23.11.2024, 12:00 Uhr
Matt Quinlan, Portfoliomanager bei der Franklin Equity Group, erläutert die entscheidende Rolle, die Dividenden bei der Steigerung der Gesamtrendite und bei der Verringerung der Gesamtvolatilität für Aktienanleger...
Es herrscht Einigkeit darüber, dass die EZB den Leitzins diese Woche senken wird. Um wie viel allerdings, darüber wird zurzeit noch spekuliert. Stephan Rieke, Leiter Investment Office Märkte bei ODDO BHF, wagt eine Prognose.
Die Zinssitzung des EZB-Rats am Donnerstag wird aller Voraussicht nach das Highlight der Woche sein. Die Erwartungen an die Akteure sind hoch: Die Märkte rechnen sowohl mit einer Zinssenkung als auch mit einer Wiederaufnahme der umstrittenen EZB-Anleihekäufe. Gerade die enttäuschenden Wirtschaftsdaten in der Eurozone sprechen für eine Lockerung der Geldpolitik. Welche Mittel wird der scheidende EZB-Präsident Mario Draghi also einsetzen, um der lahmenden Konjunktur des Euroraums einen frischen Impuls zu geben?
Über eine Leitzinssenkung sind sich die Marktteilnehmer einig. Die eigentliche Frage lautet, ob der Einlagesatz am 12. September von aktuell -0,4% um 10 oder 20 Basispunkte gesenkt werden wird. Aktuell stehen die aus den Geldmarktsätzen abgeleiteten Wahrscheinlichkeiten bei jeweils 50%. Stephan Rieke von ODDO BHF hält eine Zinssenkung um 20 Basispunkte auf -0,6% für die wahrscheinlichere Variante. Die ausgeprägte konjunkturelle Schwäche und der hohe Erwartungsdruck sprechen für einen grösseren Zinsschritt, der die Entschlossenheit der Währungshüter signalisieren würde.
Kommt es zu dieser Zinslockerung, dürfte der EZB-Rat ergänzend die Einführung des sog. «Tiering» beschließen. Die Einführung eines zusätzlichen Freibetrags bzw. einer Staffelung der Strafzinssätze auf die Einlagen der Banken bei der Notenbank würde es ermöglichen, die Auswirkungen der Kosten des (voraussichtlich weiter sinkenden) Einlagesatzes zu vermindern. Aktuell schlägt die Negativverzinsung dieser Guthaben bei den Kreditinstituten mit immerhin rund 7,5 Mrd Euro pro Jahr zu Buche. Die Staffelung würde den ohnehin angeschlagenen Bankensektor der Währungsunion entlasten bzw. die Belastungen ein wenig mildern. Gegen die indirekten Ertragseffekte infolge der widrigen Zinskonstellation hilft die Staffelung allerdings nicht.
Eine weitere Option stellt die quantitative Lockerung über eine Wiederaufnahme der Anleihekaufprogramme der EZB dar. Die Marktteilnehmer scheinen überwiegend davon auszugehen, dass die EZB diese Option ziehen wird. In jüngster Zeit äusserten sich jedoch einige EZB-Ratsmitglieder bemerkenswert zurückhaltend hinsichtlich einer Wiederbelebung der umstrittenen Kaufprogramme. Kritik kam von deutscher, niederländischer, österreichischer und estnischer Seite. Diese Notenbanker sehen im ausbleibenden Preisdruck keinen triftigen Grund für Anleihekäufe; bemerkenswerterweise warf aber auch der französische Notenbankchef Villeroy de Galhau die Frage auf, ob die Massnahme zum jetzigen Stand von Nöten ist, und reiht sich somit in die Reihe der Skeptiker ein. Das Gefüge hat sich für Mario Draghi somit geändert – bisher konnte der EZB-Präsident auf französische Unterstützung für die Anleihekäufe zählen.
Nichtsdestotrotz dürfte gemäss Rieke das Anleihekaufprogramm nach reaktiviert werden. Die Notenbanksitzung kommende Woche dürfte aber eher zur Vorbereitung bzw. Ankündigung genutzt werden – erfahrungsgemäß leistet die EZB genügend verbale Vorarbeit, ehe die ersten Käufe tatsächlich getätigt werden. Das Paket aus Zinslockerung und Ankündigung von Anleihekäufen wird den Aktienmärkten Riekes Einschätzung nach weiter Unterstützung liefern, gerade wenn auch die US-Fed an der Sitzung des Offenmarktausschusses am 18. September eine weitere Lockerung der Geldpolitik beschliessen sollte.
Da sich die EZB beim Kauf von EWU-Staatsanleihen Kauflimits entgegensieht, die bei einer Fortsetzung des Kaufprogramms näher rücken, ist eine Lockerung dieser Begrenzungen vermutlich nicht zu umgehen. Darüber hinaus dürfte die Notenbank auch Käufe von Unternehmensanleihen vorsehen – hier ist der Spielraum wesentlich grösser, wenn auch die Liquiditätssituation ein Problem darstellen könnte. Der Markt für EWU-Unternehmensanleihen hat ein etwaiges Kaufprogramm bereits eingepreist; sollte die EZB in diesem Punkt «enttäuschen», könnte es bei den Unternehmensanleihen zu einem signifikanten Renditeanstieg kommen, sowohl im Investment Grade- als auch High Yield-Bereich.