23.12.2024, 08:37 Uhr
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Wird 2017 das Jahr, in dem China die Wachstumserwartungen übertrifft, Brexit sich in Bremain verwandelt, der mexikanische Peso steigt und sich italienische Bankentitel als bestes Aktieninvestment herausstellen?
Die Prognosen der Saxo Bank für das Jahr 2016 schnitten zwar für das Wirtschaftsgeschehen wichtige Themen an, deren Ausgang entsprach jedoch kaum oder nur wenig der Realität des ablaufenden Jahres. So hätten die Demokraten den Prognosen zufolge den neuen US-Präsidenten stellen und einen erdrutschartigen Sieg erzielen müssen. Entgegen diesen Prognosen wurde Donald Trump zum 45. Präsidenten gewählt und bescherte den Republikanern einen überraschenden Einzug ins Weisse Haus.
Mit den Prognosen für den niedrigsten Stand des Ölpreises seit 2009 lag die Saxo Bank richtig. Mit einem vorübergehenden Anstieg des Ölpreises auf 100 USD pro Barrel durch die Drosselung ihrer Produktion jedoch weniger. Zwar beschloss die Opec Ende November die Fördermengen zu senken und ein Anstieg der Brent-Preise auf 55 Dollar in der ersten Hälfte kommenden Jahres wird erwartet. Dauerhaft wird der Preis aber nicht so hoch bleiben, denn die geringeren Opec-Mengen lassen Raum für andere Produzenten wie die amerikanische Schieferöl-Industrie.
Die Negativzinsen spielten 2016 eine grosse Rolle, doch ob Fed-Chefin Janet Yellen Ende Jahr eine stärker anti-inflationäre Tonart anschlagen und die Zinsen deutlich anheben wird, ist fraglich. Noch unwahrscheinlicher scheint der von der Bank prognostizierte massive Einbruch der Kurse durch die steigenden Renditen an allen großen Anleihemärkten analog zu den steigenden Zinsen.
Kontroverse Szenarien für 2017
Mit den Prognosen für das Jahr 2017 setzt die Bank ihre Tradition fort, kontroverse Szenarien zu formulieren, die das Potenzial haben, die Märkte im kommenden Jahr auf den Kopf zu stellen. Zu den diesjährigen Prognosen gehören unter anderem eine Rückkehr des Wachstums in China, eine Rally in italienischen Bankenaktien, Bremain anstelle von Brexit sowie die Bereitschaft der EU zum Wandel angesichts populistischer Gegenbewegungen. Die "Outrageous Predictions" sind nicht der offizielle Marktausblick der Saxo Bank. Vielmehr handelt sich hierbei um Ereignisse und Marktbewegungen, die relativ unwahrscheinlich sind. Allerdings bergen sie ein enormes Potenzial, weil sie dem allgemeinen Konsens zuwiderlaufen.
Steen Jakobsen, Chefökonom bei der Saxo Bank, kommentiert: "Nach einem Jahr, in dem die Wirklichkeit sogar die scheinbar unwahrscheinlichsten Prognosen übertroffen hat mit dem überraschenden Brexit und Wahlausgang in den USA ist der gemeinsame Tenor für unsere "Outrageous Predictions" für 2017, dass verzweifelte Zeiten verzweifelte Massnahmen erfordern."
In diesem Sinne lauten die "Outrageous Predictions" für 2017 der Saxo Bank wie folgt:
1. Chinas BIP schwillt auf 8% an und der SHCOMP steigt auf 5000
In China ist man sich bewusst, dass man das Ende des Infrastruktur- und Produktionswachstums erreicht hat. Durch massive Impulse seitens der Fiskal- und Geldpolitik sowie einer stärkeren Öffnung der Kapitalmärkte steuert das Land erfolgreich den Übergang zum konsumgetriebenen Wachstum. Das führt zu einer Wachstumsrate von 8% im Jahr 2017, wobei die Wiederbelebung des Wachstums hauptsächlich aus dem Dienstleistungssektor stammt. Die Euphorie über das vom privaten Konsum getriebene Wachstum führt dazu, dass der Shanghai-Composite-Index seinen Wert ausgehend von 2016 verdoppelt und somit über die 5000-Punkte-Marke steigt.
