23.12.2024, 08:37 Uhr
Der Spezialkunststoff-Hersteller Gurit will sich künftig ganz auf profitablere Regionen und Geschäftsbereiche konzentrieren. Im Zuge der angekündigten Restrukturierung sollen Werke in Dänemark, Indien und der...
Laut Bantleon-Experte Daniel Hartmann dürfte es sich bei der Griechenland-Krise lediglich um einen temporären Belastungsfaktor handeln. Dank freundlicher Rahmenbedingungen sollte das Wachstum in der Eurozone im 2. Halbjahr 2015 weiter anziehen. Lesen Sie mehr im aktuellen Marktkommentar.
"Die Griechenlandkrise ist derzeit das beherrschende Thema an den Finanzmärkten. Auch in konjunktureller Hinsicht stellen die Turbulenzen um Hellas ein Risiko dar. Zum Ende des 2. Quartals haben sich die Stimmungsindikatoren der Eurozone nicht zuletzt deshalb leicht eingetrübt. Wir gehen jedoch davon aus, dass es diesen Monat zu einer Entscheidung in die eine (Grexit) oder andere (Verbleib im Euro) Richtung kommt. Dementsprechend dürfte es sich bei der Griechenlandkrise lediglich um einen temporären Belastungsfaktor handeln und das Wachstum der Eurozone im 2. Halbjahr 2015 weiter anziehen, wofür die freundlichen fundamentalen Rahmenbedingungen sprechen.
Bis zuletzt verlief der Aufschwung in der Eurozone nach Plan: Das Wachstum hat sich zwischen dem 2. Quartal 2014 und dem 1. Quartal 2015 schrittweise von 0,1 auf 0,4% beschleunigt. Dabei half vor allem die robuste Binnennachfrage. Dass der private Verbrauch angesichts des Ölpreisverfalls solide expandierte, war dabei weniger verwunderlich als die Erholung bei den Investitionen. Hier scheint selbst in Ländern wie Italien der Bann gebrochen zu sein. Im 2. Quartal 2015 mischten sich in die allgemeine Aufbruchstimmung allerdings wieder einige Misstöne. Ursachen dafür waren zum einen das Fehlen neuer makroökonomischer Impulse (der Ölpreis- und Euroverfall setzten sich nicht weiter fort), zum anderen die Nachfrageschwäche in Asien und die Griechenlandkrise. Deshalb flachte sich der zuvor steile Aufwärtstrend in den Konjunkturbarometern seit April ab.
Trotz dieser Störungen deuten die ersten realwirtschaftlichen Daten für das 2. Quartal darauf hin, dass beim Expansionstempo das Niveau des 1. Quartals gehalten wird. So bleibt die Binnennachfrage auf Wachstumskurs und selbst vom Aussenhandel sollte wieder ein kleiner positiver Impuls ausgehen. Für das 2. Halbjahr sind wir ohnehin optimistisch. Nach der Verschnaufpause im 2. Quartal dürfte das Wachstum im 3. Quartal erneut anziehen und bis Anfang 2016 auf vergleichsweise hohem Niveau etwa 0,5% pro Quartal verharren. Dafür sprechen nicht nur unsere eigenen Frühindikatoren, die einen markanten Vorlauf vor den öffentlich verfügbaren Indizes haben, sondern auch gute fundamentale Gründe. Vor allem gehen wir davon aus, dass sich das aussenwirtschaftliche Umfeld im 2. Halbjahr 2015 deutlich freundlicher präsentieren wird als im 1. Halbjahr.
Den Exporteuren der Währungsunion spielt darüber hinaus nach wie vor die Wechselkursentwicklung in die Hände. Trotz der jüngsten Erholung bleibt der Euro deutlich niedriger bewertet als im Durchschnitt des Vorjahres um 10% gegenüber den 20 wichtigsten Währungen. Erfahrungen zeigen, dass sich Verbesserungen in der preislichen Wettbewerbsfähigkeit erst nach einer zeitlichen Verzögerung von drei bis vier Quartalen voll entfalten. Deshalb rechnen wir trotz des schleppenden Beginns für 2015 noch mit einem Exportwachstum von 4,5%, womit die drei Vorjahre (durchschnittlich knapp 3,0%) übertroffen würden. Gestützt wird die Konjunktur auch von zunehmenden Investitionen in Maschinen und Anlagen sowie von gelockerten Kreditkonditionen.
Dabei ist zu beobachten, dass die Investitionen nicht vom Schuldenabbau der Unternehmen gebremst werden. Spanien schafft vielmehr beides: Seit Anfang 2013 wurden die Investitionen in Maschinen und Anlagen um knapp 30% gesteigert, gleichzeitig sank die Unternehmensverschuldung von 134 auf 109% des BIP. Ermöglicht hat dies die deutliche Verbesserung der Ertragslage spanischer Unternehmen (unter anderem wegen sinkender Reallöhne). Die Peripheriestaaten sollten auch in den nächsten Quartalen den schwierigen Balanceakt zwischen Schuldenabbau und Investitionsbelebung meistern. Hinzu kommt, dass alle südeuropäischen Länder sowie Irland weiterhin Nachholbedarf bei der Anschaffung von Kapitalgütern haben. Liegt doch das Niveau der Ausrüstungsinvestitionen immer noch 10 bis 30% unter dem Stand von 2007. Auch Deutschlands Investitionen liegen noch ein Stück unter dem Vorkrisenniveau, während das BIP bereits 6% höher ist als die Wirtschaftsleistung des Jahres 2007.
Wen die positive Einschätzung zu den Investitionen nicht überzeugt, dem empfehle ich einen Blick auf den Konsum. Nicht nur beim Immobilienerwerb haben die Verbraucher ihre Lethargie abgestreift, noch mehr gilt dies für andere langlebige Konsumgüter. Die Pkw-Verkäufe der Eurozone lagen zuletzt zwischen 5 und 10% über dem Vorjahresniveau. Daran dürfte sich in den nächsten Monaten wenig ändern Verbraucherumfragen zufolge bewegt sich die Anschaffungsneigung in der Nähe 15-jähriger Höchststände. Das Umfeld für den Konsum ist also unverändert freundlich. Dazu dürfte auch das Einkommenswachstum beitragen, das vor allem in Deutschland (wegen steigender Löhne) und Spanien (wegen zunehmender Beschäftigung) kräftig anzieht.
Fazit: Der Konjunkturausblick für das 2. Halbjahr 2015 ist durchweg positiv der Aufschwung geht weiter. Der Export sollte sich aus dem Phlegma der vergangenen Quartale befreien, der Investitionszyklus an Tempo gewinnen und die Konsumnachfrage robust bleiben. Die Jahresrate des BIP-Wachstums dürfte sich vor diesem Hintergrund sukzessive von 1% im 1. Quartal 2015 in Richtung 2% im 1. Quartal 2016 beschleunigen.
Aber Vorsicht: Trotz des derzeit positiven Ausblicks kündigen unsere Frühindikatoren bereits erste dunkle Wolken am Konjunkturhimmel an, die sich ab dem Frühjahr 2016 in den realwirtschaftlichen Daten bemerkbar machen sollten. Bis dahin ist jedoch noch genug Zeit, um an den Finanzmärkten attraktive Erträge zu erwirtschaften."