23.12.2024, 08:37 Uhr
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In vergangenen Krisen haben sich Hochzinsanleihen oftmals schneller als andere Anlageklassen erholt und damit als gute Gelegenheiten für antizyklisch orientierte Investoren erwiesen. Doch angesichts des besonderen Charakters der Corona-Pandemie könnte das Muster dieses Mal ausser Kraft gesetzt sein, sagen Elena Musumeci und Raffaella Tommaselli, Portfoliomanagerinnen bei Eurizon.
Es gibt Marktteilnehmer, die sagen, dass sich Hochzinsanleihen in der Geschichte der Kapitalmärkte tendenziell schneller erholt haben als andere Anlageklassen. Sind Sie auch dieser Meinung?
Elena Musumeci: Im Jahr 2009 beispielsweise hat sich der Markt für Hochzinsanleihen tatsächlich früher als der Aktienmarkt stabilisiert. Unter den Bedingungen eines normalen Kreditzyklus ist ein solches Muster darauf zurückzuführen, dass Unternehmen versuchen, ihre Bilanzen zu reparieren, um eine Krise zu überwinden. Dabei ergreifen sie Massnahmen, die Besitzern von Anleihen eher zugutekommen als Aktionären.
Glauben Sie, dass die Erholung bei Hochzinsanleihen nach dem Ende der Coronavirus-Krise wieder schneller verläuft?
Die gegenwärtige Krise könnte anders verlaufen, da sie durch einen exogenen Faktor verursacht ist. Wie die einzelnen Asset-Klassen aus ihr herauskommen werden, wird vor allem davon abhängen, wie gravierend die Auswirkungen auf die Unternehmen sein werden. Es kommt also darauf an, ob sie saniert werden müssen oder ob sie schnell wieder das normale Geschäft aufnehmen können, ohne nachhaltigen Schaden genommen zu haben. Im Fall einer V-förmigen Erholung könnten Anleihen und Aktien also im Gleichschritt aus dieser Krise herauskommen. Wichtig für die europäischen Hochzinsanleihen wird aber auch sein, wie stark die Europäische Zentralbank (EZB) in den Markt für Unternehmensanleihen eingreifen wird.
Sie haben den besonderen Charakter der gegenwärtigen Krise angesprochen. Werden die Unternehmen auch dieses Mal alles versuchen, die Verschuldung zu reduzieren und das Rating zu verteidigen?
Elena Musumeci: Für die Unternehmen steht derzeit eher die Frage der Liquidität als die der Verschuldung im Vordergrund. Viele Firmen nehmen daher ihre Kreditlinien tatsächlich in Anspruch. Das Ziel, das Ende der Krise zu erreichen, ist wichtiger als die Reduzierung der Verschuldung oder die Verteidigung des Ratings.
Inwieweit hat in der Vergangenheit der Pull-to-par-Effekt zu einer schnelleren Erholung der Hochzinsanleihen beigetragen?
Raffaella Tommaselli: Je weiter man im Rating-Spektrum von Investment Grade auf High Yield nach unten geht, desto weniger wichtig wird der Pull-to-par-Effekt. Das hat einfach mit den in diesen bonitätsschwächeren Marktsegmenten höheren Ausfallraten zu tun. Für Unternehmen mit soliden Bilanzen und ausreichend Liquidität besteht aber ein starker Anreiz, Tender-Angebote zu machen, wenn alle Schuldtitel auf dem Niveau notleidender Anleihen gehandelt werden. In der Regel schafft das eine technische Unterstützung für den Markt.
In Krisenzeiten versuchen die Zentralbanken in der Regel, die Wirtschaft durch monetäre Lockerung zu unterstützen. Mit einer gewissen Zeitverzögerung führt dies zu einer steigenden Attraktivität von Anlageklassen mit grösseren Spreads. Denn irgendwann sind die Anleger gezwungen, niedrigere Renditen von Staatsanleihen zu kompensieren. Wie wichtig ist dieser Faktor Ihrer Meinung nach?
Raffaella Tommaselli: Die Unterstützung durch die Zentralbank ist eindeutig ein immens positiver Faktor für Hochzinsanleihen. So hat etwa die EZB die quantitativen Lockerungen ausgeweitet und das Notkaufprogramm "Pandemic Emergency Purchase Programme", kurz PEPP, eingeführt. Selbst wenn diese Massnahmen nicht direkt den Markt für Hochzinsanleihen betreffen, wie es bei der ersten Runde quantitativer Lockerungen der Fall war, werden die Käufe von Investment-Grade-Anleihen eindeutig einen indirekten Nutzen für besonders hoch bewertete Hochzinsanleihen im "BB»-Bereich schaffen, da sich die Investment-Grade-Anleger im Rating-Spektrum nach unten bewegen werden, um ihre Erträge zu steigern. Die Unterstützung der Zentralbanken wird zudem die Marktstabilität erhöhen und die Volatilität verringern, was allen risikoreichen Anlagen, einschliesslich Hochzinsanleihen, zugutekommen wird.
Wie unterstützend werden die von der Federal Reserve und der EZB bereitgestellten "Bazookas» für eine Erholung der Hochzinsanleihen in den USA und in Europa sein? Welcher dieser beiden Märkte wird am meisten von den angekündigten Maßnahmen der jeweiligen Zentralbank profitieren?