2. Das verzweifelte Fed folgt der BoJ und fixiert 10-jährige Treasuries bei 1,5%
Immer weiter steigende US-Zinsen und ein deutlich stärkerer US-Dollar entwickeln sich in 2017 zu einem zunehmenden Problem, während die testosterongesteuerte Fiskalpolitik des neuen US-Präsidenten die 10-jährigen US-Renditen auf 3% treibt, was die Märkte in Panik versetzt. Am Rande der Katastrophe übernimmt das Fed das aktive Zinskurven-Management der Bank of Japan, in dem sie die Renditen 10-jähriger Staatsanleihen bei 1,5% fixiert. Im Endeffekt handelt es sich dabei um die Einführung von QE4 oder QE Endlos. Das stoppt prompt den Ausverkauf an den globalen Aktien- und Anleihenmärkten und führt zum grössten Zuwachs der Anleihenmärkte seit sieben Jahren. Kritische Stimmen gehen im Gebrüll einer weiteren von der Zentralbank induzierten Rally unter.
3. Ausfallrate der Hochzinsanleihen übersteigt 25%
Auf langer Sicht liegt die Ausfallrate für Hochzinsanleihen bei 3,77%, während sie in den US-Rezessionen von 1990, 2000 und 2009 auf 16%, 10% und 12% gesprungen ist. Wir sehen die Ausfallraten jedoch bis auf 25% ansteigen. Weil die Interventionen der Zentralbanken an ihre Grenzen stossen, bewegen sich Regierungen auf der ganzen Welt in Richtung fiskalpolitischen Stimuli. Damit verbunden steigen die Zinsen, was zu einer dramatischen Versteilung der Zinskurve führt. Weltweit geraten Billionen an Unternehmensschulden ins Wanken. Verschärft wird die Problematik durch eine Rotation der Mittelflüsse weg von Obligationenfonds, was die Spreads ausweitet und die Refinanzierung minderwertiger Schuldtitel unmöglich macht. Mit Ausfallquoten von 25% sind ineffiziente Akteure aus der Unternehmenswelt nicht länger lebensfähig, was letztlich zu einer effizienteren Kapitalallokation führt.
4. Brexit wird nie Tatsache, denn Grossbritannien Bremains
Die populistische Bewegung, die wir auf beiden Seiten des Atlantiks gesehen haben, veranlasst die EU-Führung zu einer kooperativeren Haltung gegenüber Grossbritannien. In den Verhandlungen macht die EU wichtige Zugeständnisse bei der Immigration und dem Marktzugang für britische Finanzdienstleistungsunternehmen. Und als schliesslich Artikel 50 ausgelöst und dem Parlament zur Abstimmung vorgelegt wird, wird er zugunsten des neuen Abkommens abgelehnt. Somit bleibt Grossbritannien im Orbit der Europäischen Union, die Bank of England erhöht den Zinssatz auf 0,50% und EUR/GBP-Kurs stürzt bis auf 0,7300 ab was 1973, das Jahr des Beitritts Grossbritanniens zur EWG, in Erinnerung ruft.
5. Doktor Kupfer holt sich einen Schnupfen
Nach den US-Präsidentschaftswahlen war Kupfer einer der klaren Gewinner im Rohstoffuniversum. 2017 beginnt der Markt zu realisieren, dass der neue Präsident kaum alle versprochenen Investitionen umsetzen kann und in der Folge bleibt der Nachfrageschub nach Kupfer aus. Auf die wachsende Unzufriedenheit im eigenen Land reagiert Präsident Trump mit mehr Protektionismus und der Errichtung von Handelsschranken, was Schwellenländern und Europa Probleme bereitet. Das globale Wachstum lässt allmählich nach, während sich die Kupfernachfrage Chinas spürbar abschwächt, da sich das Land in Richtung eines konsumgetriebenen Wachstums bewegt. Sobald HG (high grade) Kupfer die Unterstützungslinie unterschreitet und bis auf USD 2/lb zurückfällt, öffnen sich die Schleusentore und eine Welle spekulativer Verkäufe wird Kupfer bis auf USD 1,25/lb fallen lassen, dem Niveau während der Finanzkrise 2009.
