23.12.2024, 08:37 Uhr
Der Spezialkunststoff-Hersteller Gurit will sich künftig ganz auf profitablere Regionen und Geschäftsbereiche konzentrieren. Im Zuge der angekündigten Restrukturierung sollen Werke in Dänemark, Indien und der...
Hochfrequenzhandel oder hohe Gebühren dominieren die Diskussionen im Anlagegeschäft. Wie sieht es aber mit dem eigentlichen gesellschaftlichen Sinn und Zweck der Branche aus? Stuart Dunbar von Baillie Gifford erläutert, weshalb der Anlageverwalter deshalb bei seiner Investmentphilosophie von "actual investing", also "tatsächlichem" Investieren, spricht.
Wofür werden Investitionen getätigt? Für Stuart Dunbar, Partner bei Baillie Gifford, ist die Aufgabe klar: Es geht darum, das Kapital der Kunden in innovative, wachsende Unternehmen zu investieren: "Wir sind der Meinung, dass der beste Weg, für unsere Kunden hohe Renditen zu erzielen, darin besteht, in Unternehmen zu investieren, die ihren Kunden das bieten, was sie wollen oder brauchen, und damit Antworten auf die umfassenderen Probleme der Gesellschaft geben."
So einfach es in der Theorie scheine, so schwierig sei die Praxis. Der nicht enden wollende 24-Stunden-Nachrichtenkreislauf, die kontinuierlichen Marktgeräusche, scheinbar unendliche Daten und das kurzfristige Denken in der Vermögensverwaltungsbranche von heute: All dies verstelle die klare Sicht und das rationale Urteilsvermögen, das Investitionen eigentlich erfordern.
"Dies gilt auch für die sterile Debatte 'aktiv' versus 'passiv', die viel zur fehlgeleiteten gängigen Meinung beigetragen hat, worum es bei aktiven Investitionen gehen sollte. Am bemerkenswertesten ist die falsche Prämisse, dass aktiv zu sein hektische Aktivität beinhalten müsse", so Dunbar. Ein Grossteil dieser Aktivität basiere auf abstrakten Konzepten wie der Orientierung an Regionen oder Sektoren, an Faktorgewichten oder der soganannten Mean Reversion, also der Rückkehr zum "Durchschnitt".
"Für uns als tatsächliche Investoren ist die Fixierung von Vermögensverwaltern auf diese Faktoren ein Fehler. Denn sie dient mehr den Eigeninteressen und der Spekulation als der echten Vermögensbildung", sagt Dunbar. Sie sei zum Teil eine Folge der "IT-Revolution". Die Akteure und Kommentatoren der Branche wurden durch die zusätzliche, ausserordentliche Rechenleistung, Kapazität und Geschwindigkeit der IT in den Schatten gestellt. Pseudo-wissenschaftliche Investitionen, die auf immer schnellerer Kommunikation und "number crunching" basieren, hätten dazu beigetragen, dass der Wettbewerb um Renditen wichtiger geworden ist als die Suche nach den Unternehmen, die in Zukunft wirklich Werte schaffen.
Die neuen Methoden zur Analyse von Marktbewegungen, die einen grossen Teil der Aufmerksamkeit der Vermögensverwaltungsbranche auf sich ziehen, seien nicht aussagekräftig mit Blick auf die wirklich wichtigen Entwicklungen in der realen Welt – beispielsweise wie stark sinkende Kosten für die Gensequenzierung mit grossen Datenmengen kombiniert werden können, um die Gesundheitsbranche zu revolutionieren. Stattdessen hätten sie dazu beigetragen, den Fokus auf die Kosten und nicht auf das Preis-Leistungs-Verhältnis zu lenken.
"Solche Anomalien haben den Anstieg passiver Investitionen begünstigt, die einen kostengünstigen Marktzugang ermöglichen und nach Gebühren eine bessere Performance bieten können als viele aktive Manager. Aber per Definition geht es bei passiven Investitionen nicht um eine durchdachte Kapitalallokation in innovative Unternehmen, sondern darum, alle im Index enthaltenen Unternehmen unterschiedslos zu kaufen", erklärt Dunbar.
Vor diesem Hintergrund sei es wichtig, gängige Meinungen in Frage zu stellen. Und vor allem: Unabhängig, kreativ und langfristig zu denken. "Ausgehend von Ergebnissen der wisschenschaftlichen Forschung, die zeigen, dass erstaunlich wenige Aktien über lange Zeiträume hinweg den meisten Wohlstand geschaffen haben, sind wir bei Baillie Gifford überzeugt, dass es unsere Aufgabe als Actual Investors ist, Ausreisser aufzuspüren. Wir tun dies, indem wir Verbindungen zu Partnern in der Wirtschaft und Wissenschaft knüpfen, die über mehr Wissen und mehr Erfahrung verfügen als wir. Wir akzeptieren Unsicherheit und sind offen für die Möglichkeit, dass wir uns irren", so Dunbar.
Die beste Art und Weise, Kunden zu dienen, bestehe deshalb darin, sich langfristig auf die Unterstützung von Unternehmen zu konzentrieren und die kurzfristigen Geräusche des Marktes zu ignorieren.