23.12.2024, 08:37 Uhr
Der Spezialkunststoff-Hersteller Gurit will sich künftig ganz auf profitablere Regionen und Geschäftsbereiche konzentrieren. Im Zuge der angekündigten Restrukturierung sollen Werke in Dänemark, Indien und der...
Die am Markt eingepreiste Wahrscheinlichkeit eines 50-Basispunkte-Schrittes der Fed schon im März schoss im Nachgang der aktuellen Inflationszahlen auf knapp 86% hoch. Es wäre das erste Mal seit über 20 Jahren, dass die Fed in einem Schritt um mehr als 25 Basispunkte die Zinsen erhöht. Damit hat das Risiko eines Politikfehlers erheblich zugenommen, meint Martin Lück von BlackRock.
Im Januar stieg die Verbraucherpreisinflation in den USA auf 7,5%, den höchsten Wert seit 40 Jahren und noch einmal stärker gegenüber dem Dezemberwert (7,0%) als der Konsensus erwartet hatte. "Was noch schwerer wog war die Tatsache, dass die Inflation sich auszubreiten scheint von ausschliesslich Covid-bedingten Komponenten – also etwa sogenannten 'stay-at-home-Gütern' – in verschiedene Kategorien des Warenkorbes, einschliesslich vieler Dienstleistungen", sagt Martin Lück, Leiter Kapitalmarktstrategie in Deutschland, der Schweiz, Österreich und Osteuropa bei BlackRock. Die Kerninflationsrate, aus der die schwankungsanfälligsten Bestandteile Energie und Nahrungsmittel herausgerechnet werden, beschleunigte sich von 5,5% im Dezember auf 6,0% im Januar.
"Es ist wohl vor allem dieses Bild einer sich ausbreitenden Inflation, das Marktteilnehmer veranlasste, ihre Erwartungen bezüglich der Fed-Reaktion deutlich zu verschärfen", kommentiert Lück weiter. Im Nachgang zur Veröffentlichung der Inflationsdaten sei die Zahl der in den Fed Funds Futures eingepreisten Zinsanhebungen für dieses Jahr auf über sechs, in der Spitze sogar fast sieben gestiegen. Dies würde bedeuten, dass die Fed nahezu ihr gesamtes Pulver bezüglich der insgesamt zu erwartenden Zinsschritte (die Erwartungen hinsichtlich der 'Terminal Rate‘ liegen mehrheitlich in der Grössenordnung von 1,75-2,0%) bereits in diesem Jahr verschiessen würde.
Wie der Kapitalmarktstratege weiter ausführt, goss jüngst James Bullard, der Gouverneur der Federal Reserve St. Louis, der in diesem Jahr im entscheidenden Federal Open Market Committee (FOMC) stimmberechtigt ist, Öl in dieses Feuer. Angesichts dieser hohen Inflationsdaten, so Bullard, würde er gern bis zum 1. Juli 100 Basispunkte an Zinserhöhungen eingetütet sehen (Zitat: "I'd like to see a 100 basis points in the bag by July 1”). Die am Markt eingepreiste Wahrscheinlichkeit eines 50 Basispunkte-Schrittes der Fed schon im März schoss daraufhin nach oben, von 48% im Nachgang der CPI-Zahlen auf knapp 86%.
"Es wäre das erste Mal seit über 20 Jahren, dass die Fed in einem Schritt um mehr als 25 Basispunktie die Zinsen erhöht. Damit hat das Risiko eines Politikfehlers erheblich zugenommen. Denn ein derart schnelles Hochziehen der Refinanzierungskosten würde, vor allem im Zusammenwirken mit der Liquiditätsverknappung durch das zügige Auslaufen der Anleihekäufe, die Finanzierungsbedingungen massiv verschärfen", gibt Lück zu bedenken und erklärt weiter: "Diese aber wirken auf der Nachfrageseite der Volkswirtschaft, bei Investitionen und Konsum, und somit würde eine derartige Straffung eine Dämpfung der aggregierten Nachfrage bedeuten, mit vermutlich spürbaren Folgen für Wachstum und Beschäftigung."
Angesichts einer Inflation, die dagegen von der Angebotsseite (Energiepreise, Engpässe in Lieferketten etc.) herrühre, würde das aber seiner Meinung nach vermutlich so lange wenig ausrichten, bis die nachfrageseitigen Preise, also etwa die Löhne, zu sinken beginnen. "Mit anderen Worten: Will eine Zentralbank wirklich einen angebotsseitigen Preisschock brechen, muss sie die Wirtschaft drastisch verlangsamen, ja geradezu abwürgen", so der Kapitalmarktstratege. Dies scheine aber angesichts der gegenwärtigen Wirtschaftslage, in der es den Zentralbanken vermutlich eher darum gehe, die monetären Bedingungen nach Covid zu normalisieren, nicht das Ziel zu sein – schon gar nicht, wenn man die neue Fed-Strategie, die erst im August 2020 beschlossen wurde, berücksichtige.
"In der Gesamtschau ergibt sich damit das Bild eines FOMC, das angesichts der extrem unpopulären Inflationsentwicklung den Druck der Öffentlichkeit spürt und anfängt, sehr kalte Füsse zu bekommen", kommentiert Lück weiter. Für die Märkte erhöhe sich damit die Wahrscheinlichkeit, dass einige der inzwischen eingepreisten gut sechs Zinsschritte bis Jahresende wieder aus den Fed Funds Futures verschwinden. Nach der jüngst deutlichen Abflachung der Zinskurve dürfe es mithin zumindest episodenartig immer wieder zu Marktphasen kommen, in denen die Kurve steiler werde.
Neben den Zentralbanken hält vor allem Russlands Militäraufmarsch an der Grenze zur Ukraine die Märkte in Atem. Dabei ist es nach Ansicht des Kapitalmarktstrategen auffällig, wie unterschiedlich das konkrete Kriegsrisiko gesehen wird je nachdem, wo man hinschaut. Glaube man westlichen Experten für Sicherheit und Militärstrategie, so habe sich mit Russlands inzwischen wohl gut 130'000 Mann starkem Aufmarsch an der Grenze zur Ostukraine und von Norden in Belarus die Wahrscheinlichkeit eines Überfalls auf über 70% erhöht. US-Geheimdienste sollen gar heute, den 16. Februar, als Tag des Einmarsches identifiziert haben. Westliche Regierungen raten Landsleuten dringend, die Ukraine zu verlassen. Dagegen sehen Analysten vor Ort, also in der Ukraine selbst und auch in Russland, das Kriegsrisiko meist erheblich geringer, bei nur 10%, und verweisen auf die immensen Schäden eines Krieges für alle Beteiligten.
"Fakt dürfte sein, dass eine tatsächliche Eskalation auch für die Finanzmärkte massive Folgen hätte, vom 'Risk-off' eines Krieges auf europäischem Territorium angefangen bis hin zu dramatisch steigenden Energiepreisen und Konsequenzen für den Welthandel. Sollte Russlands Armee tatsächlich die Ukraine überfallen, sei es nun vor dem Ende der Winter-Olympiade oder erst danach, dann könnte dies für Aktienanleger den Unterschied für das Gesamtjahr 2022 machen. Den Unterschied zwischen einem anstrengenden, aber gerade noch guten Jahr, und einem zum Vergessen", sagt Lück.