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Indiens Konsum-Boom treibt Aktien an

Tim Love, Investment Director für Schwellenländeraktien bei GAM.
Tim Love, Investment Director für Schwellenländeraktien bei GAM.

Mit einem Wachstum von rund 25% zählten Indiens Aktienmärkte im vergangenen Jahr zu den Top-Performern in den Schwellenländern. Tim Love, Investment Director für Schwellenländeraktien bei GAM, ist davon überzeugt, dass die jüngsten politischen Reformen und eine wachsende, zahlungsfreudige Mittelschicht diese positive Entwicklung weiter vorantreiben könnten.

21.11.2017, 10:48 Uhr

Redaktion: elt

Gemäss Tim Love, Investment Director für Schwellenländeraktien bei GAM, wurde Indien bislang weltweit als starker Akteur in den Bereichen Generika, Beratungsdienstleistungen und Autoteile wahrgenommen. "Nach dem Reformprogramm von Ministerpräsident Modi bieten jetzt breitere Bereiche der konsumorientierten Wirtschaft attraktive Risiko-Rendite-Profile, unter anderem Portfolio-Engagements in den Bereichen Hochzeiten, Süsswaren, Bollywood, Luxusreisen und Motorroller", sagt Love.

Kauffreudigkeit beflügelt die Aktien
Inder geben im Durchschnitt etwa ein Fünftel ihres lebenslang ersparten Vermögens für die Hochzeit ihres Sohnes oder ihrer Tochter aus. Gemäss Love, wuchs die Branche im Vergleich zum Vorjahr von 25% auf 30% an. Weiter werde der Markt bis 2019 voraussichtlich einen Wert von 50 Milliarden US-Dollar erreicht haben. Hier bieten sich gleich mehrere Anlagechancen – die attraktivste läge jedoch in der Goldindustrie. "In Indien werden Hochzeitspaare traditionell mit Gold beschenkt. Allein diese Branche setzt pro Jahr über 400 Tonnen Gold um. Dementsprechend rechnen wir mit ausserordentlichen Transaktionswerten am Goldmarkt, sollte das geschätzte Wachstum des Hochzeitsbereichs weiter anhalten", so Love.

Die Hochzeitsbranche ist laut dem Experten aber nicht die einzige, die nie gekannte Höhen erreichen dürfte: "Indische Aktien werden von einer riesigen, jungen und zahlungskräftigen Mittelschicht unterstützt, die ihr Geld gerne für Luxusartikel ausgibt. Süsswaren sind kein Luxus mehr, den man sich einmal im Jahr leistet, sondern ein Genuss, den sich Inder jetzt regelmässig gönnen", fährt Love fort. Ein durchschnittlicher britischer Konsument kaufe derzeit sechs Kilo Schokolade im Jahr, Inder dagegen leisteten sich derzeit im Durchschnitt lediglich 0,15 Kilogramm. In Verbindung mit dem Konsumwachstum von 13% im Jahresvergleich böte dies eine Chance. Selbst die hohe Umsatzsteuer von 28% auf die süsse Ware habe die Nachfrage bislang nicht dämpfen können.

Bollywood und Reisen
Die indische Reise- und Tourismusbranche habe unterdessen einen Umsatz von 112 Milliarden US-Dollar und damit rund 7.5% des indischen Bruttoinlandproduktes erreicht. Love nimmt an, dass sich dieser Wert bis 2024 verdoppeln wird. Indische Reiseunternehmen profitierten von der wachsenden Anzahl der nunmehr zur Mittelschicht gehörenden Inder, die im Urlaub ins Ausland reisten.

Die unter dem Begriff Bollywood bekannte indische Filmbranche dürfte ebenfalls explosionsartig weiterwachsen. Bollywood produziert mehr als doppelt so viele Filme wie das US-Pendant Hollywood, nämlich rund 800 pro Jahr. Die Branche zählt über zwei Milliarden leidenschaftliche Kinogänger. "Derzeit gehen 1.4% der indischen Bevölkerung regelmässig ins Kino und geben dabei jedes Mal das Äquivalent eines Tagesverdienstes aus. Kombiniert man dies mit dem prognostizierten Wachstum von rund 30% bis 2020 und dem Anstieg des verfügbaren Einkommens der Mittelschicht, ist hier ein ausserordentliches Umsatzwachstum zu erwarten", so Love.

Wachstum durch mehr Mobilität
Zudem zählt Indien die weltweit grösste Zahl an Motorrollern: Sie waren mit rund 16,5 Millionen im Jahr 2016 das beliebteste Fahrzeug der Inder. Und der Umsatz der Branche wird laut Love weiter wachsen: "Motorroller ermöglichen eine komfortable Mobilität in verkehrsdichten Innenstädten und werden auch bei Pendlern aus ländlichen Dörfern schnell immer beliebter. Da die städtische Bevölkerung bis 2030 voraussichtlich auf 41% der Gesamtbevölkerung – derzeit 1,3 Milliarden mit einem Wachstum von 1.2% jährlich – anwachsen wird, dürfte dies eine hohe Nachfrage nach diesem Fahrzeugtyp sicherstellen."

Attraktiv, aber nicht frei von Herausforderungen
Die fundamentale Stärke der indischen Wirtschaft und attraktive Bewertungen machten Indien zu einem attraktiven Ziel für Investoren. Mit der kürzlich in Kraft getretenen Waren- und Dienstleistungssteuer (GST) habe die indische Wirtschaft einen wichtigen Meilenstein erreicht, der die Aktienmärkte bereits angekurbelt habe. Laut Aussagen des IMF werde die GST mittelfristig für einen Anstieg der indischen BIP-Wachstumsrate von derzeit 6.5 auf 8% sorgen.

Damit Indien jedoch auf lange Sicht ein attraktives Ziel für die Ansiedlung ausländischer Unternehmen bleibe, seien fortgesetzte Reformen der Corporate Governance und eine faire Behandlung ausländischer Unternehmen in historischen Steuerfragen erforderlich. "Indische Aktien als Anlageklasse sind nicht frei von Herausforderungen, doch bei einer umsichtigen Titelauswahl sollten sich damit weiterhin attraktive Erträge erzielen lassen", schliesst Love.

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