19.12.2024, 10:35 Uhr
Die schwedische Zentralbank hat ihren Leitzins schon zum fünften Mal in diesem Jahr gesenkt. Und weitere Schritte dürften folgen.
Eine aggressivere Geldpolitik der EZB gibt auch der SNB die Möglichkeit, die Negativzinsen früher als erwartet hinter sich zu lassen. Die SNB dürfte im September die Leitzinsen um 0,5% und im Dezember um 0,25% erhöhen, erwartet die UBS. Sie sieht das Ende der Negativzinsen in der Schweiz damit bereits Ende 2022, anstatt wie bisher im Verlauf der ersten Jahreshälfte 2023.
Die Europäische Zentralbank (EZB) hat an ihrer Sitzung am letzten Donnerstag mit einer aggressiver als erwarteten Rhetorik überrascht. Einerseits hat sie explizit Zinserhöhungen in den kommenden Quartalen angekündigt, andererseits hat die EZB ihre Inflationsprognosen deutlich nach oben korrigiert. Hat die EZB im März die Inflation 2023 noch bei rund 2% gesehen, geht sie heute von einer Inflation von über 3% im nächsten Jahr aus (investrends.ch berichtete).
Damit liegt auch der mittelfristige Inflationsausblick deutlich über dem EZB-Ziel von 2%. Aufgrund der aggressiveren Rhetorik erwartet UBS nun die EZB-Leitzinsen Ende Jahr bei 0,75% und Ende 2023 bei 1,75%. Die EZB werde über den Zinszyklus hinweg nicht stärker reagieren – aber früher.
Diesen Donnerstag kommt die Schweizerische Nationalbank (SNB) zu ihrer vierteljährlichen Lagebeurteilung zusammen. Der Inflationsausblick und die Diskussionen um eine Anhebung der Leitzinsen werden auch die SNB-Agenda dominieren. Die explizite Ankündigung der EZB, die Leitzinsen in den kommenden Monaten zu erhöhen, hat laut UBS eine Zinsanhebung der SNB bereits im Juni wahrscheinlicher gemacht.
Die Lagebeurteilung werde wichtige Hinweise liefern, wie die SNB den Ausstieg aus der Negativzinspolitik gestalten möchte. Im Zentrum stehen aus Sicht der UBS einerseits die Charakterisierung des Frankens als "hoch bewertet" und andererseits die bedingte Inflationsprognose. Voraussetzung für eine Zinserhöhung sei es, dass die SNB die Formulierung, dass der Franken "hoch bewertet" ist, fallen lässt. Diese Formulierung war bis heute Grundlage für die expansive SNB-Geldpolitik. Allerdings dürfte die SNB weiterhin auf die Risiken hinweisen, die die Konjunktur beeinträchtigen könnten und eine vorsichtige Geldpolitik (der EZB folgen, anstatt ihr vorausgehen) rechtfertigen.
Es bleibt das Basisszenario der UBS, dass die SNB bis in den September mit einem Zinsschritt wartet. Die Unsicherheiten für die EZB-Geldpolitik blieben trotz ihrer jüngsten Aussagen hoch. Eine weitere Eskalation des Krieges in der Ukraine mit einem anschliessenden Gas- Embargo und möglicherweise einer Euro-Rezession oder Turbulenzen in den Kapitalmärkten der Peripherie könnten in den nächsten Monaten den geldpolitischen Ausblick der EZB wieder radikal verändern.
In einer solchen Situation erscheine es für die SNB sinnvoll, der EZB mit Zinserhöhungen zu folgen, anstatt ihr vorauszugehen. Das gelte insbesondere in einem Umfeld, in dem die Inflation in der Schweiz zwar über dem Zielband liegt, aber nicht so stark angestiegen ist, dass sie die SNB zu einer unmittelbaren Reaktion zwinge, so die UBS.
Die Grossbank erwartet von der EZB eine Zinserhöhung von 0,5% im September. Das dürfte der SNB dann die Möglichkeit geben, ihre Leitzinsen ebenfalls um 0,5% auf -0,25% anzuheben. Zinsschritte von mehr als 0,25% seien zwar für die SNB ungewöhnlich. Allerdings erwarten die UBS-Ökonomen, dass die SNB Möglichkeiten, die Negativzinsen zu reduzieren, konsequent wahrnimmt, wenn sich Opportunitäten ergeben und damit nicht das Risiko einer Frankenaufwertung geschaffen wird.
Erhöhe die SNB die Zinsen bereits im Juni, geht UBS im September von einem Zinsschritt von 0,25 Prozent aus. Einen weiteren Zinsschritt von 0,25% sei dann im Dezember zu erwarten. Damit dürfte die Ära der Negativzinsen in der Schweiz bereits Ende dieses Jahres zu Ende gehen.
Weitere Leitzinserhöhungen in der Schweiz dürften dann 2023 folgen. Allerdings dürfte die SNB, wenn sie einmal die Negativzinsen hinter sich gelassen hat, defensiver agieren als die EZB. Erstens sind die Inflationsgefahren in der Eurozone deutlich ausgeprägter als in der Schweiz. Zweitens lagen in den letzten 20 Jahren die Schweizer Geldmarktzinsen im Durchschnitt rund 1% unter den Zinsen der Eurozone. Beides deutet laut UBS darauf hin, dass Schweizer Leitzinsen Ende 2023 deutlich unter den Leitzinsen der EZB liegen – UBS
erwartet sie in einer Bandbreite von 0,5 bis 1%.