23.12.2024, 08:37 Uhr
Der Spezialkunststoff-Hersteller Gurit will sich künftig ganz auf profitablere Regionen und Geschäftsbereiche konzentrieren. Im Zuge der angekündigten Restrukturierung sollen Werke in Dänemark, Indien und der...
Europäische Unternehmensanleihen der Bonität "Investment Grade" haben sich seit Jahresanfang mit einer Performance von rund 6,7 Prozent erstaunlich gut entwickelt. Rosemarie I. Baumann, Senior Analyst und Portfoliomanagerin bei Bantleon nennt sechs Gründe, warum Anleger auch jetzt noch in Euro-Unternehmensanleihen investieren sollten.
Erstens: Die Konjunktur stützt die Unternehmen
Wir sind zuversichtlich, dass sich noch für den Herbst eine Stabilisierung und anschliessende Erholung der offiziellen konjunkturellen Frühindikatoren einstellt. Ausschlaggebend hierfür sind der Renditerückgang im laufenden Jahr, die starke Einengung der Risikoprämien, die Euro-Abwertung, die gesunkenen Rohstoffpreise und das anziehende Geldmengenwachstum. Diese Faktoren zusammengenommen schaffen günstige Voraussetzungen für eine Revitalisierung der wirtschaftlichen Perspektiven natürlich nur unter dem Vorbehalt, dass sich geopolitische Konflikte wie in der Ukraine nicht weiter zuspitzen. Nach sechs Jahren Dauerkrise hat sich zudem in vielen Bereichen Nachholbedarf aufgestaut, der einen binnenwirtschaftlichen Wachstumsschub schaffen könnte.
Zweitens: Das geldpolitische Umfeld bleibt günstig
Den aktuellen Massnahmenkatalog der EZB und die hohe Wahrscheinlichkeit eines "Quantitative Easings" stufen wir als positiv für Unternehmensanleihen ein. So sollte die expansive Geldpolitik der EZB die Unternehmensanleihenmärkte in den nächsten sechs Monaten ebenso stützen wie die positiven technischen Faktoren, beispielsweise hohe Mittelzuflüsse in Unternehmensanleihen angesichts mangelnder attraktiver Alternativen.
Drittens: Die Unternehmensbilanzen sind grundsolide
Die Gewinnsteigerungsraten europäischer Unternehmen fielen im 2. Quartal mit rund 16 Prozent gegenüber dem Vorquartal recht solide aus. Weitere Zuwächse sind wahrscheinlich. Zugleich dürften jedoch die Umsätze nur mühsam zulegen. Unter dem Strich sind die Bilanzen aber als solide zu bewerten, nicht zuletzt da die Schuldner dank günstiger Refinanzierungskonditionen über hohe Barmittel verfügen.
Viertens: Trotz hoher Bargeldbestände handeln die Unternehmen konservativ
Die üppigen Bargeldbestände erlauben eine aggressivere Unternehmenspolitik. Emittenten aus Schwellenländern verfolgen diese Ziele bereits, gefolgt von Schuldnern aus den USA, wenn auch mit grossem Abstand. Auch in den europäischen Kernländern setzt sich bei den Unternehmen der Schuldenabbau nach drei Jahren Bilanzreparatur nicht mehr in der Breite fort. Dennoch ist die Investitionsneigung der Firmen trotz prall gefüllter Kassen eher tief geblieben, insbesondere bei Schuldnern aus europäischen Peripherieländern. Darüber hinaus sollten aktionärsfreundliche Aktivitäten die Bonität der europäischen Emittenten der Bonität "Investment Grade" nicht allzu stark beeinträchtigen.
Fünftens: Die Unternehmen der Eurozone befinden sich aus Bondholder-Sicht in einer günstigen Phase des Kreditzyklus
Während die Emittenten europäischer Peripheriestaaten langsam das Ende der Entschuldungsphase erreichen, durchschreiten die Schuldner aus europäischen Kernländern das erste Drittel der Erholungs-/Re-Leveragingphase. Die Unternehmen versuchen, ihre Gewinnmargen ebenso wie den Cash-flow organisch oder durch Fusionen und Übernahmen (M&A) zu steigern, wobei die Verschuldungskennziffern tendenziell weiter fallen oder nur moderat steigen. Die schwächere Konjunkturdynamik in Europa, die durch geopolitische Spannungen und schwächeres Wachstum in den Schwellenländern belastet wird, lässt vermuten, dass europäische Unternehmen länger als üblich in der Erholungsphase verharren. Dies ist positiv für Unternehmensanleihen. Aus Bewertungssicht sind allerdings viele gute Nachrichten bereits in den Risikoprämien enthalten: Non-Financial-Unternehmensanleihen der Bonität "Investment Grade" liegen gleichauf mit ihren US-Pendants; Financials haben hingegen vergleichsweise noch marginalen Spielraum für weiter sinkende Risikoprämien.
