23.12.2024, 08:37 Uhr
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Die Schweizer Exportwirtschaft profitiert 2018 von der Franken-Abwertung. Mit dem weltweit zunehmenden Protektionismus stehe für die am fünft stärksten globalisierte Volkswirtschaft aber einiges auf dem Spiel, sagt Hans Bevers, Chefökonom bei Degroof Petercam AM.
Im Frühjahr 2017 setzte der "Economist" die Schweiz auf Position Eins der weltweit grössten Währungsmanipulatoren. Dies geschah auf Grundlage einer alle sechs Monate durchgeführten Untersuchung des US-amerikanischen Treasury Department. "Es liegt auf der Hand, dass die Schweiz in massive Währungsmanipulationen involviert war, trotz eines grossen Leistungsbilanzüberschusses. Dies war eher angesetzt, um der Überbewertung des Franken und deflationären Tendenzen entgegenzuwirken, als die Exporte zu fördern", sagt Hans Bevers, Chefökonom bei Degroof Petercam AM. "Doch hat die Abwertung des Franken die Schweizer Exporte in den letzten Monaten deutlich beflügeln können. Mit Blick auf den zunehmenden Protektionismus in der Welt steht für die exportorientierte Schweiz einiges auf dem Spiel. Immerhin ist die Schweiz die am fünft stärksten globalisierte Volkswirtschaft der Welt. Sicherlich haben Schweizer ein starkes Interesse an einer Fortsetzung des bisher in weiten Teilen offenen Welthandels."
Intakter, zyklischer Aufschwung
"Die Weltwirtschaft wird sich in 2018 weiter erholen und die Inflation wird leicht anziehen. Die Notenbanken werden ihren bereits eingeschlagenen Weg der geldpolitischen Straffung fortsetzen", fasst Hans Bevers die Makro-Einschätzung des belgischen Vermögensverwalters für das kommende Jahr zusammen. "Die Indikatoren zeigen an, dass das Vertrauen der wirtschaftlichen Akteure rund um den Globus weiterhin hoch bleiben wird. Das weltweite Wachstum wird in 2018 somit oberhalb des potenziellen Wachstums liegen. Der Optimismus in der Weltwirtschaft und der damit verbundene stabile zyklische Aufwärtstrend verschafft den Notenbanken einen komfortablen monetären Handlungsspielraum". Auch auf der Ebene der Unternehmen bleiben die Aussichten vor allem in den Vereinigten Staaten und Europa positiv. Und zwar in Form steigender Margen und höherer Gewinne. Das nimmt den Druck auf den Arbeitsmarkt und Überkapazitäten. Dieses Umfeld lässt zu, dass die Preise leicht steigen können. Nur sehr wenig Beitrag kommt dabei vom Öl. "Trotz der lebhaften Weltkonjunktur erwarten wir keine signifikanten Preissteigerungen beim Öl. Die Wahrscheinlichkeit für eine globale Rezession innert der nächsten zwölf Monate liegt aus unserer Sicht bei nur 10 Prozent", betont Hans Bevers.
US-Fed: Erst auf dem Weg zur Straffung
Dieses Umfeld spielt den Zentralbanken in die Hände, die ihren bisherigen expansiven geldpolitischen Kurs langsam verlassen wollen. Hier gibt es aber noch grosse regionale Unterschiede. Obwohl die US Notenbank Fed den Leitzins in den vergangenen Monaten mehrfach leicht angehoben hat, muss man feststellen, dass eine reale Zinserhöhung in den Vereinigten Staaten noch gar nicht stattgefunden hat. Denn abzüglich der Inflation liegt der Zinssatz, der beabsichtigtes Sparen und geplante Investments zusammen bringen soll, noch bei etwa null Prozent. "Der tatsächliche Straffungsprozess lässt also in den USA immer noch auf sich warten. Der könnte 2018 allerdings zur Realität werden, da wir mit insgesamt drei Zinserhöhungsschritten der Fed rechnen", sagt Hans Bevers.
EZB: Lockerungsmodus und (k)ein Ende?
