04.10.2024, 15:09 Uhr
Während aktive ETFs in den USA weiterhin ein Riesenerfolg sind, ist ihr Anteil in Europa mit etwas mehr als 2% des gesamten ETF-Volumens von knapp zwei Billionen Euro noch überschaubar. Doch das Segment wächst...
Die Weltwirtschaft hat in den vergangenen 40 Jahren mehrere Schocks erlebt. Die aktuelle Situation sei jedoch schwieriger als frühere Krisen, erklärt Shamik Dhar von BNY Mellon Investment Management.
Die 80er und 90er Jahre brachten einige turbulente wirtschaftliche Perioden mit sich. "Es sind aber die Jahre von der Jahrtausendwende bis heute, die mit Blick auf Wirtschaftskrisen hervorstechen", sagt Shamik Dhar, Chief Economist von BNY Mellon Investment Management. Angefangen hat es mit der Dotcom-Blase und den geopolitischen Umwälzungen nach dem 11. September. Es folgte die grosse Finanzkrise 2007/08, der Brexit und die Corona-Pandemie. Aktuell beunruhigen der Krieg in der Ukraine und die massiv gestiegenen Lebenserhaltungskosten.
Es gebe zwei Typen von Schocks, die die Wirtschaft erschüttern können: der Angebots- und Nachfrageschock. Die Finanzkrise von 2007/08 drückte auf die Nachfrage, die im Anschluss im gesamten Nordatlantikraum für lange Zeit schwächelte. Bei solchen Nachfrageschocks sei es einfacher, bestimmte Wirtschaftsindikatoren zu prognostizieren. Zum Beispiel, dass das BIP und die Inflation danach länger niedrig bleiben würden.
Bei der Corona-Pandemie waren sowohl das Angebot als auch die Nachfrage betroffen. Die Geschwindigkeit der Erholung war zu Beginn aber noch nicht klar. Es war offen, ob sich die Konjunktur nach dem Abklingen des Schocks – anders als bei der Finanzkrise – schnell erholen würde.
"Die aktuelle Situation belastet eindeutig das Angebot", erklärt Dhar weiter. Die russische Invasion kam überraschend und setzte die Weltwirtschaft unter Druck, deren Produktivitätswachstum bereits geschwächt war. Hinzu komme eine Reihe bedeutender struktureller Veränderungen, etwa auf dem Arbeitsmarkt, die Umstellung auf Netto-Null-Emissionen, die Digitalisierung und das geopolitische Umfeld.
All diese strukturellen Veränderungen fänden eher im Hintergrund statt. "Anlegerinnen und Anleger sollten sie im Auge behalten, ebenso wie die unmittelbaren Auswirkungen dieser Schocks. Das macht die heutige Situation komplexer und schwieriger, als das in früheren Krisen der Fall war", so Dhar.
Die wirtschaftlichen Probleme der 70er, 80er und 90er Jahre seien weitgehend auf die steigenden Lebenshaltungskosten zurückzuführen. 15 Jahre Erfahrung mit Inflationszielen sollten den Notenbanken nun aber zum Vorteil gereichen. Sie würden auch nicht die Fehler der 1970er-Jahre wiederholen. Aber – die kommenden ein bis zwei Jahre dürften schwierig bleiben.
Die Ursache für die derzeitige Situation liege aber nur zum Teil in einer Fehldiagnose der Zentralbanken bezüglich der längerfristigen Auswirkungen der Pandemie – zumindest im Falle der Fed und der BoE. Während des gesamten Jahres 2020 und Anfang 2021 gingen die meisten Notenbanken und Ökonomen davon aus, dass es lange dauern würde, bis sich die Weltwirtschaft wieder erholt und dass umfangreiche fiskalische Unterstützungen erforderlich sind.
"Das war jedoch eine Fehleinschätzung, die dazu geführt hat, dass die Geldpolitik länger als nötig so locker wie möglich gehalten wurde. Ja, die derzeitige Inflation und die Krise der Lebenshaltungskosten sind die Folgen des Krieges zwischen Russland und der Ukraine. Ein Teil der aktuellen Probleme sind aber auch auf die Fehleinschätzung des Fed zurückzuführen", meint der Chief Economist.
Die Inflation dürfte wahrscheinlich weltweit wieder sinken, aber die entscheidende Frage sei, auf welchem Niveau sie sich stabilisiere und ob sie mit den Inflationszielen der Zentralbanken vereinbar sei. Möglicherweise müssen die Notenbanken die Zinsen weiter anheben, selbst wenn das in eine Rezession führe.
Mit Blick auf eine mögliche Konjunkturabschwächung sei eine Rezession in den grossen Volkswirtschaften – USA, Vereinigtes Königreich, Japan und Eurozone – aus zwei Gründen wahrscheinlich: Erstens sei es der Anstieg der Energiepreise und die damit verbundene Verteuerung der Lebenshaltungskosten, die auf der Nachfrage lasten. Zweitens drücke der Zinsanstieg und die zur Eindämmung der Inflation erforderliche Straffung der Geldpolitik auf die Finanzmärkte, das Sentiment und die Konjunktur.