"2015 ist vorerst nicht mit steigenden Zinsen zu rechnen"

Steigende Zinsen und Geldpolitik werden die zentralen Anlagethemen im kommenden Jahr sein, so das Fazit von BNY Mellon Investment Management in ihrem aktuellen Marktausblick.

03.12.2014, 10:51 Uhr

Redaktion: jod

Steigende Zinsen und Geldpolitik werden die zentralen Anlagethemen im kommenden Jahr sein. Zu diesem Fazit kommt BNY Mellon Investment Management in seinem Marktausblick 2015, in dem die unterschiedlichen Investmentboutiquen mit 14 Beiträgen ihre Ausblicke fürs kommende Jahr veröffentlichen. Unter anderem werden der US-Wohnungsmarkt, die wachsende Diskrepanz zwischen den US-amerikanischen und europäischen Anleihemärkten, die Zukunft Chinas und die politischen Herausforderungen in Brasilien beleuchtet.

BNY Mellon Investment Management ist die weltweit grösste Investmentgesellschaft mit Multi-Boutique-Struktur und verwaltet ein Vermögen von 1,6 Billionen USD (Stand: 30. September 2014). Zwar haben die Investmentboutiquen ihre jeweils eigene Sicht auf die Märkte und die dortigen Anlagechancen. Ihnen gemein ist jedoch die Erwartung, dass die Zinsen 2015 nicht dramatisch steigen werden.

Am Markt herrscht insgesamt die Einschätzung vor, dass die US-Notenbank die Zinsen in den USA anheben wird. James Lydotes von The Boston Company Asset Management, BNY Mellons auf Aktien spezialisierte Investmentgesellschaft mit Sitz in den USA, ist jedoch anderer Meinung. „Die Zinsen in den USA dürften auf längere Sicht auf niedrigem Niveau verharren, möglicherweise sogar bis 2020. Mit steigenden Teuerungsraten, die die US-Notenbank zu einer Anhebung der Zinsen veranlassen würden, ist nicht zu rechnen, da bislang kaum Anzeichen für eine Lohn- oder Rohstoffinflation als treibender Faktor zu erkennen sind. Diese Kennzahlen werden wir weiter genau beobachten und auch nach Änderungen in der Tonlage der Europäischen Zentralbank Ausschau halten. In der Zwischenzeit können ertragsorientierte Anlageklassen, wie z.B. US-Substanzwerte, globale Rohstoff- und Infrastrukturtitel, aussichtsreiche Chancen versprechen.”

Beim Blick auf den europäischen Raum zeigt sich kein so einhelliges Meinungsbild in der Frage, wann die Bank of England die Zinszügel anziehen wird. Paul Stephany, Portfoliomanager bei Newton Investment Management, kommentiert dies wie folgt: „Man könnte es den Anlegern nicht verübeln, wenn diese von dauerhaft niedrigen Zinsen ausgehen – schliesslich liegt der Basissatz bereits seit März 2009 bei 0,5%. Am Ende werden die Zinsen dennoch steigen, allerdings nicht in grossen Schritten, insbesondere da die britische Notenbank von einer derartig niedrigen Ausgangsbasis startet.”

Stephany fügt noch hinzu: „Eine Zinsanhebung seitens der Bank of England dürfte sich mit grossem zeitlichen Vorlauf abzeichnen. Entsprechende Vorboten werden eine kräftigere Konjunktur und anziehende, von Lohninflation getriebene Teuerungsraten sein. Dies wiederum würde bedeuten, dass die Verbraucher in ihren Portemonnaies zunächst wenig von der geldpolitischen Straffung zu spüren bekommen dürften.”

Auch April LaRusse, Senior-Produktspezialistin für Anleihemärkte bei Insight Investment, rechnet 2015 nicht mit einer aggressiven geldpolitischen Straffung, da sich die Inflationsaussichten weiterhin unverändert positiv darstellen. Gleichzeitig weist sie darauf hin, dass auch im Falle steigender Zinsen viele Unternehmen in Grossbritannien und den USA (und in geringerem Masse in Europa) solide Cashflows erwirtschaften und daher ihre Schulden bedienen und auch abtragen können, und erläutert: „In der Regel steigen die Zinsen, weil das Wachstum so stark ist, dass die Unternehmen einen ersten Schritt wegstecken können. Und die Zinserhöhung im Jahr 2015 fällt vermutlich so gering aus, dass sie keine Probleme verursachen dürfte.“ Entsprechend – so die Erwartung LaRusses – sollten sich auch die Kreditausfälle auf absehbare Zeit in Grenzen halten.

Sie fährt weiter fort: „Für Anleihemanager gilt 2015 das Motto: geschmeidig bleiben und sich anpassen, denn das kommende Jahr könnte sehr wechselhaft werden. Viel hängt von der Stimmung der Anleger und den Reaktionen auf kommende – oder ausbleibende – Zinsschritte ab.”

Obgleich das aktuell von lockerer Geldpolitik geprägte Umfeld durchaus viele positive Effekte mit sich bringe, erklärt Iain Stewart, Leiter des Real Return Teams von Newton, bleibe sein Team in seinen Wachstumserwartungen verhalten. „Auch wenn die Wachstumsförderungsmassnahmen sicher von den besten Absichten geleitet waren, könnten sie unsere Volkswirtschaften instabiler und schockanfälliger machen.”

„Es besteht ganz offensichtlich eine Diskrepanz zwischen dem Vertrauen der Anleger in den Erfolg der Politik und dem Glauben, dass die Verantwortlichen alles tun werden, um mögliche Risiken für die Marktteilnehmer abzuwenden. Das kann nur eines bedeuten: höhere Volatilität”, so die Schlussfolgerung Stewarts. „Das heisst nicht, dass der Markt unserer Ansicht nach keine Anlagechancen bietet. Wahrscheinlich aber müssen potenzielle Anlagekandidaten noch stärker als bisher selektiert werden.”

Attraktiv bleiben in diesem Umfeld laut Stewart der Gesundheitssektor und Unternehmen, die von Technologieausgaben profitieren. Mit Vorbehalt sieht er hingegen weiterhin Unternehmen, die im Bereich der Infrastrukturentwicklung in China tätig sind.

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