Elena Musumeci: Die Frage, wer am meisten profitieren wird, hängt vom Umfang der Massnahmen ab und davon, wie breit das Spektrum der Vermögenswerte sein wird, das die jeweilige Zentralbank kaufen wird. Bisher scheint der US-Markt durch die Grösse des Pakets der Federal Reserve begünstigt zu sein. Insbesondere der Kauf von ETFs ist eine ganz neue Waffe, die eine direkte Breitenwirkung auf dem Markt haben wird, obwohl sie auf dem Investment-Grade-Markt eingesetzt wird. Denken Sie daran, dass Käufe an den Investment-Grade-Märkten eine indirekte Wirkung auf die Märkte für Hochzinsanleihen haben. Die Ausweitung der Käufe auf Hochzinsanleihen ist bisher zwar nicht in Sicht, wäre aber ein grosser Schritt für den Markt.
Was bedeuten die "Bazookas» für die Liquidität von Hochzinsanleihen?
Raffaella Tommaselli: Wir haben in dieser Krise aufgrund des OTC-Charakters des Markts für Hochzinsanleihen einen massiven und plötzlichen Rückgang der Liquidität erlebt. Aufgrund der enormen Abflüsse, die diese Anlageklasse sowohl in Europa als auch in den USA zu verzeichnen hatte, konnten die Market Maker mangels Käufern nicht mehr gegenhalten. Eine typische Sofortreaktion ist die Erhöhung der Bid-Offer-Spreads, aber für die risikoreicheren Schuldtitel war es selbst auf dem Niveau notleidender Anleihen praktisch unmöglich, Abnehmer zu finden. Die geldpolitische "Bazooka» wird dazu beitragen, das Vertrauen der Investoren wiederherzustellen. Und es wird ein grosser Käufer der letzten Instanz am Markt sein, der den Market Makern das Vertrauen zurückgeben wird, damit sie ihre Aktivitäten auf beiden Seiten des Markts wiederaufnehmen.
Sind US-Hochzinsanleihen ein guter Frühindikator für hochverzinsliche Anleihen in der Eurozone?
Elena Musumeci: Normalerweise schon. Aber da diese Krise durch eine Epidemie ausgelöst wurde, könnte derjenige Markt mit der Erholung beginnen, an dem es das erste Signal für eine Verbesserung der Gesundheitssituation an sich gibt, und an dem die bessere geldpolitische und fiskalische Antwort auf die Lage der Unternehmen gefunden wurde. Die USA waren schneller darin, gravierende Massnahmen zu ergreifen, aber volle Wirkung von Covid-19 könnte die USA später als Europa erreichen. Der US-Arbeitsmarkt könnte aufgrund seiner extremen Flexibilität bei der Entlassung von Arbeitnehmern aber schon vor den europäischen Pendants betroffen werden.
Haben Hochzinsanleihen in den USA bereits die Talsohle erreicht, oder auf welche Signale für eine Erholung sollten die Anleger warten?
Raffaella Tommaselli: Derzeit können wir eindeutig sagen, dass wir zumindest Anzeichen einer Stabilisierung der US-Hochzinsanleihen sehen, nachdem umfangreiche geld- und fiskalpolitische Stimulierungsmassnahmen angekündigt wurden. Signale für eine weitere Erholung der Märkte sollten für Investoren von der Entwicklung der Virusinfektionen ausgehen.
Wo werden Euro-Anleger nach den Absicherungskosten die attraktivsten Möglichkeiten finden? In den USA oder in der Eurozone?
Elena Musumeci: Der US-Markt ist hinsichtlich der Verschuldung aggressiver. Das Gewicht von Anleihen mit "B»- und "CCC»-Rating oder darunter ist daher grösser als in der Eurozone. Auch der Energie- und der Non-Food-Einzelhandelssektor, die beide sehr anfällig sind, haben in den USA eine grössere Bedeutung. Im Euroraum sind stattdessen Telekommunikationsanbieter und Medienunternehmen stärker vertreten, die in dieser Krise natürlich widerstandsfähiger sind. Für vorsichtige Investoren legt dies eine Allokation am europäischen Markt nahe, da es nicht möglich ist, die Folgen der Krise für die Realwirtschaft schon jetzt abzuschätzen. Auf der anderen Seite haben die USA ein beispielloses Hilfspaket für die Wirtschaft geschnürt, das sowohl von der US-Notenbank als auch von Fiskalausgaben gestützt wurde. Daher könnten US-Hochzinsanleihen eine bessere Wertentwicklung aufweisen, sollte die Krise beendet sein, bevor die Wirtschaft in eine tiefe Rezession stürzt. Die USA sind also eine grössere Beta-Wette auf die Erholung der Weltwirtschaft.
ESG-Kriterien spielen eine sehr wichtige Rolle bei der Auswahl einzelner Titel für die High-Yield-Bond-Portfolios von Eurizon. Ist dieser Ansatz nicht generell mit niedrigeren Renditen verbunden? Oder ist er in der aktuellen Marktsituation eher ein Vorteil?
Raffaella Tommaselli: Wir befolgen seit langem eine strenge ESG-Disziplin bei der Auswahl der Anleihen für unsere Portfolios, aber das hat sich nie negativ auf unsere Erträge ausgewirkt. Jetzt achten mehr Anleger bei der Auswahl von Unternehmen auf ESG-Kriterien, sodass wir glauben, dass diese Strategie in Zukunft sogar zu besseren Erträgen beitragen wird, da Nicht-ESG-Anleihen vom Markt vernachlässigt werden dürften. In dieser Marktsituation könnten ESG-Anleihen angesichts der zunehmenden Betonung von ESG in der Anlegergemeinschaft liquider sein als Nicht-ESG-Anleihen.