22.11.2024, 10:49 Uhr
Der neue Fonds soll laut Mitteilung die steigende Nachfrage nach nachhaltig bewirtschafteten Waldgebieten bedienen. Das erste Closing war mit 130 Millionen Dollar erfolgreich.
Azad Zangana von der Bank Schroders analysiert, was der Anstieg der Erdgaspreise für die Inflation in der Eurozone bedeutet, die Risiken für den Winter und mögliche Reaktionen der politischen Entscheidungsträger.
Der europäische Grosshandelspreis für Erdgas ist seit Jahresbeginn um 380% gestiegen, was Besorgnis über die möglichen Auswirkungen auf die Inflation aufkommen lässt. Da den Haushalten gemäss Azad Zangana, Volkswirt bei Schroders, kaum eine andere Wahl bleibt, als die höheren Preise zu bezahlen, könne sich dies negativ auf die Nachfrage nach anderen Gütern und Dienstleistungen auswirken und das Risiko einer indirekten Inflation oder sogar von Zweitrundeneffekten bei den Löhnen erhöhen.
"Die Haushalte waren in den vergangenen zwei Jahren aufgrund der Covid-19-Pandemie einer enormen Verunsicherung ausgesetzt. Während die Aussichten für die wirtschaftliche Erholung gut sind, sorgt der Anstieg der Erdgaspreise in diesem Winter für zusätzliche Ungewissheit", so der Schroders-Experte.
Diese Entwicklung könnte das Verbrauchervertrauen beeinträchtigen und die erwartete Erholung der Ausgaben dämpfen. "Viele Ökonomen und auch Anleger hatten die im Mai einsetzende Divergenz der Gas- und Ölpreise nicht rechtzeitig erkannt. Der Anstieg der Gaspreise gewann im Juli an Dynamik und sorgte schliesslich im September für Schlagzeilen", so Zangana.
Die Divergenz zwischen den europäischen Gaspreisen und dem Preis für Rohöl der Sorte Brent sei sehr ungewöhnlich, weil das meiste Erdgas als Nebenprodukt von Rohöl gefördert wird (Abbildung 1). Im Winter 2005 war dies das letzte Mal der Fall. Das war auch das erste Jahr gewesen, in dem der Preis für europäisches Gas unabhängig gehandelt und nicht einfach an den Ölpreis indexiert wurde.
Es gibt eine Reihe von Nachfrage- und Angebotsfaktoren, die zum Preisanstieg beigetragen haben, aber die Nachfrage scheint nach Einschätzung des Volkswirts zu dominieren. "Nach Angaben der EU-Kommission führte ein ungewöhnlich kalter Winter im Jahr 2020 zu einer höheren Nachfrage nach Hausenergie", erklärt Zagana. "Es folgte ein ungewöhnlich heisser Sommer, was einen Anstieg der Nachfrage nach Strom und Klimaanlagen zufolge hatte."
Auch ein grösseres Interesse an Umweltthemen scheint zu der Entwicklung beigetragen zu haben. Bei der Stromerzeugung komme es zu einer allmählichen Abkehr von umweltschädlichen Brennstoffen wie Öl und Kohle. Zwar würden erneuerbare Energien voraussichtlich eine wichtige Rolle bei der Energiewende in Europa spielen, so fülle Erdgas als saubere Alternative jedoch vorerst die Lücke, wodurch die Nachfrage ebenfalls steige.
Auch die durch die Pandemie notwendige Verlagerung hin zum Homeoffice dürfte zu einem höheren Energieverbrauch beigetragen haben. Schliesslich, wenn auch in geringerem Masse, sei der steigende Absatz und die Nutzung von Elektrofahrzeugen ein Faktor, der zu einer grösseren Stromnachfrage führte. Laut einem Bericht aus Brüssel wurden im ersten Quartal dieses Jahres 350'000 neue Elektrofahrzeuge zugelassen, was einem Marktanteil von 14 % entspreche.