Anders als die Federal Reserve wird die Europäische Zentralbank (EZB) auch in 2018 ihren monetären Lockerungskurs vorerst beibehalten. Während Zinserhöhungen bislang nicht zur Debatte stehen, hat Mario Draghi zumindest in Aussicht gestellt, die Fortsetzung der Anleihekäufe im Herbst 2018 neu zu überdenken. Ein wichtiges Kriterium hierfür ist der wirtschaftliche Aufschwung in Europa. Dieser gewinnt zwar an Breite, dennoch sind die ökonomischen Unterschiede innert der Euro-Zone noch gross auch mit Blick auf Lebensstandard, Arbeitslosigkeit und öffentliche Verschuldung. Das Erfreuliche: Die europäischen Peripherieländer wachsen wieder, das Jobangebot nimmt Sektorübergreifend zu und die Kreditvergabe an Unternehmen und Privathaushalte läuft weitgehend reibungslos. Trotz dieser positiven Signale steht Europa mit vielen strukturellen Problemen weiterhin vor grossen Herausforderungen: So sind weite Teile der jungen Bevölkerung ohne Job oder hinreichende Bildung bzw. Ausbildung. Auch das Chancengefälle bei der Jobsuche zwischen Arm und Reich bleibt immens. "Die EZB hat viel zu verlieren, wenn sie die Zinsen zu schnell zu stark anhebt. Wir gehen davon aus, dass die EZB nicht vor Frühjahr 2019 erste Zinsanpassungen nach oben vornehmen wird", betont Hans Bevers.
Gefahrenherde am Horizont
Wenngleich das globale Makrobild insgesamt zur Zuversicht einlädt, gibt es zahlreiche Gefahren für Konjunktur und Finanzmärkte. Hierzu zählen die mittlerweile relativ hohen Aktienbewertungen in den entwickelten Märkten, wie den USA und Europa. Dort liegen die Kurs-Gewinn-Verhältnisse bei 24 bzw. 17. "Bei höheren Bewertungen spielt die Psychologie erfahrungsgemäss eine grosse Rolle. Wenn Anleger in diesen Märkten in der Breite nervös werden, hat dies natürlich Auswirkungen auf die globalen Finanzmärkte", erklärt Hans Bevers. Während viele Schwellenländer zum derzeitigen globalen Aufschwung beitragen, erkennt der Experte für 2018 jedoch einige Fragezeichen am Horizont. In zahlreichen asiatischen, afrikanischen und lateinamerikanischen Emerging Markets stehen Wahlen an mit ungewissem Ausgang mit Blick auf die zukünftige Wirtschafts- und Fiskalpolitik.
China als globales Schlüsselrisiko
Besonders skeptisch sieht Hans Bevers derzeit China. Für ihn ist das Reich der Mitte eines der grössten Risiken für die globale Wirtschaft. Denn Chinas Wachstumsdynamik hat nachgelassen. Gleichzeitig hat sich das Kreditvolumen enorm aufgebläht. Die Bruttoverschuldung der öffentlichen Hand, inklusive der Kosten für die Rekapitalisierung der Banken, liegt bei etwa 80 Prozent des chinesischen Sozialproduktes. «Man muss sich fragen, ob bereits eine Kreditblase entstanden ist. Kritisch sehe ich ausserdem, dass Chinas Kapitalmärkte nach wie vor stark vom Staat kontrolliert werden sowie die von oben diktierte Wirtschaftspolitik nach dem Stop-and-Go-Prinzip. Ein Abschwung in China kann die Handelsvolumina und Rohstoffpreise weltweit nach unten drücken. Dies allerdings nur begrenzt in der Regel macht sich ein Wachstumsrückgang in China nur zu einem Viertel im Rest der Welt bemerkbar", sagt der Ökonom.
Harter Brexit kann ganze EU treffen
Sollten es die Briten nicht schaffen, den Zeitplan für die Austrittsverhandlungen mit der EU einzuhalten, droht ein harter Brexit. Dieser würde aufgrund der traditionell engen wirtschaftlichen Verflechtungen voraussichtlich nicht nur die britische Insel heftig treffen, sondern die ganze Europäische Gemeinschaft. Sollte ein harter Ausstieg tatsächlich kommen, könnten in Grossbritannien bis zu 520 000 und EU-weit sogar bis zu 1,2 Millionen Arbeitsplätze verloren gehen. Ein weiterer Knackpunkt in Europa ist Italien. Die bevorstehenden Parlamentswahlen im Mai kommenden Jahres könnten das Land aufgrund der politischen Kräfteverhältnisse in die Sackgasse und damit zu einem politischen Stillstand führen. Wichtige strukturelle Reformen würden dann nicht vorankommen. Diese wären dringend nötig vor dem Hintergrund der stark unterdurchschnittlichen Produktivität der italienischen Wirtschaft. Sorgenkind bleibt auch der Finanzsektor mit einem im europäischen Vergleich überdurchschnittlich hohen Anteil an notleidenden Krediten.