23.12.2024, 08:37 Uhr
Der Spezialkunststoff-Hersteller Gurit will sich künftig ganz auf profitablere Regionen und Geschäftsbereiche konzentrieren. Im Zuge der angekündigten Restrukturierung sollen Werke in Dänemark, Indien und der...
Die Covid-19-Krise stellt gemäss Ben Ritchie und Andrew Paisley von Aberdeen Standard Investments die Welt vor riesige Herausforderungen. Dennoch sehen sie langsam Licht am Ende des Tunnels. Auch die Märkte scheinen das Schlimmste überstanden zu haben. Daher ist ihrer Ansicht nach jetzt der richtige Zeitpunkt gekommen, in europäische Aktien zu investieren.
Der europäische Aktienmarkt nimmt nach Ansicht von Ben Ritchie, Head of European Equities, und Andrew Paisley, Head of Smaller Companies, in Sachen Tiefe und Liquidität weltweit noch immer einen Spitzenplatz ein und auch die europäische Wirtschaft kann in puncto Grösse mit den USA und China mithalten. Darüber hinaus sei Europa ein komplexes Gebilde aus verschiedenen Ländern, Währungen, Kulturen und Rechtssystemen. Diese Komplexität birgt ihrer Einschätzung nach auch Chancen.
"In der Vergangenheit hatten viele Anleger europäische Aktien aufgrund des enttäuschenden Wirtschaftswachstums und politischer Unsicherheitsfaktoren untergewichtet. Dabei wurde jedoch übersehen, dass es sich bei zahlreichen europäische Unternehmen tatsächlich um Global Player handelt», sagen die Aberdeen-Experten. In Bereichen wie Gesundheitswesen, Technologie und Basiskonsumgüter, in denen viele der weltweit führenden Unternehmen aus Europa stammen, spiele die Binnennachfrage nur eine untergeordnete Rolle. Vielmehr profitierten sie von weit verbreiteten strukturellen Trends wie Digitalisierung, einer alternden Bevölkerung oder dem Wachstum der Mittelschicht in den Schwellenländern.
"Fasst man alle Umsätze der börsennotierten grösseren Unternehmen zusammen, so werden 54% davon ausserhalb der Europäischen Union erwirtschaftet, allen voran in den USA und Asien. Das bedeutet, dass diese Firmen ungeachtet der Situation in ihren Heimatmärkten positive Erträge erzielen können», sagen die beiden Experten.
Aus der Komplexität Europas ergeben sich ihrer Meinung nach Anlagechancen bei Qualitätsunternehmen über das gesamte Spektrum der Marktkapitalisierungen hinweg. So zum Beispiel bei Small- und Mid-Cap-Unternehmen: Viele von ihnen seien Wegbereiter für eine weniger verschwenderische, grünere und digitalere Welt. Kleinere Unternehmen seien mittlerweile in allen Bereichen richtungsweisend – von der Lebensmittellieferung bis hin zur Fabrikautomatisierung. Zudem böten sie andere Ertragsquellen als Grossunternehmen und stellten somit eine wichtige Diversifikationsmöglichkeit im Rahmen eines breiter aufgestellten Portfolios dar.
Wie Ritchie und Paisley weiter ausführen, bewege sich trotz all dieser Vorteile das Bewertungsniveau von Small Caps im Vergleich zu Large Caps dennoch nahe historischen Tiefstständen. Sie würden auch von den Analysten nicht ausreichend abgedeckt. Dadurch würden sich beachtliche Möglichkeiten für aktive und gut informierte Anleger ergeben. Drei Themen werden nach Ansicht der beiden Experten die europäischen Märkte vorantreiben:
1. Europa ist Vorreiter des "verantwortungsbewussten Kapitalismus»:
Viele Unternehmen sind global führend im Hinblick auf ESG-Aspekte und schneiden im Durchschnitt besser ab als ihre internationalen Mitbewerber. Sie sind laut den Experten daher gut positioniert, um von der Entwicklung hin zu einer nachhaltigeren Welt zu profitieren. Europa könne bereits zahlreiche Branchenführer vorweisen, unter anderem Kingspan (Dämmung und Verkleidung), Ørsted (Windenergie) und Vidrala (Behälterglas).
2. Europäische Unternehmen sind im Hinblick auf geistiges Eigentum stark aufgestellt:
Aus der Konsolidierung im Industriesektor sind Giganten in extrem profitablen, schnell wachsenden und gut zu verteidigenden Nischen hervorgegangen. Daneben ist Europa die Heimat einiger der bekanntesten, etabliertesten und begehrtesten Verbrauchermarken der Welt, von denen viele von der langfristig steigenden Kaufkraft der Verbraucher in den Schwellenländern profitieren dürften. Hier stechen nach Ansicht der Experten unter anderem das italienische Modehaus Moncler und der französische Luxusmarkenkonzern LVMH hervor. Europa habe auch umfangreiche Kompetenzen im Gesundheitswesen entwickelt und führende Unternehmen auf den Gebieten Medizintechnik, Medikamentenentwicklung und Diagnosetests hervorgebracht.
3. Dank seiner historisch gewachsenen Fachkompetenz im verarbeitenden Gewerbe hält Europa eine starke Position bei der Entwicklung von Technologielösungen für die Industrie:
Nachdem die Region über Jahre hinweg den FAANG-Titeln bei der Entwicklung von Verbraucherplattformen hinterherhinkte, sehen Ritchie und Paisley nun grösseres Potenzial für Europa, wenn es darum geht, von der zunehmenden Digitalisierung der Industrie zu profitieren. Dadurch dürfte sich ihrer Einschätzung nach die Kluft gegenüber den USA im Hinblick auf die technologische Leistungsfähigkeit langsam schliessen. So ist das Schweizer Unternehmen Komax beispielsweise weltweit führend bei der Automatisierung der Kabelverarbeitung in der Automobilindustrie. Die von der Firma entwickelte Ausrüstung bietet Kunden die Möglichkeit, Kosten zu senken und die Produktionseffizienz zu steigern. Ein weiterer Weltmarktführer ist Nemetschek. Seine Ingenieurs -und Konstruktionssoftware ermöglicht es Unternehmen, effizienter zu arbeiten, Abfall zu vermeiden und Kosten zu sparen.