02.12.2024, 10:49 Uhr
«Europa steht wirtschaftlich unter Druck und muss seine Wettbewerbsfähigkeit gegenüber anderen globalen Wirtschaftsmächten – insbesondere den USA – verbessern», heisst es im neuesten Marktausblick des...
Im Februar setzte weltweit eine Schwächephase bei Aktien ein, die von der Japan-Katastrophe verschärft wurde. Schwellenländer zeigten dabei relative Stärke. Mikio Kumada, Global Strategist bei LGT Capital Management, glaubt aber, dass die jüngste Schwellenländer-Stärke wieder nachlassen dürfte, sobald die Märkte den Japan-Schock verarbeitet haben.
Ende Februar lösten wirtschaftliche und geopolitische Sorgen eine Konsolidierungsphase bei Aktien aus, welche durch die Naturkatastrophe in Japan verschärft wurde. Der MSCI World Index, welcher sich seit Beginn der aktuellen Hausse verdoppelt hat, gab vom letzten Hoch am 18. Februar bis zum 15. März um 8,3% nach. Inzwischen wurden 81% dieses Verlustes wieder aufgeholt. Die Konsolidierung scheint sich ihrem Ende zu nähern. Während der Schwächephase zeigten Schwellenländer-Aktien relative Stärke, was vermuten lässt, dass die seit Herbst 2010 anhaltende Underperformance der Emerging Markets vorbei sein könnte. Wir denken aber, dass die jüngste Schwellenländer-Stärke wieder nachlassen dürfte, sobald die Märkte den Japan-Schock verarbeitet haben. Es gibt einige fundamentale Gründe für diese Einschätzung.
Monetäre Situation begünstigt entwickelte Märkte
Das geldpolitische Szenario hat sich nach dem Japan-Unglück weiter zugunsten der Industrieländer verschoben. Die Bank of Japan hat die Geldpolitik gelockert. Die bereit gestellte Liquidität entsprach rund 5% des Bruttoinlandsprodukts. Weitere Massnahmen zur Unterstützung des Wiederaufbaus sind wahrscheinlich. Zudem dürften die Notenbanken in Amerika und Europa bei der Rücknahme der geldpolitischen Stimulation Vorsicht walten lassen, zumindest bis sie sicher sind, dass die Ereignisse in Japan den Konjunkturausblick tatsächlich nicht eingetrübt haben. Im Gegensatz dazu ist eine Pause im monetären Straffungsprozess in schnell wachsenden Schwellenländern, wo Inflationsrisiken bereits vor dem Japan-Desaster unangenehme Niveaus erreicht hatten, weniger wahrscheinlich. Die jüngste Zinserhöhung in China die vierte in fünf Monaten unterstreicht diesen Punkt. Selbst wenn einige Schwellenländer das Straffungstempo drosseln sollten, bleibt die geldpolitische Grundhaltung in den Wachstumsmärkten strenger als in den Industrieländern.
Inflationsrisiken belasten die Emerging Markets
Weltweit herrscht weiterhin ein inflationärer Trend. Volkswirtschaften wachsen, Rohstoffpreise steigen und Liquidität ist ausreichend verfügbar. In einigen wichtigen Märkten, insbesondere in China, steigen auch die Reallöhne. Die Japan-Katastrophe hat plötzlich Produktionskapazitäten in einer grossen, industriell vernetzten Volkswirtschaft vernichtet. Solche Angebot-Schocks sind tendenziell inflationär. Gleichzeitig wird der japanische Wiederaufbau in den kommenden Monaten an Dynamik gewinnen und die Nachfrage für Rohstoffe und Industriegüter zusätzlich steigern.
Schwellenländer sind auf Straffungspläne angewiesen Eine Verschiebung der geldpolitischen Straffung birgt für inflationär wachsende Schwellenländer höhere Risiken. Sollten die Straffungspläne in USA oder Europa aufgeschoben werden, könnte die Inflation in den Industriestaaten auf bis zu 4% steigen, was eine positive Wirkung auf die meisten Finanzanlagen mit Ausnahme von Staatsanleihen hätte. In Japan würde ein glaubwürdiger Anstieg der Inflationserwartungen sogar zu einer grundlegenden Wiederbelebung der Wirtschaft beitragen: Der Privatsektor wäre motiviert, sich zu verschulden, zu investieren und zu konsumieren, was dem Staat ermöglichen würde, die Schuldenlast allmählich zu reduzieren. Anders ist die Situation in den Schwellenländern, wo Inflationsraten typischerweise doppelt so hoch sind wie in den Industrieländern und auch Kredit-Blasen nicht unüblich sind. Eine nachlassende Inflationsbekämpfung würde wirtschaftliche Risiken akzentuieren, in einigen Fällen möglicherweise auch soziale und politische Probleme verschärfen. Das Tolerieren grundsätzlich deutlich höherer Inflationserwartungen würde auch die Modernisierung der strukturellen Wettbewerbsfähigkeit von Schwellenländer-Unternehmen verzögern, da Anreize zur Produktivitätssteigerung zugunsten roher Wachstumsstrategien wieder in den Hintergrund treten würden.