Sechstens: Die Ausfallrisiken sollten vorerst tief bleiben
Die vom Kapitalmarkt implizierten Ausfallraten von Unternehmensanleihen der Bonität "Investment Grade" liegen noch immer markant über den historischen Höchstständen und decken das Risiko der Investoren unseres Erachtens ausreichend ab. Unter Annahme einer Rückzahlungsquote von 40 Prozent beispielsweise zeigt in Europa ein Blick auf die implizite Ausfallrate und die seit 1970 von den Ratingagenturen beobachtete historische 5-Jahres-Ausfallquote, dass sich die tatsächliche durchschnittliche Ausfallwahrscheinlichkeit für Unternehmensanleihen der Bonität "A3" bis "Baa1" noch immer deutlich unter den Markterwartungen bewegt. Die Kreditausfallprämien (CDS) liegen also erheblich über der tatsächlichen Ausfallwahrscheinlichkeit. Der Kapitalmarkt geht von einer Ausfallrate von 4,8 Prozent über fünf Jahre aus. Dies entspricht noch immer dem 6-fachen der durchschnittlichen historischen 5-Jahres-Ausfallrate. Ähnliches gilt rein isoliert aus der Perspektive der Ausfallwahrscheinlichkeit betrachtet auch für "BBB"-Unternehmensanleihen (Non-Financials).
Perspektiven für die nächsten 6 Monate:
Die Risikoprämien von Unternehmens- und Hochzinsanleihen sind in den vergangenen Monaten weiter zusammengelaufen und haben dabei auf breiter Front die Niveaus vor Ausbruch der Finanzkrise unterschritten. Im aktuellen renditeschwachen Umfeld sollten Schuldner der Ratingkategorie "BBB" vorläufig noch ansprechende Voraussetzungen bieten, um die strukturelle Nachfrage der Anleger nach Rendite aufzufangen. Dies dürfte sich erst bei einer Renditenormalisierung ändern, die bei den Investoren Teilumschichtungen aus Renditepapieren zur Folge hätte. Für Unternehmensanleihen der Bonität "Investment Grade" mit einer durchschnittlichen Laufzeit von 5 Jahren gehen wir bis zum Jahresende von einem Gesamtertrag von 7 bis 8 Prozent aus. Den Gesamtertrag von Unternehmensanleihen sehen wir auf Sicht von zwölf Monaten leicht positiv, aber gleichfalls weit unter den Niveaus der Vorjahre. Sofern geopolitische Unsicherheiten nicht erneut aufflammen, sollten Investment-Grade-Unternehmensanleihen in den nächsten Monaten eine höhere Performance als erstklassige Anleihen bieten und eine Outperformance gegenüber Safe-Haven-Anlagen wie deutschen Bundesanleihen und Eidgenossen erreichen.
Folgende Branchen präferieren wir derzeit:
Grundsätzlich setzen wir auf solide Emittenten der Ratingkategorie "BBB" mit einer Laufzeit von 3 bis 7 Jahren. Innerhalb unserer Branchenallokation bevorzugen wir bei den Nicht-Finanz-Sektoren einerseits die zyklischen Sektoren wie die Industrie und die Grundstoffe (Bergbau); andererseits aber auch defensive Sektoren wie die Telekommunikation und Versorger. Bei Letzteren bevorzugen wir Emittenten aus Peripherieländern, die sich nach neuen Möglichkeiten ausserhalb ihrer Heimatmärkte umschauen und ein stärkeres Gewinnwachstum aufweisen. Bei den Telekomfirmen sollten sich das Kreditprofil stabilisieren und die Ratingheraufstufungen weitergehen, auch wenn die fundamentale Situation herausfordernd bleibt. Gleichzeitig sehen wir bei den Financials vereinzelt Anlagechancen in den Sektoren Versicherungen und REITs, weshalb wir sie ebenfalls verstärkt zur Beimischung heranziehen.