6. Enorme Gewinne für Bitcoin, da Kryptowährungen zulegen
Unter Präsident Trump wird das US-Haushaltsdefizit von USD 600 Mrd. auf USD 1,2 bis 1,8 Billionen ansteigen. Das führt zu einem Wachstumsschub und spürbar höheren Inflationsraten in den USA, woraufhin sich die Federal Reserve zu einem schnelleren Zinserhöhungszyklus gezwungen sieht und der US-Dollar auf neue Hochs steigt. Dies wiederum führt zu einem Dominoeffekt in Schwellenländern. Insbesondere China sucht nach Alternativen zum Dollar-dominierten Papiergeldsystem, das der US-Geldpolitik ausgeliefert ist. Als Alternative erfreuen sich Kryptowährungen zunehmender Beliebtheit, wovon Bitcoin am meisten profitiert. Als das Bankensystem und die Regierungen Russlands und Chinas Bitcoin teilweise als Alternative zum USD akzeptieren, verdreifacht der Bitcoin seinen Wert und steigt von USD 700 auf USD 2100.
7. US-Gesundheitsreform versetzt den Sektor in Panik
Die Kosten des US-Gesundheitswesens betragen rund 17% des BIP, gegenüber einem weltweiten Durchschnitt von 10%. Immer mehr US-Bürger können ihre Arztrechnungen nicht bezahlen. Die durch Trumps Wahlsieg ausgelöste Erleichterungs-Rally der Healthcare-Aktien verblasst 2017 schnell, denn die Investoren erkennen, dass die neue Regierung das ineffiziente und teure US-Gesundheitssystem nicht vor schmerzhaften Reformen verschonen wird. Der Health Care Select Sector SPDR Fund ETF fällt um 50% auf 35 Dollar. Damit endet die spektakulärste Hausse am US-Aktienmarkt seit der Finanzkrise.
8. Mexikanischer Peso steigt trotz Trump, insbesondere gegenüber dem CAD
Der Markt hat deutlich überschätzt, inwieweit Donald Trump wirklich die Absicht oder die Fähigkeit hat, gegen den Handel mit Mexiko vorzugehen. In der Folge erholt sich der Peso von seinen Tiefstständen. Unterdessen leidet Kanada darunter, dass höheren Zinsen eine Kreditkrise auf dem Häusermarkt auslösen. Die kanadischen Banken knicken unter der Last ein und zwingen die Bank of Canada in die quantitative Lockerung. Darüber hinaus muss sie dem Finanzsystem neues Kapital zuführen. Der CAD entwickelt sich unterdurchschnittlich, da Kanada weit weniger vom Wirtschaftsaufschwung in den USA profitiert als in der Vergangenheit. Der Grund dafür ist die langjährige Aushöhlung der kanadischen Fertigungsbasis im Zuge der Globalisierung und infolge einer jahrelang übertrieben starken Währung. Der CAD/MXN-Kurs korrigiert um mehr als 30% gegenüber dem Jahreshöchst 2016.
9. Italiens Banken sind die am besten performende Equity-Anlage
Deutsche Banken geraten unter dem Ballast negativer Zinsen und einer flachen Zinskurve in eine negative Spirale und haben keinen Zugang zum Kapitalmarkt mehr. Im Rahmen der EU bedeutet eine deutsche Bankenrettung zwangsläufig eine Rettung der EU-Banken, was angesichts der italienischen Banken, die sich neben maroden notleidenden Krediten mit einer stagnierenden inländischen Wirtschaft auseinandersetzen müssen, auch dringend geboten ist. Die neue Garantie ermöglicht eine Rekapitalisierung des Bankensystems und führt zur Gründung einer Europäischen Bad Debt Bank, um die Bilanzen der EU-Banken zu bereinigen und den Kreditmechanismus der Banken wieder zum Laufen zu bringen. Italienische Banktitel steigen um mehr als 100%.
10. Die EU stimuliert das Wachstum über gemeinsame Euro-Bonds
Konfrontiert mit dem Erfolg populistischer Parteien in Europa und dem dramatischen Sieg von Geert Wilders rechtsgerichteter Partei in den Niederlanden, bewegen sich die traditionellen politischen Kräfte weg von den Austeritätsmassnahmen und hin zu den keynesianischen Rezepten, die Präsident Roosevelt nach der Krise 1929 umsetzte. Die EU bringt ein sechsjähriges Konjunkturprogramm in Höhe von EUR 630 Mrd. auf den Weg, das von EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Junker unterstützt wurde. Um jedoch eine Verwässerung der Ergebnisse durch einen Anstieg der Importe zu vermeiden, beschliessen die EU-Staatschefs die Ausgabe gemeinsamer Anleihen der Europäischen Union. Zunächst sollen damit Investitionen in Infrastrukturprojekte im Umfang von EUR 1 Billionen finanziert werden, welche die wirtschaftliche Integration der Region verstärken und enorme Mengen an ausländisches Kapital anziehen sollen.