11.10.2024, 09:36 Uhr
Maverix bringt die weltweit ersten ETPs mit Staking und Ausschüttung auf Ethereum und Solana an die SIX.
«Sollte man wieder optimistisch sein? Oder sich zumindest nicht mehr so viele Gedanken über die Übel dieser Welt machen?» Mit diesem Fragen beschäftigt sich Chris Iggo, CIO Core Investments bei AXA Investment Managers, mit Blick auf die aktuellen Entwicklungen an den Finanzmärkten.
Corona scheint lange vorbei, die Inflation war wohl vor allem ein Angebotsschock, der jetzt ausläuft, und die Zinserhöhungen dürften bald enden. In einem Jahr könnte es dann heissen, dass der Fed unter Jerome Powell wieder einmal eine weiche Landung gelungen ist.
«Die letzten Jahre mögen schwierig gewesen sein, aber die Zukunft scheint spannend. Die Energiewende und die nächste technologische Revolution könnten für Investoren grosse Chancen sein. Statt schwache Technologieaktien zu fürchten, freut man sich vielleicht über die Aufholjagd von Konsumwerten», schreibt Chris Iggo.
Am Markt rechne man mit enormen Gewinnen durch Künstliche Intelligenz (KI) und verwandte Technologien, aber vielleicht erlebten wir auch eine klassische Erholung von Zyklikern, fügt er an. «Man sollte es sich genau überlegen, ob man wirklich dagegen wetten will.» Kurzfristig seien die Notenbanken aber noch immer auf die Inflation fixiert. Das könnte den Optimismus noch etwas bremsen.
Leitzinsmaximum: Eine echte Baisse entstehe fast immer durch eine straffere Geldpolitik. Kurzfristige Verluste könnten aber auch andere Ursachen haben; man denke etwa an den Beginn der Pandemie. Wirklich langfristig und massiv könne aber vor allem die Geldpolitik schaden. Wenn die Notenbanken die Zinsen anheben, fallen meist die Kurse. So war es auch letztes Jahr. Doch jetzt rechnen die meisten Anleger damit, dass die Zinserhöhungen im Wesentlichen vorbei sind. Vielleicht bestätige sich das, wenn die Fed auf der Offenmarktausschusssitzung am 14. Juni auf einen erneuten Zinsschritt verzichtet. Der Markt schätzt die Wahrscheinlichkeit einer Erhöhung nur noch auf 40 Prozent.
Und doch könne es bis zum Zinsmaximum noch dauern. Sowohl die Reserve Bank of Australia als auch die Bank of Canada haben ihre Leitzinsen diese Woche um weitere 25 Basispunkte angehoben. «Ich bin sicher, dass die Kerninflation in den nächsten Monaten nachlässt, aber die Notenbanken wollen kein Risiko eingehen. Noch immer ist die Konjunktur so stark, dass es gute Argumente für weitere Zinserhöhungen gibt. Das ist das grösste kurzfristige Risiko für die zurzeit gute Stimmung an den Aktienmärkten», glaubt Iggo.
Was wäre, wenn …? Wenn die Fed die Zinsen unverändert lässt, werde man am Markt aber glauben, dass es das jetzt gewesen sei. Die Kurse würden entsprechend steigen. Nach dem Ende der Zinserhöhungen fallen meist die Anleihenrenditen. Seit November lag die Zehnjahresrendite stets zwischen 4 Prozent und 3,25 Prozent, die jetzt vielleicht unterschritten würden. 2023 könne noch immer ein Anleihenjahr werden, fügt er an.
Höhere Zinsen, niedrigere Erträge: Rezessionen werden meist dadurch ausgelöst, dass die Notenbanken die Geldpolitik straffen, auch wenn nicht jeder Zinserhöhungszyklus in die Rezession führt. Nach einer Preisblase ist die Korrektur noch schlimmer. So war es nach der Dotcom-Blase zu Beginn des neuen Jahrtausends und nach dem Subprime-Debakel, das 2008/2009 eine weltweite Finanzkrise auslöste. Die Zinsen stiegen, und die Blasen sind geplatzt.
Preisblasen: «Vielleicht liege ich falsch, aber ich sehe zurzeit keine echten Anzeichen für Preisblasen», schreibt der CIO Core Investments bei AXA Investment Managers. Die Verschuldung sei nicht übermässig hoch. Im Gegenteil – dank des starken nominalen Wirtschaftswachstums konnten die Unternehmen Schulden abbauen. Auch seien die Märkte keineswegs übertrieben euphorisch. Eher schon glaube man, dass eine Rezession nur eine Frage der Zeit sei. Dann würden die Ausfallquoten steigen und die Aktienkurse erneut fallen – ein klassischer Double-Dip. Es strömt auch nicht übermässig viel Geld in den Markt – den Daten zufolge mussten Aktienfonds dieses Jahr sogar Abflüsse hinnehmen. Investiert wurde vor allem in Geldmarktfonds und hochverzinsliche Kurzläufer.
