20.12.2024, 14:24 Uhr
Das neue Diätmittel CagriSema von Novo Nordisk ist zwar besser als das alte Mittel, aber nicht besser als die Konkurrenz. Das führt zu einem Kurssturz weil mehr erwartet worden war.
Christian Weber, Partner bei Communicators, spricht im Interview über die Anfänge der PR für Finanzprodukte, den Erfolg von investrends.ch und wieso man sich mit ESG-Themen als Asset Manager kaum mehr profilieren kann.
Hätten Sie vor 20 Jahren gedacht, dass Sie heute immer noch als Partner auf der Brücke von Communicators stehen?
Christian Weber: Am Anfang hatten wir natürlich schon die Idee, eine PR-Agentur schnell aufzubauen und dann noch schneller teuer zu verkaufen. Wir kamen ja 2001 geradewegs aus der Dotcom-Blase, da hat man mit weit dümmeren Ideen viel Geld gemacht (lacht). Spitzenreiter war damals Think Tools mit einem hirnrissigen Software-basierten Verfahren, das angeblich Entscheidungsprozesse revolutionieren sollte. Beim Börsengang 2001 machte die Firma mickrige 3 Millionen Franken Umsatz und war kurz darauf an der Börse 2,4 Milliarden wert. Der Kollaps folgte dann umgehend.
Soweit haben Sie es offenbar nicht geschafft.
Wir hatten zwar einen klingenden Namen, VIPR, aber fingen bei null an. Meinen Kapitalanteil für die Firmengründung musste ich mir borgen und das erste Büro war bescheiden, dafür lag es direkt am Hirschenplatz in Zürich. Das Aktienkapital haben wir, also ich und Mitgründer Ralph Spillmann, dann in den ersten Monaten als Lohn bezogen, bis wir die ersten Aufträge an Land ziehen konnten. Aber zurück zur ersten Frage: Bei der Firmengründung hatte ich schon vor, langfristig in der eigenen Firma zu bleiben.
Welches war ihr erstes Mandat?
In der zweiten Hälfte der 1990er Jahre betreute ich in einer Kommunikationsagentur als PR Director vor allem Investor Relations Mandate. Da ging es ziemlich ab an der Börse, es gab unzählige IPOs und die Bewertungen schossen durch die Decke. Ich habe unter anderem die Börsengänge von Komax, Straumann, Emmi, Feintool oder Actelion begleitet, damals das grösste Biotech-IPO Europas. Zum Teil haben wir mit millionenteuren schweizweiten Inseratekampagnen und mehrseitigen Hochglanz-Zeitungsbeilagen die Werbetrommel für neue Börsenkandidaten gerührt. Darauf wurde ich vom Verwaltungsratspräsidenten der CPH Chemie + Papier Holding angefragt, ob ich sie beim Aktientausch und dem Wechsel vom ausserbörslichen Handel ins Segment Local Caps der Schweizer Börse beraten könne. Die CPH-Gruppe wurde unser erster und gleichzeitig treuster Kunde, denn wir dürfen auch heute noch für sie arbeiten. 2014 bin ich zum Head of Corporate Communications der CPH ernannt worden. Es ist ein supertolles und spannendes Mandat.
Wollten Sie denn eine Agentur für Investor Relations gründen?
Das war nicht unser primäres Ziel, obwohl wir immer wieder Mandate aus diesem Bereich haben. Ich kannte Ralph aus der Zeit anfangs der 1990er Jahre, als wir beim Aufbau des Fondsgeschäfts in Marketing und PR der Credit Suisse tätig waren. Damals hatten wir die Idee, ein Fondsmagazin zu gründen. Als ehemalige Finanz- und Wirtschaftsjournalisten hatten wir verlegerische Ambitionen, die wir aber erst später realisieren konnten. Vor 20 Jahren gab es im Asset Management ein grosses Potenzial für ausländische Anbieter, die langsam in der Schweiz Fuss fassten. Sie hatten meist einen Sales-Verantwortlichen, der von irgendwoher zur Marktbearbeitung angeflogen kam, aber vor Ort war kaum jemand und für Kommunikation schon gar nicht. Das war unsere Zielgruppe. Produkte-PR stand in der Finanzindustrie erst am Anfang. Die Medien hatten einen grossen Informationsbedarf und Expertenmeinungen zu Invest-Themen waren gefragt. Es gab damals keine Kommunikations-Agentur, die sich auf Geld- und Finanzthemen verstand.
