23.12.2024, 08:37 Uhr
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Der weltgrösste Flugzeugbauer Airbus hat seinen kriselnden Konkurrenten Boeing 2023 erneut weit hinter sich gelassen. Trotz angespannter Lieferketten fertigte der europäische Hersteller 735 Verkehrsflugzeuge und verkaufte damit über 200 mehr als sein Rivale aus den USA.
Zugleich bestellten Kunden mehr als 2000 neue Airbus-Jets - ein Branchenrekord. Auch der Auftragsbestand erreichte mit fast 8600 Flugzeugen einen Spitzenwert. Vorstandschef Guillaume Faury will die Flugzeugproduktion deshalb erst recht kräftig ausweiten. Die Airbus-Aktie stieg nach den Neuigkeiten vom Donnerstagabend auf ein Rekordhoch.
Am Freitagmorgen legte sie um mehr als zweieinhalb Prozent auf den Spitzenwert von 147,70 Euro zu und gehörte zu den stärksten Titeln im Dax . Seit dem Jahreswechsel hat sie rund fünf Prozent gewonnen. Beim Börsenwert rückt Airbus damit nahe an Boeing heran: Insgesamt wird der europäische Konzern nun mit mehr als 116 Milliarden Euro bewertet. Der Konkurrent aus den USA kommt umgerechnet auf 123 Milliarden Euro. Die Boeing-Aktie hat infolge des Beinahe-Unglücks des Verkaufsschlagers 737 Max seit dem Jahreswechsel fast 15 Prozent eingebüsst.
Bis Airbus wieder so viele Maschinen baut wie vor der Corona-Pandemie, wird es trotz immer dickerer Auftragsbücher aber noch dauern. Faury zeigte sich zwar zuversichtlich, 2024 mehr Flugzeuge auszuliefern als im vergangenen Jahr. Der Rekordwert von 863 Maschinen aus dem Jahr 2019 werde aber noch nicht wieder erreicht, stellte der Manager klar. Ein konkretes Ziel will er bei der Vorstellung der Jahresbilanz am 15. Februar nennen.
Im abgelaufenen Jahr übertraf Airbus sein Ziel von 720 Flugzeug-Auslieferungen um 15 Maschinen und liess damit auch Boeing mit dessen 528 Auslieferungen klar hinter sich. Noch 2022 hatte Airbus seine Pläne wegen knapper Bauteile wie Triebwerken und Sitzen zweimal kappen müssen und letztlich nur 661 neue Jets an Kunden übergeben.
Die Verwerfungen aus der Corona-Krise sind für die Hersteller immer noch nicht ausgestanden. Zwar sind die Passagiere inzwischen ebenso zurück wie die Nachfrage nach modernen und weniger spritdurstigen Flugzeugen. Doch Engpässe bei Zulieferern machen den Herstellern zu schaffen. Laut Faury hat sich die Lage in den Lieferketten inzwischen immerhin verbessert.
Der neue Leiter der Airbus-Verkehrsflugzeugsparte, Christian Scherer, geht zudem davon aus, dass der Triebwerksbauer Pratt & Whitney genügend neue Antriebe liefern kann. Die Tochtergesellschaft des US-Konzerns RTX muss wegen eines Materialmangels Teile an rund 3000 bereits ausgelieferten Triebwerken austauschen. Auch Pratt & Whitneys deutscher Partner MTU aus München ist davon betroffen.
An Aufträgen für neue Flugzeuge mangelt es Airbus nicht - ganz im Gegenteil. «Ursprünglich gingen wir davon aus, dass sich der Luftverkehr irgendwann zwischen 2023 und 2025 erholen würde», sagte Scherer. Doch neben dem Bedarf an Mittelstreckenjets sei auch die Nachfrage nach Langstrecken-Flugzeugen viel früher und stärker zurückgekehrt als erwartet.
Im vergangenen Jahr sammelte Airbus Bestellungen über 2319 neue Passagier- und Frachtjets ein. Nach Abzug von Stornierungen waren es 2094 Stück, mehr als doppelt so viele wie im Vorjahr. So viele Aufträge hatten weder Airbus noch Boeing je zuvor in einem Jahr verbucht.
Airbus' Auftragsbestand wuchs dadurch binnen Jahresfrist von 7239 auf 8598 Passagier- und Frachtjets. Der Anstieg entspricht fast der doppelten Jahresproduktion. Konkurrent Boeing holte netto 1314 Neubestellungen herein und hatte zum Jahreswechsel noch offene Aufträge über 6216 Maschinen im Bestand.
Vor allem die Airbus-Flugzeuge aus der A320neo-Familie sind so stark gefragt, dass die Produktion laut Scherer bis Ende des Jahrzehnts ausgebucht ist. Im vergangenen Jahr entfielen fast 80 Prozent der ausgelieferten und bestellten Maschinen auf diese Modellreihe. Ausserdem lieferte Airbus 96 Grossraumjets aus, darunter 64 A350 und 32 A330neo, sowie 68 Exemplare des kleinsten Modells A220.
Um die Nachfrage zu stillen, will das Management die Produktion der A320neo-Familie bis zum Jahr 2026 von zuletzt etwa 50 auf dann 75 Maschinen pro Monat ausbauen. Das sind rund anderthalb Mal so viele, wie Boeing für sein Konkurrenzmodell 737 Max anpeilt. Um das zu schaffen, errichten die Europäer in den USA und China je eine neue Endfertigungslinie. Eine zusätzliche Linie in Toulouse ist bereits in Betrieb.