23.11.2024, 12:00 Uhr
Matt Quinlan, Portfoliomanager bei der Franklin Equity Group, erläutert die entscheidende Rolle, die Dividenden bei der Steigerung der Gesamtrendite und bei der Verringerung der Gesamtvolatilität für Aktienanleger...
In der deutschen Konjunkturanalyse herrscht aktuell Verwirrung: Die beiden wichtigsten Indikatoren das IFO-Geschäftsklima und der Einkaufsmanagerindex (EMI) der Industrie zeigen in gegenläufige Richtungen. Die negative Botschaft hält dabei der EMI des verarbeitenden Gewerbes bereit.
Im April ist das Barometer nicht nur zum dritten Mal in Folge gefallen, sondern hat mit 46,3 (nach 48,4) Punkten sogar einen fast dreijährigen Tiefststand markiert. Ein solch niedriges Niveau deutete in früheren Zeiten stets auf eine rückläufige Industrieproduktion hin. Anders sieht es beim IFO-Index aus. Hier hat sich der Aufwärtstrend wenn auch zuletzt mit abnehmender Dynamik bis in den April unverdrossen fortgesetzt. Die Umfrage legt somit eine konjunkturelle Belebung nahe und das Niveau des Indikators befindet sich klar im Bereich positiven Wachstums. Welcher Index hat recht?
Eine Ursache für die widersprüchlichen Signale liegt sicherlich in der unterschiedlichen Fragetechnik beider Erhebungen. So werden die Unternehmen bei der Einkaufsmanagerumfrage ganz konkret nach der jüngsten Produktions-, Auftrags- und Beschäftigungsentwicklung befragt. Die separat ermittelten Teilindices werden dann zu einem Gesamtindex zusammengefasst. Obwohl die Unternehmen eigentlich die Vormonatsveränderung beschreiben sollen, verdeutlicht eine auffallend hohe Korrelation des EMI zur Vorjahresveränderung (in %).
Offenbar ist das Denken in Vorjahresvergleichen, die auch bei der Präsentation von Geschäftsberichten üblich ist, in vielen Unternehmen so präsent, dass sie den Vormonatsvergleich völlig in den Hintergrund drängt.
Indikatoren getrennt beobachten
Auf das gegenwärtige Umfeld bezogen bedeutet dies, dass der Abwärtstrend im Einkaufsmanagerindex eine rückläufige Tendenz in der Jahresrate der Industrieproduktion vorzeichnet. Daraus folgt aber nicht automatisch eine anhaltende Schrumpfung der industriellen Erzeugung im Vergleich zum Vormonat oder Vorquartal.
Dies gilt umso mehr als das 1. Halbjahr 2011 sehr dynamisch verlief. Zwischen Dezember 2010 und Juli 2011 betrug das Produktionsplus 6,5%, was einer annualisierten Rate von 12,2% entspricht. Von einer solchen Dynamik ist die deutsche Wirtschaft in diesem Jahr meilenweit entfernt. Realistisch erscheint stattdessen einen Produktionszuwachs von lediglich 2% zwischen Dezember 2011 und Juli 2012 (annualisiert 3,7%), wobei für die nächsten Monaten ein leicht anziehender Ausstoss unterstellt ist. Aufgrund der kräftigen Basiseffekte resultiert daraus im Vorjahresvergleich ein Abwärtstrend. Nach der Einschätzung von Bantleon sollte die Jahresrate ausgehend von -0,9% im Februar auf einen Tiefpunkt von knapp -3,0% im Juli zusteuern. Mithin steht ein solches Szenario im Einklang mit dem derzeitigen Trend im Einkaufsmanagerindex.
Anders als beim EMI sind die Fragestellungen bei der Ermittlung des IFO-Index weniger konkret. Die Unternehmen sollen ganz allgemein ihr Urteil zum aktuellen Umfeld und zu den Perspektiven in den kommenden sechs Monaten abgeben. Beide Bewertungen fallen derzeit mehrheitlich positiv aus. Auch dies spricht für eine gegenwärtig zumindest leicht anziehende Geschäftstätigkeit.
Die aktuelle Divergenz von IFO und EMI liesse sich also folgendermassen auflösen: Der EMI signalisiert, dass das Expansionstempo schwächer als im Vorjahr ausfällt. Der IFO-Index unterstreicht hingegen primär die Erholung vom Konjunktureinbruch Ende 2011.
Exportumfeld derzeit durchwachsen
Ein alternativer Erklärungsansatz zur Beseitigung des Widerspruchs setzt vor allem an der unterschiedlichen Struktur der Indikatoren an. Demnach kommen im IFO-Geschäftsklima stärker die derzeit positiven binnenwirtschaftlichen Kräfte zur Geltung. Zum einen, weil in die Umfrage traditionell auch die Einschätzung der Bauwirtschaft sowie des Gross- und Einzelhandels einfliessen.
Zum anderen werden im Rahmen der IFO-Erhebung deutlich mehr Kleinunternehmen befragt eine Folge des grösseren Stichprobenumfangs (7'000 versus 400 Unternehmen). Dieser Gedanke wird durch das KfW-IFO-Mittelstandsbarometer gestützt, mit dem das Geschäftsklima speziell der kleinen und mittleren Unternehmen (weniger als 500 Beschäftigte) erfasst wird. Gemäss diesem Indikator hat sich zuletzt bei den Kleinunternehmen die Stimmung stärker aufgehellt als bei den Grossunternehmen.
Letzteres lässt sich wiederum darauf zurückzuführen, dass die Abhängigkeit vom Ausland mit steigender Betriebsgrösse zunimmt und das aussenwirtschaftliche Umfeld sich derzeit weniger günstig darstellt als die binnenwirtschaftliche Lage. Positiven Impulsen aus den USA und den Schwellenländern stehen negative Impulse aus den Euroländern gegenüber. Besonders prägnant kommt dies in der deutschen Auftragsstatistik zum Ausdruck. Demnach hatten bis Februar noch die negativen Effekte der Eurozone die Oberhand behalten.
Somit lässt sich die im Vergleich zum IFO-Index schwächere Entwicklung des EMIs auch mit der höheren Gewichtung des derzeit durchwachsenen aussenwirtschaftlichen Umfelds erklären.
In den nächsten Monaten stehen die Chancen indes gut, dass sich das Konjunkturbild wieder vereinheitlicht. Insbesondere rechnen wir damit, dass die Auftriebskräfte aus den USA und den Schwellenländern weiter zunehmen, während gleichzeitig der Gegenwind in der Eurozone nachlässt. Per saldo würden vom Export eindeutig positive Schubkräfte ausgehen, was sich dann auch im Einkaufsmanagerindex entsprechend bemerkbar macht.