20.12.2024, 14:24 Uhr
Das neue Diätmittel CagriSema von Novo Nordisk ist zwar besser als das alte Mittel, aber nicht besser als die Konkurrenz. Das führt zu einem Kurssturz weil mehr erwartet worden war.
Roland Cecchetto, Partner und Senior Consultant bei Communicators, spricht im Interview mit Fondstrends über die PR-Arbeit mit Asset Managern in der immer anspruchsvolleren Medienlandschaft.
Ihre Agentur Communicators ist seit 15 Jahren in der Finanzkommunikation tätig. Was hat sich in all diesen Jahren in der PR-Arbeit für Finanzinstitute verändert?
Es sind vier Hauptfaktoren, die relevant sind. Erstens hat sich das regulatorische Umfeld (Vorschriften, Compliance) massiv verändert bzw. verschärft. Zweitens hat sich der zunehmende Kostendruck in der Branche auf die PR-Budgets ausgewirkt. Drittens hat der Anteil ausländischer Vermögensverwalter, die in der Schweiz präsent sein wollen, zugenommen. Und viertens hat sich die Medienlandschaft komplett verändert, sprich ist geschrumpft.
Welche Vorstellungen für die professionelle PR-Arbeit hat normalerweise ein Unternehmen, das Ihre Dienste in Anspruch nimmt?
Das variiert von Kunde zu Kunde ziemlich stark. Was allen gemeinsam ist: Sie möchten in den relevanten Medien mit ihren Kernkompetenzen redaktionell Erwähnung finden, um so von bestehenden und potenziellen Kunden auch auf dieser Ebene als kompetent wahrgenommen zu werden und sich mit den Hauptbotschaften kontinuierlich zu positionieren. Gerade Asset Manager stehen in zunehmenden Wettbewerb untereinander. Medienberichte, welche die Kompetenzen widerspiegeln, helfen, die Verkaufsaktivitäten zu unterstützen.
Viele Publikationen von Finanzinstituten unterscheiden sich in ihren Aussagen bei Marktprognosen nur bedingt. Wie gelingt es, dass sich ein Unternehmen von anderen differenzieren kann?
Differenzieren kann man sich mit Contrarian-Meinungen, sofern man denn wirklich Contrarian ist. Diesen «Aufmerksamkeit heischenden» Weg gehen aber nur wenige Asset Manager. Deshalb kommt dem «story telling» in unserer Arbeit besondere Bedeutung zu: So kann man sich beispielsweise differenzieren, indem man Sachverhalte von einer ungewohnten Seite her beleuchtet oder in einen spannenden Kontext stellt. Markige, nicht allzu Compliance-weichgespülte Aussagen von Kompetenzträgern sind hier natürlich Gold wert, ebenso wie ein überzeugender Track-Record in der Zuverlässigkeit der Marktprognosen.
Wo sehen Sie momentan die grössten Herausforderungen in der Öffentlichkeitsarbeit von Finanzunternehmen?
Das ist vielschichtig. Auf der einen Seite drängen immer mehr Anbieter auf den Finanzplatz Schweiz. Auf der anderen Seite schrumpft der redaktionelle Raum in den Printmedien kontinuierlich. Hinzu kommt, dass wir in der Schweiz verschiedene Sprachregionen haben. Und last but not least ist die Anzahl so genannter «tier-1» Medien im Finanzbereich im Vergleich zum Ausland sehr begrenzt. Auch wenn neue Online-Plattformen entstehen, auch wenn der Zugang zu solchen Online-Plattformen einfacher geworden ist sehr viele Kunden messen einem Artikel in einer gedruckten Zeitung immer noch höheres Gewicht bei. Eine der grossen Herausforderungen ist es deshalb, im kleiner werden Angebot redaktioneller Spalten unsere Kunden aus der Masse der Anbieter herauszuheben.
Wie schafft man das?
Der Flaschenhals ist schnell ausgemacht: Letztlich ist es der jeweilige Journalist, der aus der Flut eingehender E-Mails, Einladungen und Anrufe herausfiltert, was für ihn bzw. seine Leser interessant sein könnte. Das wiederum heisst, dass auf PR-Seite nur Erfolg haben kann, wer die Journalisten und ihre jeweiligen Fachgebiete kennt. Einem Aktienspezialisten Einladungen zu Interviews mit Anleihen-Experten zuzustellen, führt schnell dazu, dass der Journalist diesen Absender gar nicht wahrnimmt. Und dass man sich fürs Gegenlesen von Interviews oder für die Beantwortung von Anfragen nicht allzu lange Zeit lassen darf, ist angesichts des herrschenden Arbeits- und Zeitdruckes bei Medienschaffenden auch klar.
