20.12.2024, 14:24 Uhr
Das neue Diätmittel CagriSema von Novo Nordisk ist zwar besser als das alte Mittel, aber nicht besser als die Konkurrenz. Das führt zu einem Kurssturz weil mehr erwartet worden war.
Nicolas Simar, Leiter der Equity Value Boutique bei ING Investment Management, erklärt im Interview aus welchen Regionen der Emerging Markets (EM) momentan die attraktivsten Dividendentitel stammen.
Warum kommt es generell zur Renaissance von Dividendenstrategien, nachdem seit den 90er Jahren diese Ertragskomponente von vielen Anlegern nicht beachtet wurde?
Nicolas Simar: Als Pionier für Dividendenstrategien hat sich unsere Hauptbotschaft in den letzten 15 Jahren nicht verändert: Dividenden sind auf lange Sicht die wichtigste Quelle für Aktienrenditen. Dieser Fakt hat jetzt an Bedeutung gewonnen, einerseits wegen den Bärenmärkten in 2000 und 2008 und andererseits aufgrund der anhaltenden Suche nach Rendite, ausgelöst durch weiterhin fallende Anleihezinsen.
Warum sollen Dividendentitel aus den Schwellenländern gerade jetzt attraktiver sein als die Titel aus den Industriestaaten?
Das Dividendenwachstum in den Emerging Markets ist strukturell höher und die Bewertungen sind so attraktiv wie seit mehreren Jahren nicht mehr.
Ist das Risiko nicht auch höher?
Ja, vor allem die Volatilität ist höher, allerdings wird ein langfristig höheres Risiko durch höhere Renditen entschädigt. Konzentriert man sich in den Emerging Markets aber auf Dividendentitel, kann man viele Aktien mit niedriger Qualität auslassen und das Risikoprofil des eigenen Aktienportfolios verbessern. Der historische Vergleich zeigt zudem, dass Aktien mit hoher Dividende solche mit niedrigerer auch in den Emerging Markets übertreffen. Schlussendlich aber ist eine Fundamentalanalyse nötig, da passive Fonds selten zu Wertzuwachs führen.
In den USA sind Dividendentitel durch die Zuflüsse von ETFs recht hoch bewertet. Wie sieht das bei den Titeln aus den Emerging Markets aus?
Aktives Management für Dividendentitel aus den Emerging Markets ist unverzichtbar. Man kann sie nicht passiv mit ETFs oder Indexfonds managen, weil nicht die bisher ausbezahlte Dividende, sondern die zukünftig ausgeschüttete von zentraler Bedeutung ist. Dafür bedarf es einer Fundamentalanalyse. Dazu kommt, dass Indexfonds nicht so schnell auf Zwischenfälle oder Marktentwicklungen reagieren können, wie beispielsweise den fallenden oder steigenden Ölpreis. Es handelt sich dabei um eine reine Quant-Strategie.
Welchen fundamentalen Ansatz verfolgen Sie, um die Titel auszuwählen, die kontinuierlich hohe Dividenden zahlen?
Wir investieren selten in die höchsten Dividendentitel, denn deren Ausschüttungen haben sich in der Vergangenheit als nicht nachhaltig erwiesen. Wir machen Fundamentalanalysen einzelner Unternehmen und wählen Titel aus, die unterbewertet sind und beständige Dividendenzahlungen bieten, die den Markt mit der Zeit übertreffen. Wir wenden zudem einen disziplinierten Anlageprozess an, der sich in den letzten 15 Jahren bewiesen hat.
In welchen Ländern sind Ihrer Meinung nach die Dividendentitel besonders attraktiv?
Seit Beginn des 21. Jahrhunderts hat die Anzahl von dividendenausschüttenden Titeln in den Emerging Markets stark zugenommen und liegt heute fast bei 90%. Dies bedeutet ein höheres Diversifikationspotential für Investoren rund um die Welt. Wir haben aber auch ein paar Favoriten: In Asien bevorzugen wir chinesische Aktien gegenüber Titeln aus der ASEAN-Staaten, hauptsächlich aufgrund der Bewertung. Taiwan hat sehr viele Dividendenaktien, aber vor allem zyklische mit hoher Volatilität. In Südkorea hat Samsung Electronics kürzlich eine Dividendenerhöhung von 40 Prozent angekündigt, allerdings sind die Dividenden für koreanische Titel im Allgemeinen eher niedrig. Zudem haben sie oft Schwierigkeiten, attraktive Margen und Renditen zu erzielen. Ein hohes Dividendenwachstum kann in Indien gefunden werden, allerdings haben die Bewertungen aufgeholt, womit beispielsweise Indien heute weniger attraktiv ist als letztes Jahr. In den Philippinen ist das Wachstum gesund, was von den Marktteilnehmern weitgehend anerkannt wurde. Die Bewertungen philippinischer Aktien bietet darum nur eine geringe Sicherheitsmarge, weshalb wir hier nicht investiert sind.
In Lateinamerika kommen viele Dividendentitel aus Brasilien. Jedoch sind die Unternehmen dort gesetzlich verpflichtet, einen gewissen Anteil ihres Gewinns abzugeben. Somit sind fundamentale Analysen nötig, um die Nachhaltigkeit der Dividenden zu bewerten. Inflation und ein Mangel an Strukturreformen setzt der Profitabilität vieler brasilianischer Unternehmen zu, preislich bieten einige aber eine attraktive Sicherheitsmarge.
In Mexiko sind Dividendenrenditen rar. Dies ist häufig auf hohe Bewertungen und ebenso hohe Erwartungen zurückzuführen, während das Wachstum in den letzten Jahren enttäuschend blieb.
In Osteuropa gibt es eine gesunde Dividendenkultur in Polen, die heimische Wirtschaft wächst weiter und das Land richtet sich nach der wirtschaftlichen Erholung in der Eurozone.
Macht Ihnen das nachlassende Wachstum in China keine Sorgen?
Wir verfolgen die Entwicklungen in China genau. Das Wachstum bewegt sich immer noch über 5% und die Inflation ist niedrig. Auch das EPS-Wachstum ist stark aber unterschätzt, was bedeutet, dass China heute attraktiv bewertet ist. Im aktuellen 5-Jahres-Plan werden zudem strukturelle Ungleichgewichte angepackt. Dies wird einige Zeit dauern, aber in der Zwischenzeit bieten mehrere Unternehmen attraktive Dividendenrenditen.
Welchen Einfluss hat der niedrige Ölpreis auf die Schwellenländer?
Der niedrige Ölpreis hilft vielen Schwellenländern, die meisten asiatischen Länder sind positiv betroffen. Dies wird das Gewinnwachstum in den kommenden Jahren unterstützen.
Ist die Dollaraufwertung kein Problem für viele Schwellenländer?
Eine schwächere lokale Währung ist ein Schub für viele Exporteure, daher wird der Verlust durch den US-Dollar mit stärkeren Profiten und Dividendenwachstum kompensiert. Die heutige Bewertung sollte zudem nicht zu Underperformance führen, falls die Fed mit Einschränkungen beginnt.