23.12.2024, 08:37 Uhr
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Den Kapitalmärkten steht das zweite Programm zur Straffung der Bilanz der US-Notenbank bevor. Sébastien Galy von Nordea Asset Management betrachtet die damit verbundenen Risiken und erläutert, wie sich Investorinnen und Investoren dagegen wappnen können.
"Die Verringerung der Bilanzsumme der US-Notenbank Fed nach so vielen Jahren der Expansion ist, als würde man ein Loch in einen Heissluftballon stechen: kein einfacher Prozess", sagt Sébastien Galy, Senior Macro Strategist bei Nordea Asset Management. Die letzte Straffung sei aus Gründen schiefgegangen, die völlig unerwartet waren. Und auch der zweite Anlauf könnte danebengehen.
Zuerst aber ein Blick zurück ins Jahr 2017, als die Federal Reserve eine quantitative Straffung ankündigte. Den Bilanzabbau liess sie auf Autopilot laufen und in der Folge wurde die Bilanz um 650 Milliarden US-Dollar gekürzt.
Der Markt nahm diese Entwicklung jedoch angesichts des sich verlangsamenden Wirtschaftswachstums und der Befürchtungen eines Handelskriegs mit China schlecht auf. Anfang November 2018 führte der Marktstress dann dazu, dass der S&P 500 im Dezember um 16% einbrach. Zur Abfederung dieser Abwärtsbewegung reagierte die Fed mit dem üblichen Programm: Sie verzichtete auf Zinserhöhungen und kündigte an, die quantitative Straffung im März 2019 auslaufen zu lassen.
Noch unerwarteter war im September 2019 der sprunghafte Anstieg der Repo-Sätze, also der kurzfristigen Refinanzierungskosten. Am 17. September stiegen die Repo-Sätze für festverzinsliche Wertpapiere innerhalb eines Tages auf bis zu 10% an. Aus Sicht der grossen Banken im Repo-Geschäft, die ihre Kredite vor allem an Hedgefonds vergeben, stand zu viel zu günstiges Fremdkapital zu wenigen Anlagemöglichkeiten gegenüber.
"Hedgefonds scheinen damals eine enorme Menge an Kapital geliehen zu haben, um absolute und relative Geschäfte mit Aktien und festverzinslichen Wertpapieren zu tätigen und so eine begrenzte Rendite zu erzielen. Angesichts dieser Situation muss das Risikomanagement einer der vier grossen Banken im Repo-Geschäft beschlossen haben, ihre Risiken zu verringern, da die Rendite bei solchen Kreditgeschäften niedrig ist und die Risiken sehr gross", so Galy. Er geht davon aus, dass einige Hedgefonds dann Schwierigkeiten bei der Suche nach Liquidität hatten, was die kurzfristigen Zinssätze in die Höhe trieb. "Zur Liquiditätsknappheit trug ausserdem bei, dass die Banken ihre Käufe von Anleihen mit längeren Laufzeiten im Zuge der Konjunkturabschwächung erhöhten. Am Ende sah sich die Fed gezwungen, massiv Liquidität zuzuführen", ergänzt er.
Angesichts der möglichen unerwarteten Auswirkungen der Bilanzstraffung sei es deshalb wichtig, dass die Fed dieses Mal umsichtiger vorgehe. Die Fed-Sitzung im Januar enthielt jedoch eine für den Markt schockierende Aussage: "Viele Teilnehmer waren der Ansicht, dass das angemessene Tempo des Bilanzabbaus wahrscheinlich schneller sein werde als während der letzten Normalisierungsphase", liess Jerome Powell verkünden.
Im Januar war zu beobachten, wie sich die erwartete Straffung der Geldpolitik vor allem auf Wachstumstitel mit langer Duration auswirkte. Das hat sich inzwischen zwar wieder etwas gelegt, es ist allerdings noch unklar, was passieren wird, wenn die hoch bewerteten Märkte mit der Liquiditätsverknappung konfrontiert werden. "Was wir im Januar erlebt haben, könnte da nur ein Vorgeschmack gewesen sein", schätzt Galy und sieht zwei Möglichkeiten der Absicherung.
Einerseits hätten europäische Aktien den Vorteil, dass sie Aussichten auf ein ordentliches Wachstum bieten und zudem weitaus vernünftiger bewertet seien. Dazu komme, dass die Europäische Zentralbank deutlich umsichtiger vorgehe. "Tatsächlich ist eine Rotation weg von US-Tech hin zu europäischen Aktien ein Leitmotiv der Sell-Side-Analysten", so der Stratege.
Weitere Absicherung gegen Stressphasen an den US- und weltweiten Aktienmärkten könnten flexible Lösungen mit antizyklischen Währungspositionen bieten.