In diesem sehr gut ausgebauten Netzwerk zu Wirtschafts- und Finanzjournalisten, das wir aufgebaut haben und sehr sorgfältig pflegen, und unserem profunden Verständnis der Arbeitsläufe liegt der grosse Vorteil von spezialisierten Agenturen wie unserer gegenüber solchen, die aus dem Ausland heraus agieren oder denjenigen, die in vielen verschiedenen Branchen aktiv sind.
Kann diese Spezialisierung dazu führen, dass potenzielle Kunden nicht einfach «einer von vielen» sein wollen?
Das wird ab und zu von Neukunden in den Erstgesprächen thematisiert. Die Tatsache, dass unsere Agentur mehrere Asset Manager vertritt, bedeutet aber keinen Nachteil für die jeweiligen Kunden im Gegenteil: Wir können ein spezialisiertes Wissen anbieten, das Agenturen, die in zahlreichen Branchen unterwegs sind, nicht haben können. Und wir können den Journalisten bei ihren Fragen meist die wirklich passenden Spezialisten vermitteln, weil wir eine grössere Auswahl an Kompetenzträgern haben.
In gewissen Bereichen ist Public Relations, unabhängig von Branche oder Unternehmen, übertragbar. Was sind aber die spezifischen Eigenheiten in der Finanzbranche?
Wie in anderen Branchen auch gibt es in der Finanzwelt eine eigene Fachterminologie, die man einfach beherrschen muss. Was letztlich bedeutet, dass man über ein solides Grundwissen im Finanzbereich, den verschiedenen Anlageklassen usw. verfügen sollte. Die Finanzwelt ist darüber hinaus zunehmend geprägt von Regulatorien und Compliance. Das führt bei einigen Finanzinstituten dazu, dass alles siebenfach geprüft und möglichst «neutral» formuliert wird, bevor man es freigibt. Diese Compliance-weichgespülten Texte oder Aussagen sind aber weder für den Journalisten noch für den Leser «sexy» und sie haben auch kaum mehr Aussagekraft. Das erschwert unsere Arbeit manchmal.
Der Schweizer Finanzplatz ist für ausländische Finanzinstitute, trotz vielen regulatorischen Änderungen in den letzten Jahren, weiterhin attraktiv. Wie bereiten sie ausländische Firmen, die Ihre Präsenz in der Schweiz stärken wollen auf die hiesige Medienlandschaft vor?
Wichtig ist, dem ausländischen Kunden, der neu in den Schweizer Markt eintreten will, zuallererst auf einige spezifische Eigenheiten der Medienlandschaft und der Mechanismen hier aufmerksam zu machen. Dazu gehört z.B. die verschiedenen Sprachregionen das bedingt ja einen Zusatzaufwand in der Medienarbeit. Dann geben wir auch einen vertieften Überblick über die relevanten Medien, wobei wir hier vor allem auch den qualitativen Aspekt einbringen und nicht nur auf quantitative Elemente wie Auflagenstärke und Leserzahlen abstützen, wie das die Medienagenturen tun, mit denen die Marketingabteilung der Kunden zusammenarbeiten. Ganz wichtig ist speziell bei angelsächsischen Kunden, ihnen die Arbeitsweise von Schweizer Journalisten darzulegen. So staunen viele Neukunden, dass sie hier Zitate zum Gegenlesen bekommen, bevor der Artikel veröffentlicht wird. Auch das hohe Fachwissen der hiesigen Journalisten verblüfft die Fondsmanager und anderen Experten immer wieder. Last but not least ist es wichtig, den Kunden dahingehend zu beraten, nicht ein riesiges mediales Feuerwerk zum Start lancieren zu wollen, dem dann nichts mehr folgt. Ein kontinuierliches mediales Grundrauschen in einem vorab definierten Umfeld ist einiges nachhaltiger und hilft dem Kunden bedeutend mehr.
Was ist die grössere Herausforderung bei der Beratung? Ein unbekanntes Start-Up oder ein etabliertes Unternehmen?
Beide stellen eine Herausforderung dar, wenn auch verschieden: Das Start-Up-Unternehmen ist oft euphorisch und unterliegt überspitzt formuliert manchmal dem Trugschluss, alle Medien hätten nur darauf gewartet, über sie berichten zu dürfen. Beim etablierten Unternehmen sind es hingegen oft die festgefahrenen Abläufe und Denkmuster, die sich für unsere Arbeit als Herausforderung entpuppen.