Also haben Sie begonnen, ausländische Asset Manager zu beraten?
Wir haben damit angefangen, Journalisten zu Präsentationen und Road Shows von Fondsmanagern einzuladen. Es war damals schon fast revolutionär, dass man persönlich mit Spezialisten zu bestimmten Anlagethemen sprechen konnte. Zu Präsentationen des Schwellenmarkt-Anlagegurus Mark Mobius oder des Value Investors Jeremy Grantham kamen manchmal zehn Medien inklusive das Fernsehen. Für Kunden wie Nordea Asset Management haben wir Pressereisen zu Investmentkonferenzen nach Stockholm und Kopenhagen organisiert. Pioneer Investments veranstaltete damals Events für mehrere hundert Kunden in Venedig oder Wien, zu denen dutzende Journalisten aus der ganzen Welt eingeflogen wurden.
Das zieht wohl heute nicht mehr?
Heute herrscht ein Überangebot an Informationen. Obwohl die Börsen boomen, haben sich die klassischen Medien weitgehend von den Anlagethemen verabschiedet. Diese finden jetzt online in Special Interest Gefässen wie hier auf investrends.ch statt. Und je grösser das Informationsangebot, desto mehr ist guter Content das A und O für den Erfolg.
Und was sind gute Inhalte?
Investoren suchen eigenständige Meinungen zu aktuellen Themen. Im Moment reiten fast alle Anbieter die ESG-Welle. Es steht ausser Frage, dass die Finanzindustrie mit nachhaltigen Investments eine wichtige Verantwortung wahrnimmt. Aber wenn ein Thema im Mainstream angekommen ist, und das ist ESG definitiv, wird es schwierig, sich damit gegenüber Mitbewerbern zu profilieren. Die Kommunikation der Finanzindustrie ist in den letzten Jahren viel professioneller geworden. Es gibt heute bei allen grösseren Asset Managern zentrale Marketing- und PR-Teams, die die Aktivitäten europaweit koordinieren, Inhaltsschwerpunkte festlegen, Content erstellen und auch die verschiedenen Kommunikationskanäle bespielen. Langsam setzt sich die Erkenntnis durch, dass es keine Rolle spielt, auf welchem Weg die Message beim Zielpublikum ankommt, ob über die Kanäle paid, earned, oder owned.
Heisst das, sie setzen schon lange auf paid?
Wie gesagt, es macht keinen Unterschied, Hauptsache die Botschaft kommt ans Ziel. Schon in den Nuller-Jahren haben wir unbezahlte Fachartikel in Specials der Zeitungen platziert und gleichzeitig die eigenen Anlagetrends-Magazine als bezahlte FuW- und Bilanz-Beilagen zu Themen wie Fonds, Vorsorge und strukturierten Produkten herausgegeben. Die Magazine haben wir 2007 in den Verlag Publicontext ausgegliedert und das Onlinemagazin fondstrends.ch gestartet, um der Fondsindustrie auch im Internet eine Plattform zu verschaffen. Bis 2018 konnte ich nebenbei als Chefredaktor von Fondstrends meine journalistische Leidenschaft ausleben und austesten, was Online funktioniert und was nicht. 2019 haben wir den Fokus erweitert und die Newsseite in investrends.ch umbenannt. Heute wird investrends.ch von über 30 Partnerunternehmen aus der Asset-Management-Industrie getragen. Das Konzept ist erfolgreich und wurde mittlerweile auch von Anbietern in der Westschweiz kopiert.
Was ist aus VIPR geworden?
Wir haben uns 2007 mit der damaligen PIAR, einer anderen Agentur mit einem Buchstabensalat-Namen, zusammengeschlossen und daraus Communicators geformt. Mittlerweile ist nach den Gründern bereits die zweite Partnergeneration mit Peter Manhart, Martin Arnold und Maurice Desiderato im Einsatz. Der Name Communicators ist im Markt gut etabliert und wir können auf ein hervorragendes Team von Beraterinnen und Beratern zählen.