02.12.2024, 10:49 Uhr
«Europa steht wirtschaftlich unter Druck und muss seine Wettbewerbsfähigkeit gegenüber anderen globalen Wirtschaftsmächten – insbesondere den USA – verbessern», heisst es im neuesten Marktausblick des...
Emerging Markets Bonds Spezialist Gregory Smith von M&G Investments beleuchtet sieben Themen, die 2021 über den Erfolg der Anlageklasse entscheiden werden. Er erwartet, dass hochverzinsliche Schwellenländeranleihen heuer besser abschneiden dürften als im Vorjahr.
"Wir sind in ein Jahr gestartet, in dem drei Viertel aller Anleihen aus Industrieländern inflationsbereinigt mit negativen Renditen gehandelt werden. Das ist ein Impuls für Investitionen in Papiere aus Schwellenländern – aber nicht der einzige. Es gibt eine ganze Reihe von Themen, die 2021 über den Erfolg der Anlageklasse entscheiden werden", sagt Gregory Smith, Spezialist für Emerging Markets Bonds bei M&G Investments.
Die ostasiatischen Volkswirtschaften, insbesondere China, zeigten sich im Jahr 2020 speziell im Vergleich zu Europa und den USA widerstandsfähig. Während die weltweite Produktion im Laufe des Jahres einbrach, wuchs die chinesische. Die Konjunktur der Schwellenländer schrumpfte insgesamt weniger stark als die der Industrieländer und sollte sich im Jahr 2021 auch besser erholen. Voraussetzung dafür ist allerdings, dass weitere Wellen der Pandemie entweder vermieden oder durch Impfungen abgemildert werden. "Was bleibt, ist eine gewisse Ungewissheit darüber, welche Konjunkturmassnahmen oder unterstützenden politischen Eingriffe notwendig sind, um die Erholung voranzutreiben. Eine plötzliche Rücknahme von Massnahmen oder eine übereilte Rückkehr zur Normalisierung der Politik könnte die Fortschritte wieder zerstören", gibt Smith zu bedenken.
Ab Mai 2020 drückten niedrige Zinsen und die verbesserte Stimmung der Anleger die Risikoaufschläge von Schwellenländeranleihen fast wieder auf ihre Jahresanfangsniveaus. Die positive Einschätzung des Jahres 2021 beruhe jedoch überwiegend auf der Ansicht, dass die Zinsen weltweit noch länger niedrig bleiben werden und die grosszügige Geldpolitik der Zentralbanken zusammen mit weiteren fiskalischen Stimulierungsmassnahmen so weitergehe, so Smith. Sollten diese Stimuli nachlassen, würde das die Marktstimmung 2021 jedoch belasten.
Die Spreads von Schwellenländeranleihen mit Investment-Grade-Qualität verengten sich von ihren Höchstständen im März und April 2020 und näherten sich rasch wieder dem Stand vor der Pandemie. Anders bei High Yield Bonds: Sie profitierten von der Erholung im Mai, aber ihre Risikoaufschläge liegen immer noch weit über denen vom Jahresbeginn (siehe Grafik).
Grund dafür ist die Ungewissheit über mögliche verzögerte Auswirkungen des Virus auf die Kreditfähigkeit der sogenannten Frontier-Länder. "Wir glauben, dass hochverzinsliche Schwellenländeranleihen im Jahr 2021 besser abschneiden werden als im zurückliegenden. Allerdings ist hier ein kritischer Blick auf die Qualität des jeweiligen Emittenten besonders wichtig, weil die meisten Länder nun höher verschuldet sind. In unseren Augen liegen die Spreads bei EM-Hochzinsanleihen weiterhin auf einem attraktiven Niveau", sagt der Spezialist für Emerging Markets Bonds bei M&G Investments.
Im vergangenen Jahr stiegen die Staatsschulden weltweit an. Ein Grossteil der Schwellenländer beschaffte sich Liquidität im Inland und in lokaler Währung. Auf Anfrage standen aber auch Notkredite in harter Währung zur Verfügung – beispielsweise vom IWF. Narben blieben aber dennoch: Die Ratings von sechs Staaten wurden 2020 zurückgenommen, dazu gehörten Argentinien, Libanon oder Ecuador. Für Anleger stellt sich die Frage, ob die Liste noch länger wird. "Wir glauben allerdings nicht, dass Schwellenländer vor einer systemischen Schuldenkrise stehen, denn Risiken und Marktzugang sind je nach Land sehr unterschiedlich", betont Smith. Brasilien und Mexiko etwa hatten im Jahr 2020 hohe Haushaltsdefizite, aber während Brasilien seine Staatsverschuldung bei etwa 103% des BIP stabilisieren dürfte, wird sich der Wert in Mexiko schätzungsweise auf 65% einpendeln. Etliche Länder werden bei einer Erholung ihre Liquiditätssorgen daher schnell abschütteln können, während es für andere problematisch wird.
Ein klarer Ausgang der US-Wahlen sowie die Verfügbarkeit von Impfstoffen gegen das Corona-Virus waren auch für Schwellenländeranleihen positiv. Dazu kamen bessere Wirtschaftsdaten im dritten Quartal 2020. Trotz der Pandemie gab es 2020 Rekordzuflüsse aus dem Ausland in lokale chinesische Anleihen, nachdem diese in den globalen Anleiheindex aufgenommen wurden. "Wir glauben, dass sich dieser Trend fortsetzen und für mehr Nachfrage sorgen wird, die eher zulasten von Anlagen in Industrieländern geht. Eine weitere Abschwächung des US-Dollars im Jahr 2021 ist wahrscheinlich und das sollte die Lokalwährungen der Schwellenländer beflügeln. Nach wie vor halten wir einige Schwellenländerwährungen für unterbewertet", sagt Smith.
Wie der Experte weiter ausführt, bleibt die Zukunft des Ölpreises unsicher. Für die Stimmung bei der OPEC werde entscheidend sein, wie schnell sich die Weltwirtschaft entwickle und was aus den Spannungen zwischen den westlichen Ländern und dem Iran werde. Ölexporteure ohne grosse finanzielle Puffer wie z.B. Oman, Barain oder Angola bräuchten kurzfristig Reformen, um die Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen wiederherzustellen. Das gelte auch für reichere Golfstaaten, aber hier dränge die Zeit nicht so. Ihr Anteil an den Indizes für Schwellenländeranleihen dürfte auch in diesem Jahr wieder zunehmen.
"Die US-Aussenpolitik wird in Zukunft eine andere sein als unter Trump, aber die globale politische Landschaft hat sich gegenüber Obama-Zeiten verändert", hält Smith fest. Nationen wie Saudi-Arabien, die Türkei und Russland könnten es schwerer haben, während Länder wie Mexiko profitieren dürften. Ein zentrales Thema bleibe die Beziehung zwischen den USA und China. Es sei unwahrscheinlich, dass sich die Spannungen abschwächen, da China wächst und die globale Hegemonie der USA bedrohe. "Anleger in Schwellenländerbonds müssen die Politik im Nahen Osten ebenso beobachten, wie anstehende Wahlen, etwa in Peru, Chile und Ecuador", meint Smith.