23.12.2024, 08:37 Uhr
Der Spezialkunststoff-Hersteller Gurit will sich künftig ganz auf profitablere Regionen und Geschäftsbereiche konzentrieren. Im Zuge der angekündigten Restrukturierung sollen Werke in Dänemark, Indien und der...
Jüngst hat sich einmal mehr gezeigt, wie disruptiv die Geldpolitik wirken kann: Die Fed kündigte eine einschneidende Abweichung von ihrem Normalisierungsplan an, die Zinsstrukturkurve wurde invers, das schürte Sorgen an den Märkten, stellt Kristina Hooper von Invesco fest.
Die Fed hat bei ihrer gelpdpolitischen Sitzung im März ihren Zinsausblick so angepasst, dass jetzt für 2019 keine weiteren Zinserhöhungen mehr vorgesehen sind, und sie hat eine Beendigung der Bilanznormalisierung im September in Aussicht gestellt. Dies hat die Frage aufgeworfen, wie schwach das globale Wachstum tatsächlich ist. Bei der Pressekonferenz hat der Fed-Vorsitzende Jerome Powell versucht, die Märkte zu beruhigen. So erklärte er, dass sich die US-Wirtschaft in einer guten Verfassung befände und der globale Abschwung nur moderat sei. "Diese Aussagen passen jedoch nicht zur dramatischen Kehrtwende, die die Fed in den vergangenen Monaten vollzogen hat", sagt Kristina Hooper, Chief Global Market Strategist bei Invesco. Innerhalb weniger Monate ist die Fed von der Bilanznormalisierung im Autopilot-Modus zur Rückführung und kurzfristigen Beendigung der Bilanzkonsolidierung übergegangen – und von drei Zinserhöhungen im Jahr 2019 zu keinem weiteren Zinsschritt. Die Fed Fund Futures signalisieren sogar eine 60-prozentige Wahrscheinlichkeit einer Zinssenkung bis zum Jahresende. Die inzwischen deutlich grösseren Wachstumssorgen der Marktteilnehmer spiegeln sich in den Treasury-Renditen wider, die Hooper für ein sehr viel besseres Angstbarometer hält als den VIX Index. Dadurch werde jetzt erwartet, dass andere Zentralbanken ebenfalls eine weichere Haltung einnehmen könnten.
Wie die Chefstrategin feststellt, war der Kurswechsel der Fed ein einschneidendes Ereignis und sollte für ein deutlich besseres Umfeld für Risikoanlagen sorgen. Allerdings gebe es ganz klar gewisse Ängste am Markt, die sich in den US-Staatsanleiherenditen widerspiegeln. Dass sich die Aktienmärkte in diesem Umfeld zunächst gut gehalten haben, sei keine Überraschung gewesen. Für Unterstützung sorgten hier laut Hooper die deutlich akkommodierendere Haltung der Fed und die Hoffnung, dass Powell mit seiner Einschätzung der wirtschaftlichen Lage in den USA und weltweit richtig liegt.
Dann kam es am Freitag, dem 22. März, zur Inversion der Zinsstrukturkurve. So kurz nach der dramatischen Kehrtwende der Fed sorgte das am Markt für erhebliche Nervosität, da sich die Investoren fragten, ob der globale Abschwung tatsächlich nur moderat ist. Verstärkt wurden diese Ängste durch schwache Daten aus Europa und anhaltende Sorgen über die US-chinesischen Handelsstreitigkeiten. Hooper ist weiterhin der Überzeugung, dass Zölle ein disruptiver geopolitischer Faktor sind, der eine erhebliche Bedrohung für die Weltwirtschaft darstellt. Sie zitiert ein altes Sprichwort: "Untaten fallen immer auf den Urheber zurück." In diesem Fall sind die Zölle die Untaten — die ersten negativen Folgen sind bereits erkennbar und es könnten noch mehr werden.
Hooper gibt zu bedenken, dass eine inverse Zinskurve keine Rezession auslöst – in den vergangenen Jahren aber ein guter Indikator dafür war, dass eine solche bevorstehen könnte. Diese Aussage ist allerdings mit einigen Vorbehalten behaftet. Erstens: Eine inverse Zinsstrukturkurve ist erst dann ein ernstzunehmender Hinweis auf eine Rezession, wenn sie rund drei Monate oder länger andauert — und nicht nur einen Tag. Hooper weist auch darauf hin, dass es häufig lange dauert, bis auf eine inverse Zinskurve eine Rezession folgt. "Der vielleicht wichtigste Punkt ist aber: Eine inverse Zinsstrukturkurve kann auch nur die Folge einer experimentellen Geldpolitik sein - denn die grossen Zentralbanken haben ihre heimischen Anleihemärkte völlig verzerrt", sagt sie. Es liessen sich noch zahllose weitere Vorbehalte nennen. Die einfache Faustformel sei also mit Vorsicht zu geniessen und sie sehe keinen Grund für Panik. "Ganz im Gegenteil: Ich glaube sogar, dass sich die Aktienmärkte in den nächsten Monaten positiv entwickeln könnten", meint sie optimistisch. Die akkommodierendere Haltung der Fed sollte für gute Unterstützung an den Risikomärkten sorgen — solange sich die Wirtschaftsdaten nicht gravierend verschlechtern.
Eine weitere potenzielle Quelle geldpolitischer Disruption kam laut der Chefstrategin letzte Woche hinzu, als US-Präsident Donald Trump seinen früheren Wahlkampfberater Stephen Moore, einen Dauerkritiker der Fed, für einen Sitz im Gouverneursrat der Fed nominierte. Moore hatte die Fed in der Vergangenheit erst für eine ultralockere Zinspolitik und im vergangenen Jahr dann für ihre Zinserhöhungen kritisiert. Er hat sich sogar dafür ausgesprochen, den Fed-Vorsitzenden Jerome Powell zu entlassen.
Hooper gibt zu bedenken, dass die Zentralbanken ins Visier der Politik geraten könnten und man sich Sorgen über eine mögliche Politisierung dieser Banken machen sollte, da eine solche Entwicklung sehr disruptiv sein kann und sich in der nächsten Krise als problematisch erweisen könnte. Moore hat viele Kritiker. Einer davon, der sich gegen seine Nominierung ausgesprochen hat, ist Greg Mankiw, Harvard-Professor und ehemaliger Chef-Wirtschaftsberater von Ex-US-Präsident George W. Bush. Moores Wechsel in das Führungsgremium der Fed muss erst noch vom Senat bestätigt werden. "Das dürfte kein ganz einfacher Prozess werden", meint Hooper.