22.11.2024, 13:09 Uhr
Die Kerninflation in Japan lag im Oktober bei 2,3 Prozent, das ist etwas weniger als noch im September. Aber minimal mehr als erwartet worden war.
Das Interesse an digitalen Zentralbankwährungen steigt. Reyl geht davon aus, dass die meisten grossen Zentralbanken noch vor Ende des Jahrzehnts eine CBDC herausgeben werden, da hier starke soziale und technologische Kräfte am Werk seien.
Eine digitale Zentralbankwährung (CBDC) ist eine digitale Form der offiziellen Fiat-Währung eines Landes, die eine direkte Verbindlichkeit gegenüber der Zentralbank darstellt. Anstatt Geld zu drucken, gibt die Zentralbank digitales Geld aus, das durch das Vertrauen und die Kreditwürdigkeit der Regierung gedeckt ist. Es handelt sich also um eine andere Ausprägung derselben Rechnungseinheit, eines Wertaufbewahrungsmittels und eines Tauschmittels, die bereits von einer Zentralbank angeboten werden, mit dem Potenzial für eine breite Nutzung durch Haushalte und Unternehmen.
Sowohl die veränderten Zahlungsgewohnheiten als auch die technologischen Entwicklungen tragen zum steigenden Interesse an CBDCs bei. "Die Hauptmotivation für CBDCs könnte jedoch darin liegen, dass sich eine Zentralbank gegen eine Bedrohung ihrer geldpolitischen Souveränität schützen will, da die Fähigkeit, eine wirksame Geldpolitik zu betreiben, durch die Einführung privater digitaler Währungen wie Kryptowährungen und Stablecoins beeinträchtigt werden könnte", meint Marco Bonaviri, Head of FX, Senior Porftolio Manager. Dies erkläre, warum laut einer BIZ-Umfrage aus dem Jahr 2021 86% der Zentralbanken die Risiken und Vorteile der Ausgabe einer CBDC untersuchen, 60% mit verschiedenen Technologien experimentieren und 14% Pilotprojekte durchführen.
Derzeit hätten nur zwei Länder offiziell ein CBDC eingeführt: Nigeria und die Bahamas. Viele Länder führten Pilotprojekte durch, darunter China, Kanada, Südafrika, Korea und die Vereinigten Arabischen Emirate. In den G10-Staaten befinden sich Australien, Schweden und Japan in der Proof-of-Concept-Phase, während sich die EZB, die SNB, die BoE und das Fed noch in der Forschungsphase befinden.
"CBDCs müssen sorgfältig konzipiert werden, um die Vorteile und Risiken auszubalancieren. Sie müssen einen Mehrwert für die Nutzer schaffen, den Wettbewerb fördern anstatt Innovationen zu verdrängen, und die Risiken einer Disintermediation im Finanzbereich vermeiden", sagt Bonaviri. Unterschieden werden zwei grundlegende Funktionsweisen von CBDCs: CBDCs für Grosskunden und CBDCs für Einzelkunden.
Grosskunden-CBDCs werden nur von Finanzintermediären für die Abwicklung von Interbanküberweisungen und Grosskundentransaktionen verwendet. Der Unterschied zu Standard-Zentralbankreserven besteht laut dem Senior Porftolio Manager darin, dass sie neue Formen der Konditionalität von Zahlungen ermöglichen, d. h., dass eine Zahlung eine bestimmte Bedingung erfüllen muss, um abgewickelt zu werden.
CBDCs für Einzelkunden können direkt von Nichtbanken (Personen und Unternehmen) als eine Form von digitalem Bargeld gehalten werden, wodurch das übliche zweistufige Geldsystem geändert wird, indem digitales Zentralbankgeld der Öffentlichkeit zugänglich gemacht wird. "Schwellenländer scheinen sich eher für Einzelkunden-CBDCs zu entscheiden, da sie die finanzielle Einbindung und die Digitalisierung als Hauptziele verfolgen, während Industrieländer sich auf Grosskunden-CBDCs konzentrieren, da sie über besser entwickelte Bankensysteme und Kapitalmärkte verfügen", so Bonaviri.
Während viele Länder vor kurzem damit begonnen haben, sich mit dem Thema zu befassen, arbeitet die chinesische Zentralbank seit 2014 an einem CBDC, erläutert der Experte weiter. Ein Pilotprojekt wurde 2020 in zehn Regionen gestartet und dieses Jahr bei den Olympischen Spielen in Peking eingeführt. Der digitale Yuan (e-CNY) ist ein zweistufiges CBDC-System für den Einzelhandel, bei dem die Back-End-Infrastruktur von der PBoC bereitgestellt wird, während das Front-End von regulierten privaten Zahlungsanbietern (Geschäftsbanken und Technologieunternehmen) verwaltet wird. "Folglich werden die Banken nicht übergangen", sagt Bonaviri. Darüber hinaus verfolge der e-CNY einen DCEP-Ansatz (Digital Currency Electronic Payment), d. h. er sei nicht nur eine digitale Währung, sondern auch ein elektronisches Zahlungssystem. Etwa 260 Millionen Chinesen hätten das digitale Portemonnaie (digital wallet) bereits heruntergeladen, und 9 Millionen Händler (einschliesslich westlicher Franchisenehmer) hätten sich für den e-CNY angemeldet. Nach Angaben der PBoC beliefen sich die e-CNY-Transaktionen bis Ende 2021 auf den Gegenwert von 14 Mrd. USD.
Eines der Ziele der PBoC ist es laut dem Experten, die Effizienz und Widerstandsfähigkeit des digitalen Zahlungsverkehrssystems (das derzeit von AliPay und TenPay dominiert wird) zu erhöhen, indem der Wettbewerb gefördert wird und eine Alternative für den Fall einer Störung bereitgestellt wird. Darüber hinaus werde Chinas DCEP den 20% der chinesischen Bevölkerung, die keine Bankverbindung haben, Zugang zu Bankdienstleistungen verschaffen. Derzeit sei der e-CNY der grösste öffentliche Live-Test für die Effektivität eines CBDC. Aufgrund des relativ fortgeschrittenen Stadiums sei China in der Lage, Standards bei der Entwicklung von CBDCs zu setzen. "Unserer Meinung nach wird dies China helfen, das Endziel der Stärkung der Währungssouveränität und der Internationalisierung des Yuan zu erreichen", ist Bonaviri überzeugt.
Reyl gehe davon aus, dass die meisten grossen Zentralbanken noch vor Ende des Jahrzehnts einen CBDC herausgeben werden, da hier starke soziale und technologische Kräfte am Werk seien. "Zwar gibt es keine allgemeingültige Antwort auf die Beweggründe und Gestaltungsmerkmale von CBDCs, doch könnte in der Praxis das zweistufige Modell bevorzugt werden, bei dem die Banken weiterhin eine Rolle im Ökosystem spielen und nicht vollständig übergangen werden. Dieser Ansatz bietet der Öffentlichkeit Zugang zu Zentralbankgeld bei geringstem Risiko einer finanziellen Instabilität. Unabhängig von der Ausgestaltung wird die Ausgabe von CBDCs in den kommenden Jahren wahrscheinlich die Interbankensysteme, den grenzüberschreitenden Zahlungsverkehr und die Art und Weise, wie die Geldpolitik betrieben wird, verändern", meint Bonaviri.