21.03.2025, 08:39 Uhr
Der Finanzbroker Compagnie Financière Tradition (CFT) hat im vergangenen Geschäftsjahr die Erträge gesteigert und unter dem Strich mehr Geld verdient. Auch der Start in das neue Jahr sei von Wachstum geprägt,...
«Der Markt hat verzweifelt auf eine Rettung der chinesischen Wirtschaft durch staatliche Anreizprogramme gewartet. Doch wie sich nun herausstellt, bestand der einzige notwendige Schritt darin, dem Privatsektor freie Hand zu lassen», schreibt Kévin Net, Fondsmanager und Leiter Asien bei LFDE.
Im August 2021, inmitten der Coronakrise, liess der chinesische Präsident ein Schlagwort aus dem Jahr 1953 wieder aufleben: den «gemeinsamen Wohlstand». Unter diesem Motto will Xi Jinping ein gerechteres Modell der wirtschaftlichen Entwicklung ohne grosses Wohlstandsgefälle fördern. Da China in den letzten zehn Jahren den grössten Zuwachs an Centi-Millionären verzeichnet hat, wird diese Botschaft aus Peking gemäss Net als ein weiterer Angriff auf die Reichsten gewertet, bei denen es sich grösstenteils um Unternehmer handelt.
Der Technologiesektor schien besonders im Fokus zu stehen. Seit dem abgebrochenen Börsengang von Ant Financial im Jahr 2020 sei der Tech-Sektor von hohem regulatorischen Druck, zahleichen Beschränkungen und unzähligen Geldstrafen gegen Unternehmen gekennzeichnet. Die Reaktion des Privatsektors auf die Kampagne für gemeinsamen Wohlstands liess nicht lange auf sich warten: Es wurden Wohltätigkeitsorganisationen gegründet und staatliche Projekte mitfinanziert. Die Internetgiganten Tencent und Alibaba gründeten eigene Stiftungen, die jeweils mit 100 Milliarden Yuan dotiert sind. In ihrem Expansionsdrang gebremst, konzentrierten sich die chinesischen Unternehmen nunmehr auf Kostenmanagement und Umstrukturierungen.
China habe allerdings die Bedeutung des Privatsektors für seine Wirtschaft unterschätzt, die sich anhand von vier Zahlen darstellen lässt: 60, 70, 80 und 90. Auf den Privatsektor entfallen rund 60 Prozent des chinesischen BIP, 70 Prozent der Innovationsfähigkeit, 80 Prozent der Arbeitsplätze in den Städten und 90 Prozent der neu geschaffenen Stellen. Mit dem Versuch, den Privatsektor einzudämmen, schwächte China seine Wirtschaft, die bereits aufgrund der Pandemie und der US-Sanktionen unter Druck stand. Die daraus resultierende Vertrauenskrise erfasste den Privatsektor, die Verbraucher, die sich um ihre Arbeitsplätze sorgten, und die Anleger, da der Privatsektor 70 Prozentdes MSCI China ausmacht.
Im September 2024 ändert Peking dann seine Rhetorik. Während die Regierung durch Aktionspläne in den Bereichen Geld- und Haushaltspolitik sowie Banken, Immobilien und Börsen die Wirtschaft zu stützen versucht, betont sie gleichzeitig die wichtige Rolle des Privatsektors. Im Januar 2025 rückt DeepSeek als chinesisches Pendant von ChatGPT den Privatsektor wieder in den Mittelpunkt der nationalen Strategie. Mit der Entwicklung von DeepSeek beweist die chinesische Tech-Branche laut Net «ihre Innovationsfähigkeit trotz des wirtschaftlichen Abschwungs und der im In- und Ausland bestehenden Hindernisse».
Auf dem von Xi Jinping geleiteten Symposium am 17. Februar traf sich die Crème de la Crème der chinesischen Unternehmer: die Gründer von Grosskonzernen wie Tencent, Xiaomi oder Alibaba und von Start-up-Unternehmen wie DeepSeek oder Unitree Robotics. Die mit dem Slogan «Prosper first for common prosperity» gesendete Botschaft ist klar: Damit der Privatsektor zum gemeinsamen Wohlstand beitragen könne, müsse die Regierung ihn erst reich werden lassen. Auf die Worte folgen recht schnell Taten. In einem Gesetzentwurf werden willkürliche Geldstrafen für private Unternehmen verboten und die Regulierungsbehörde genehmigt die Übernahme des Streaming-Geschäfts von JOYY durch Baidu, die im Jahr 2020 noch abgelehnt worden war. Es gebe sogar Gerüchte, wonach Ant Financial erneut einen Börsengang planen könnte, was ein starkes Signal wäre.
Dieses Comeback des Privatsektors wurde von den Anlegern begrüsst, wie der Anstieg des MSCI China um 15 Prozentseit Anfang 2025 (fast 40 Prozent im Jahresvergleich) und der Anstieg des chinesischen Tech-Index HSTech um 30 Prozent im selben Zeitraum belegen. «Der Markt hat verzweifelt auf eine Rettung der chinesischen Wirtschaft durch staatliche Anreizprogramme gewartet. Doch wie sich nun herausstellt, bestand der einzige notwendige Schritt darin, dem Privatsektor freie Hand zu lassen», so das Fazit.