwickelt sich das Lederwarensegment sehr gut. Das zum Konzern gehörige Unternehmen Louis Vuitton wird weiter stark nachgefragt. Hinzu kommt Christian Dior – seit 2017 ebenso im Besitz von LVMH – als zweite aufstrebende Marke, die aktuell mit am schnellsten wächst. Auch bei LVMH ist im Lederwarensegment der Umsatz im 1. Halbjahr mit +57% gegenüber dem Vorjahr bzw. +38% gegenüber 2019 stark gewachsen. Aktuell kommen drei Viertel des operativen Gewinns des LVMH-Konzerns aus diesem Bereich.
"Wesentliches Merkmal von Hermès und LVMH ist, dass beide ihre Waren fast ausschliesslich über eigene Verkaufskanäle vertreiben", erklärt Ernst. So haben die Unternehmen zu jeder Zeit eine hundertprozentige Kontrolle über den Preis und können auch in Krisenzeiten sicherstellen, dass die Marken durch Rabatte keinen Reputationsschaden erleiden.
Lange Zeit stark nachgefragt waren auch Gucci-Taschen. Mittlerweile hat sich das Momentum jedoch deutlich abgeschwächt. Gucci ist im 3. Quartal nur um 3,8% gewachsen und der operative Gewinn liegt noch nicht auf Vorkrisenniveau, ist jedoch weiter mit gefährlich hohen 74% Hauptgewinnbringer innerhalb des ebenfalls aus Frankreich stammenden Kering-Konzerns.
Weiterhin stark nachgefragt wird auch Schmuck. Hier ist Cartier mit einem Umsatz von mehr als 5 Mrd. Euro der mit Abstand grösste Anbieter. Produkte wie das "Love Bracelet" oder der "Trinity"-Ring haben Kultstatus und verkaufen sich weltweit so gut, dass Cartier mittlerweile fast doppelt so viel Umsatz generiert wie Tiffany. Vor 20 Jahren lagen die Anbieter noch gleichauf. Zusammen mit Van Cleefs & Arpels macht Schmuck mittlerweile nahezu den gesamten Gewinn im Richemont-Konzern aus. Der Umsatz stieg im jüngsten Quartal um 142% zum Vorjahr und lag 35% über dem Vorkrisenjahr 2019.
Auch LVMH hat Schmuck für sich entdeckt und kaufte in diesem Segment 2011 Bulgari für 4,3 Mrd. Euro sowie 2019 Tiffany für 15,8 Mrd. US-Dollar. Die Swatch-Gruppe erwarb 2013 den US-Edeljuwelier Harry Winston für 1 Mrd. US-Dollar.
Uhren haben sich wiederum weniger gut entwickelt. Während hochpreisige Modelle beliebter, privat geführter Marken wie Rolex, Audemars Piguet oder Patek Phillipe weiter stark nachgefragt sind und das Angebot so knapp ist, dass mittlerweile gebrauchte Uhren teurer sind als neue, haben Marken im mittleren und unteren Preissegment mit dem Erfolg von Smartwatches zu kämpfen. Besonders betroffen hiervon war die Swatch-Gruppe, die ausschliesslich auf dem Uhrenmarkt tätig ist. Dementsprechend schlecht hat sich die Aktie in den letzten fünf Jahren entwickelt.
Mit einem Marktanteil von 27% ist Rolex der grösste Uhrenproduzent, gefolgt von der Swatch-Gruppe mit 25% und Richemont mit 18%.
Neben den genannten Luxusmarken aus den Bereichen Lederwaren, Schmuck und Uhren gibt es einige kleinere interessante Markenanbieter, die sich meist auf ein bestimmtes Produkt bzw. Segment fokussiert haben. "Diese sind vor allem als möglicher Übernahmekandidat interessant. Immer mal wieder kam es zum Beispiel zu Übernahmespekulationen bezüglich Burberry", so Ernst. Auch Moncler sei hier zu nennen. Bei den italienischen Traditionsunternehmen kommt Salvatore Ferragamo aus dem Bereich der Luxusschuhe, während Prada ursprünglich auf Lederwaren fokussiert war. Beide Segmente werden herkömmlich bei Tod’s vereint. Die Marke Cucinelli legt den Fokus auf Premium-Strickwaren.