Dieser Anteil werde aller Voraussicht nach weiter steigen, da der Verkauf von Neufahrzeugen mit Verbrennungsmotor schrittweise eingeschränkt werde. Nach Azad Zaganas Schätzung trägt ein typisches Elektrofahrzeug pro Jahr zwischen einem Drittel und der Hälfte zum Stromverbrauch eines typischen europäischen Haushaltes bei.
Die gestiegene Nachfrage2020 habe dazu geführt, dass die Reserven bis in den Winter hinein stark reduziert wurden, also zur gleichen Zeit, zu der das Angebot unter Druck gesetzt wurde. Es sei angemerkt, dass Erdgas kein typischer Rohstoff sei. Die physischen Eigenschaften von Erdgas erschweren die Lagerung und den Transport.
Erdgas wird immer noch hauptsächlich über Pipelines transportiert, was Schroders zufolge bedeutet, dass Märkte und Preise regional anstatt global sind. Obwohl es ein Verfahren zur Verflüssigung von Erdgas (LNG) gibt, was den Transport erleichtert, wird es aufgrund der Komplikationen und Kosten nur bei etwa 12,5 % der weltweiten Produktion eingesetzt. Kurz gesagt: Europa könne nicht einfach irgendwo anders mehr Gas kaufen, betont Zagana.
Die beiden grössten Erdgasproduzenten, Norwegen und Russland, verzeichnen in diesem Jahr geringere Fördermengen. Norwegen hat die Produktion in der ersten Jahreshälfte um 3% reduziert, die Exporte gingen um 7,2% zurück.
Auch in Grossbritannien senkte die Produktion. Sie fiel im gleichen Zeitraum um 28%, während die Exporte um 59% fielen. Es sei jedoch erwähnenswert, dass das britische Angebot seit einiger Zeit aufgrund der Auszehrung der Ressourcen des Kontinentalschelfs abnimmt und die Gewinnung teurer wird, fügt der Experte an.
Die höhere Nachfrage aus Asien und besonders China habe möglicherweise zur Folge, dass ein Teil des Angebots aus Russland dorthin umgeleitet werde. China und viele Schwellenländer sehen sich aufgrund des Anstiegs der Kohlepreise mit ihrer eigenen Energiekrise konfrontiert. Russland wird auch vorgeworfen, dass das Land das Angebot einschränke, um politische Zustimmung für die Nord Stream 2-Pipeline zu erhalten.
Die Pipeline wurde unter Umgehung der Ukraine gebaut. Diese werde beschuldigt, sich von dem Erdgas zu bedienen, das durch das Land fliesst. Nord Stream 2 habe viele Gegner, darunter die USA, wo Europas zunehmende Abhängigkeit von russischer Versorgung als riskant angesehen wird. Auch möchten die USA lieber selbst mehr liefern.
"Russische Politiker haben sich nicht gescheut, von der Situation zu profitieren. Russlands Präsident Putin bestreitet natürlich die Anschuldigung, die Gaslieferungen nach Europa einzuschränken, um die Preise in die Höhe zu treiben", so Azad Zangana.
Die letzte Prognoseaktualisierung des Schroders Experten hat ergeben, dass die Inflation in der Eurozone nach dem harmonisierten Verbraucherpreisindex (HVPI) 2021 bei 2,1% liegen und 2022 auf 1,7% sinken wird. Seine Analyse deutet darauf hin, dass der Anstieg der Grosshandelsgaspreise 2022 um etwa 0,5 bis 0,6 Prozentpunkte zur Inflation beitragen sollte, was bedeutet, dass die Inflation im nächsten Jahr weiter steigen dürfte, bevor sie 2023 wieder sinkt (Abbildung 3).
Die Teuerung steige derzeit aufgrund der Energieinflation, die im vergangenen Jahr begann, aber auch aufgrund der Kerninflation (Gesamtinflation ohne Energie, Nahrungsmittel, Alkohol und Tabak), die 2020 durch verschiedene Steuersenkungen gedrückt wurde und jetzt durch die Einstellung dieser Kürzungen nach oben verzerrt sei.
