23.12.2024, 08:37 Uhr
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Auf beiden Seiten des Atlantiks herrscht eine ungewöhnlich hohe politische Unsicherheit. Und trotzdem bleibt die Volatilität an den Finanzmärkten moderat. Christian Hille, Global Head Multi Asset, Deutsche Asset Management, erläutert, wie das zusammenpasst.
Nach den überraschenden Wahlergebnissen des letzten Jahres und im Vorgriff auf weitere politische Risiken wie die französischen Präsidentschaftswahlen erweisen sich die Finanzmärkte als ungewöhnlich robust. Diese erstaunliche Tatsache sei auch einigen der weltweit wichtigsten Zentralbanker nicht entgangen, meint Christian Hille. So vermerkt die Bank of England in der jüngsten Veröffentlichung ihres Financial Policy Committee, dass sich das hohe Mass an Unsicherheit in vielen Industrieländern nicht vollständig in den Kursen oder in der tatsächlichen Marktvolatilität, die gedämpft bleibt, niederzuschlagen scheint. Auch die implizite Aktienmarktvolatilität bleibe trotz gelegentlicher vorübergehender Schwankungen niedrig. Gleichzeitig erscheinen die Aktienbewertungen gemäss Hille vor allem in den Vereinigten Staaten unverändert hoch, und die Positionierung vieler Anleger sei nicht gerade vorsichtig.
Taktisches Management gibt den Ausschlag
Vor diesem Hintergrund beleuchtet Hille zwei Aspekte: Der eine behandelt die Positionierung der Multi-Asset-Portfolios. Die Volatilität verharrt auf historisch niedrigem Niveau und bietet unverändert Chancen für lange Derivategeschäfte, um von als unwahrscheinlich angesehenen Ereignissen zu profitieren. Die Prognosen der Deutsche Asset Management reflektieren für viele Assetklassen nur moderate Total-Return-Aussichten. Die Makrodaten sind derzeit relativ positiv, trotz erster Anzeichen überzogener Erwartungen bei den Indikatoren wirtschaftlicher Überraschungen. So sieht die Deutsche Asset Management auf Jahressicht ausgehend vom aktuellen Niveau für Aktien Gewinne nur im mittleren einstelligen Bereich. Direktional wird versucht, das Gesamtrisiko im Lauf des Quartals zu reduzieren.
"Dies impliziert jedoch nicht eine sofortige Risikoverringerung", betont Hille. "Stattdessen handeln wir konträr, um taktische Anpassungen vorzunehmen. Weiterhin robuste Märkte machen eine gewisse Korrektur umso wahrscheinlicher. Auf eine derartige Korrektur würden wir mit Zukäufen reagieren. Besonders Europa könnte sich als gut positioniert erweisen, wenn politische Risiken weiter schwinden. Hier den richtigen Zeitpunkt zu finden, ist natürlich nie leicht", meint er. Dies bringt ihn zum zweiten Aspekt, der sich auf die längerfristig erwartete Volatilität bezieht.
Relativ ruhig vorerst
Bei der tatsächlich realisierten Volatilität an den Aktienmärkten und verwandten Segmenten ist seiner Meinung nach in den letzten Jahren ein deutlicher Abwärtstrend zu beobachten. "Eine plausible Erklärung hierfür liefert die Geldpolitik. Investoren haben sich daran gewöhnt, dass die Zentralbanken bei Marktturbulenzen eingreifen. Dies führte zu historisch niedrigen Zinsen und hohen Aktienmarktbewertungen wodurch das künftige Ertragspotenzial zwangsläufig geschmälert wird", erläutert er. So ist unmittelbar nach der ersten Zinserhöhung der Fed die Volatilität an den Anleihemärkten bereits gestiegen.
Somit dürften die Staatsanleiherenditen vorerst, wenn auch moderat, steigen, sobald die Zentralbanken die ersten Schritte zum Ausstieg aus der ultralockeren Geldpolitik einleiten. Unternehmensanleihen dürften unterstützt bleiben, da die Renditejagd unvermindert anhält. "Liquidität ist nach wie vor der Schlüssel zum Erfolg; deshalb bevorzugen wir eine Barbell-Strategie bei festverzinslichen Anleihen mit erhöhter Cash-Allokation auf der einen Seite und höher rentierlichen Anlagen wie Schwellenländer-Anleihen auf der anderen", hält er fest.
Aus längerfristiger Sicht ist die Tatsache, dass sich sogar die Zentralbanker selbst über die von ihnen mitverursachte niedrige Volatilität wundern, gemäss Hille kaum positiv zu deuten. Die Anlegernachfrage nach Ertragswerten dürfte die höhere Volatilität etwas ausgleichen. Niedrige Volatilität liefere ausserdem kaum taktische Hinweise. Sie könnte Anleger dazu veranlassen, entweder zu früh konträr zu handeln oder zu spät, mit ernsthaften Auswirkungen auf das Portfoliorisiko. "Dabei darf nie vergessen werden, dass weder Zentralbanken noch andere politische Entscheidungsträger Risiko auf alle Zeit beseitigen können", betont der Multi-Asset-Spezialist.