Mit Ausnahme der Aktien von Moncler (+261% in fünf Jahren) und Cucinelli (+183%) haben sich jedoch alle Aktien auf Fünf-Jahres-Sicht eher unterdurchschnittlich entwickelt. "Weltweit bekannte Marken sowie Skaleneffekte sind gerade im Luxussektor wichtig und führen dazu, dass grosse weltweit bekannte Häuser wie LVMH oder Hermès sich tendenziell am besten entwickeln", erläutert Ernst.
Viel Potenzial biete E-Commerce im Luxussegment. Zum einen wächst der Luxusgütermarkt doppelt so schnell wie die Weltwirtschaft. Zum anderen ist die Online-Penetrationsrate mit 23% im letzten Jahr noch eine der niedrigsten innerhalb des E-Commerce-Bereichs. Zudem ist der Markt sehr fragmentiert. Farfetch konnte sich jedoch mittlerweile als grösste E-Commerce-Plattform für Luxusmode etablieren. Im Coronajahr 2020 wuchs der Umsatz um 64% auf 1,7 Mrd. US-Dollar. Aber auch im jetzigen Umfeld, in dem weltweit wieder nahezu alle Läden offen sind, ist das Umsatzwachstum mit 43% im 2. Quartal hoch.
"Zusammen mit Alibaba und Richemont will man nun auch in China eine Online-Plattform für Mode im höheren Preissegment etablieren. Alle drei Unternehmen wollen insgesamt 1,1 Mrd. US-Dollar hierfür investieren", sagt Ernst. Richemont kaufte 2018 die Online-Fashion-Plattform Yoox Net-à-Porter für 2,7 Mrd. US-Dollar, um im E-Commerce-Geschäft stärker Fuss zu fassen. "Jedoch zahlte sich der Kauf bislang nicht aus. Sowohl das Wachstum als auch die Margenentwicklung, verliefen enttäuschend", erklärt er weiter.
Andere grosse angesehene Luxushäuser wie LVMH setzen angesichts des hohen Markenbekanntheitsgrades fast ausschliesslich auf die eigene Website. In der Schweiz plante jüngst Chronext, eines der grössten Online-Uhrenportale, das die Echtheit der verkauften Uhren garantiert, seinen Börsengang. Kurzfristig wurde der IPO aber abgeblasen, "aufgrund der derzeit ungünstigen Marktbedingungen für Wachstumsunternehmen". Der Onlineanteil bei Uhren ist mit gut 10% erst halb so hoch wie im gesamten Luxusbereich. Zudem seien Uhren eigentlich prädestiniert für den Onlineverkauf. Vor allem bei gebrauchten Uhren ist es für potenzielle Käufer essenziell zu wissen, dass die Uhr echt ist und die Qualität stimmt.
Der Luxussektor hat sich dank stetig steigender Nachfrage aus Asien in den letzten Jahren überdurchschnittlich gut entwickelt. Hier bleibe abzuwarten, inwiefern sich die jüngsten stärkeren regulatorischen Eingriffe seitens der chinesischen Regierung sowie das nachlassende Wachstum negativ auf den Markt für Luxusgüter auswirken. "In der Regel ist die Nachfrage nach Luxusartikeln relativ unelastisch, daher dürfte dies erst bei härteren Massnahmen wie etwa der Einführung einer Luxussteuer zum Tragen kommen. Langfristig werden sich die erfolgreich wachsenden Luxuskonzerne mit ihren weltweit gut etablierten und renommierten Marken auf dem Markt behaupten", schätzt Ernst.