Den grössten Einfluss dürfte laut Experte die Verteuerung der Gaspreise für private Haushalte haben, die dem Grosshandelsmarkt in Euro tendenziell mit etwa sechsmonatiger Verzögerung folge. Obwohl ein Teil der Elektrizität mit Erdgas erzeugt werde, hat Volkswirt Zagana festgestellt, dass die Beziehung zum Gasgrosshandel sehr schwach ist.
Das mag an den angebotenen alternativen Quellen und der starken Konnektivität des europäischen Übertragungsnetzes liegen. Die europäische Strompreisinflation steige, aber nicht so stark, wie es die Gaspreise vermuten liessen.
Azad Zangana beobachtet die Terminmärkte, um den Verlauf der Gaspreise weiter in die Zukunft zu projizieren. Ein Vergleich der jüngsten impliziten Entwicklung von Termingeschäften und der Entwicklung ab August (der letzten Schroders Prognose) und Mai ist in Abbildung 4 zu sehen. Terminkontrakte implizieren, dass der (aktuelle) Kassapreis im Januar 2022 sein Höchst bei etwa 3,20 Euro erreichen werde. Das ist etwa 10% höher als heute.
Für die Modellierung der Inflation sei das Niveau weniger wichtig als die Veränderung der Gaspreise gegenüber dem Vorjahr. Abbildung 5 zeigt, dass die Jahresinflation im Juli ihren Höchststand erreichte, nun aber wieder steigen und im Oktober einen neue Spitze bilden dürfte, bevor sie wieder abfalle.
Aufgrund der eingangs erwähnten Verzögerungen dürften die Gaspreise bis etwa September 2022 weiterhin einen erheblichen positiven Beitrag zur HVPI-Gesamtinflation leisten, bevor sie falle und 2023 einen leicht negativen Beitrag liefere.
Der Anstieg der europäischen Gaspreise werde in den kommenden Monaten vor allem zu höheren Energierechnungen für die Haushalte führen, was 2022 wahrscheinlich eine höhere Inflation zufolge haben werde. Zagana erwartet, dass der Inflationsanstieg vorübergehend ist. Allerdings würden die Haushalte wahrscheinlich mit einer zusätzlichen indirekten Inflation durch höhere Produktionskosten konfrontiert sein, die zu höheren Waren- und Dienstleistungspreisen führe. Die Nachfrage in der Wirtschaft dürfte geringer sein, da die Kaufkraft der Haushalte sinke.
Ob Arbeitnehmer höhere Löhne aushandeln können, hängt davon ab, wie angespannt die Arbeitsmärkte sind. Aufgrund der Kurzarbeitprogramme ist es derzeit schwierig, dies einzuschätzen. In den meisten Teilen Europas seien die Arbeitslosenquoten jedoch nach wie vor hoch, wobei viele Menschen aufgrund der Pandemie immer noch auf staatliche Unterstützung angewiesen sind.
Die Europäische Zentralbank werde wahrscheinlich über diese Phase höherer Inflation hinwegsehen, aber die Bank of England scheint in dieser Angelegenheit gespaltener zu sein. Wenn die Märkte richtig liegen, sollte Grossbritannien in Kürze mit einer Zinserhöhung rechnen, weitere sollten 2022 folgen.
Das könnte sich als der "Trichet-Moment" der englischen Zentralbank erweisen – in Anlehnung an EZB-Präsident Jean-Claude Trichet, unter dem die erste von zwei Zinserhöhungen im Jahr 2011 nach der globalen Finanzkrise stattfand – ein Schritt, der inzwischen weithin als geldpolitischer Fehler gilt, der möglicherweise die europäische Staatsschuldenkrise ausgelöst hat.
Azad Zanganz glaubt nicht, dass die Bank of England diese Zinserhöhungen durchziehen werde: Eine Zinssteigerung Erhöhung zu einem kritischen Zeitpunkt der Konjunkturerholung nach der Pandemie wäre selbstzerstörerisch, insbesondere, wenn das Angebot in der Wirtschaft nur vorübergehend eingeschränkt sei.
Die Zentralbanken versuchten seit der globalen Finanzkrise verzweifelt, die Inflation anzuheben – aber diese Art von Inflation wollen sie nach Einschätzung des Schroders-Volkswirts nicht.