Cash is King – daran hat sich laut Iggo nichts geändert. Dabei liessen sich viele Gründe für Pessimismus finden: steigende Zinsen, der Kampf gegen die Inflation, Wertpapierverkäufe der Notenbanken, weltpolitische Spannungen und die geringe Markbreite bei Aktien. «Aber die Unkenrufe verhallen oder werden ins Leere getwittert. Der Markt will es nicht hören», folgert man bei AXA IM.
Hausse? Viele mögen es anders sehen, aber es gebe durchaus Gründe für Optimismus. Corona, Inflation und Zinserhöhungen seien vorbei, und die Pandemie habe die Arbeitsmärkte flexibler gemacht. Die Unternehmen rechnten nicht mit deutlichen Umsatzrückgängen. Die OECD hat diese Woche zwar eine schwächere Weltkonjunktur prognostiziert, aber keine Rezession. Auch scheine es erste Anzeichen für Tauwetter zwischen den USA und China zu geben, und je länger der Krieg in der Ukraine dauere, desto weniger gelte Russland als Bedrohung.
Einzigartige USA: Den Vereinigten Staaten drohe kein Zahlungsausfall mehr. Nachdem diese Gefahr vorbei sei, sollte man die USA als das ansehen, was sie sei: die dynamischste Volkswirtschaft der Welt, mit dem grössten Langfristpotenzial für Investoren. China sei sicherlich ein Konkurrent, aber die «jüngsten Zahlen waren enttäuschend». Auch die ungünstige Demografie mache es recht unwahrscheinlich, dass China langfristig die Oberhand gewinne. Die gute Performance amerikanischer Mega Caps zeige eindrucksvoll, dass die USA trotz aller Kritik am politischen System etwas Besonderes sind. Titel wie NVIDIA und Apple stiegen auf neue Rekordhochs, und immer häufiger heisst es, dass die KI ein neues Technologiezeitalter einläuten werde. Diese Woche gab es allerdings einzelne Hinweise darauf, dass die Mehrerträge von Technologieaktien erst einmal vorbei sein könnten, weil andere Sektoren jetzt aufholen. Der Mai war ein guter Monat für Industrie- und Konsumgebrauchsgüterwerte.
Die Roboterfrage: Ist KI eine Preisblase? Wer in Aktien investieren will, möchte sich in KI engagieren, direkt oder indirekt. Zugleich wird viel darüber diskutiert, ob die KI-Forschung reguliert werden müsse. Werden Maschinen am Ende intelligenter sein als Menschen und unsere Existenz bedrohen? «Für mich ist die Frage eher, wie man KI-Aktien bewerten soll», schreibt Iggo. Wenn KI weitere Fortschritte mache und in den unterschiedlichsten Sektoren und Branchen genutzt werde, verspreche dies enorme Wohlstandsgewinne. Könnte KI nicht die Krebsfrüherkennung verbessern? Oder zum Klimaschutz beitragen, durch die Optimierung von Elektrizitätsnetzen, energieeffizientere Gebäude und klimafreundlichere Verkehrssysteme? Was wäre, wenn KI das Artensterben begrenzte – durch intelligentere Landnutzung, höhere Ernteerträge und eine umweltfreundlichere Abfallwirtschaft?
Das neue VR-Headset Vision Pro von Apple zeige, welches kommerzielle Potenzial die Verbindung von KI und virtueller Realität hat. Es biete sehr viel mehr als soziale Medien, Unterhaltung und Produktivitätsgewinne.
Risiken: Natürlich gebe es auch Risiken. Lernende Maschinen könnten auch für weniger ehrenhafte Ziele genutzt werden. Roboter könnten zu Kriegswaffen werden, Terroranschläge verüben und Freiheit und Demokratie schaden. Darüber schrieb George Soros diese Woche auf der Website Project Syndicate. Er forderte die Politik auf, die KI-Forschung schnell zu regulieren. Alle grossen Anbieter müssten dann mitmachen. Der amerikanische Kongress hat den Technologiesektor schon vorher ins Visier genommen. Wegen der Risiken dürfte KI zweifellos zu einem großen politischen Thema werden.
KI bewerten? «Es ist unmöglich, den Kapitalwert von KI zu berechnen – also die Differenz aus künftigem wirtschaftlichem und sozialem Nutzen und Risiken. Als geborener Optimist glaube ich gerne, dass der Nutzen die Kosten überwiegt, wie bisher bei allen technologischen Revolutionen», folgert Iggo. Die Kursgewinne amerikanischer Technologieaktien in den letzten Wochen und die gute Performance koreanischer und taiwanesischer Titel sprächen dafür, dass es immer mehr Investoren genauso sehen – zumindest so lange, bis die Risiken klarer zutage treten. Doch selbst dann würde die Regulierung die legale Nutzung von KI in der Wirtschaft nicht stoppen.