05.11.2024, 11:15 Uhr
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Die Nachwehen der Corona-Pandemie werden uns noch lange beschäftigen. Aber die Zeichen stehen auf Aufschwung – auch dank Investitionen in eine klimaneutrale Wirtschaft, meint Felix Brill von der VP Bank.
Die erste Welle der Corona-Pandemie hat die Weltwirtschaft einstürzen lassen. Das reale US-Bruttoinlandprodukt (BIP) brach im zweiten Quartal um über 8 % ein. Seit dem zweiten Weltkrieg wurde in keinem anderen Quartal ein annähernd starker Einbruch verzeichnet, auch nicht während der Finanzkrise. Weltweit wurden Hilfspakete für Unternehmen geschnürt. In der EU wurden die Ausgaben für die Krisenbewältigung mit dem zuvor beschlossenen Green Deal verknüpft. "Erneut wirken Geld- und Fiskalpolitik Hand in Hand. Es sind Massnahmen wie diese, die trotz des Pandemieverlaufs die Zuversicht stärken und eine rasante Erholung ermöglichen", sagt Felix Brill, Chief Investment Officer (CIO) der VP Bank.
Die Konjunkturumfragen zeigen, dass sich die Stimmungslage seit dem Frühjahr deutlich aufgehellt hat. In der Industrie sind die Unternehmen in den USA und Europa derzeit zuversichtlicher als vor einem Jahr oder als im Durchschnitt der letzten 15 Jahre. In der Dienstleistungsbranche ist die Konjunktur-Zuversicht zwar verhaltener. Aber auch hier hat sie sich seit Frühjahr verbessert.
Das ist eine Voraussetzung dafür, dass Unternehmen auf Eis gelegte Investitionsvorhaben wieder angehen oder sogar neue ins Auge fassen. "Investitionen machen zwar einen deutlich geringeren Anteil an der gesamtwirtschaftlichen Nachfrage aus als der Privatkonsum. Aber sie waren über die letzten 30 Jahre genauso wichtig wie der Privatkonsum", betont Brill. Nehme man nur die Wendepunkte im Konjunkturverlauf, also wenn es in Richtung Rezession ging oder ein Aufschwung nach der Rezession einsetzte, dann spielten die Investitionen sogar die erste Geige. An diesen Übergängen im Konjunkturverlauf komme darüber hinaus den Staatsausgaben eine wichtige Funktion zu. Staatsausgaben und -investitionen sollten meist antizyklisch und damit in schwierigen Phasen stabilisierend wirken. In der Corona-Krise stehen erneut Konjunkturpakete im Vordergrund. Im Vergleich zur Finanzkrise 2008/09 geht es den Politikern diesmal auch um emissionsarmes Wachstum. Jeder Staatseuro, und jeder Staatsfranken, der heute investiert wird, muss unter dem Gesichtspunkt der Klimaneutralität bis 2050 angeschaut werden.
Wie Brill weiter feststellt, macht Europa mit seinem Green Deal vorwärts, auch in China, dem grössten CO2-Verursacher, steht das Thema Klima inzwischen ganz oben auf der Agenda. Und unter dem neuen US-Präsidenten Joe Biden dürften die USA das Pariser Klimaabkommen erneut unterzeichnen. Also werden dort auch Investitionen geplant, die zu einer grüneren Wirtschaft führen.
"Der Staat allein wird es allerdings nicht schaffen, die Klimaziele zu erreichen, aber er kann Anreize setzen", sagt Brill. Der Staat habe dabei mehr Hebel zur Verfügung als nur direkte Investitionen. Besonders deutlich sei das beim "EU Action Plan for Sustainable Finance" zu sehen, wo über die Regulierung Anreize für den Finanzsektor gesetzt werden. Nehme man langfristige Trends wie die Verbreitung der Elektromobilität hinzu, werde klar, dass der nächste Aufschwung nicht nur in der Mache ist, sondern ganz klar grün sein werde.
"Es gibt auch Risiken. Corona hat gezeigt, dass sich externe Schocks nicht vorhersehen lassen. Nicht ausgeschlossen ist etwa eine dritte Welle der Pandemie, wie sie unter anderem auch bei der Spanischen Grippe vor gut 100 Jahren verzeichnet worden war", gibt der CIO zu bedenken. Wie nach der Finanzkrise gelte zudem das Augenmerk den im öffentlichen Sektor deutlich gestiegenen Schulden. Längerfristig ergebe sich auch aus dem Nichtstun gegen den Klimawandel ein Risiko, das sich allerdings nur schwer in Zahlen fassen lasse.
Die zweite Ausgabe 2020 des Investment-Magazins Teleskop der VP Bank widmet sich dem grünen Aufschwung.
Hinzu komme, dass der Aufschwung nicht nur Gewinner hervorbringen werde. "Strukturelle Veränderungen werden für Unternehmen, Branchen und Regionen zur Herausforderung. Solche Veränderungen werden besser zu verkraften sein, wenn sich das wirtschaftliche Umfeld erholt. Die Chancen für einen Aufschwung stehen gut, wie das Probit-Modell zeigt. Mit einer Wahrscheinlichkeit von über 99 % (Stand: November), wird es in den nächsten zwei Jahren konjunkturell nach oben gehen. Das bietet aus Anlegersicht interessante Möglichkeiten", ist Brill zuversichtlich.