19.12.2024, 10:35 Uhr
Die schwedische Zentralbank hat ihren Leitzins schon zum fünften Mal in diesem Jahr gesenkt. Und weitere Schritte dürften folgen.
Die Europäische Zentralbank fährt ihre Anleihenkäufe schneller zurück als bisher geplant. Das Kaufvolumen des Programms wird bereits Ende Juni wieder auf 20 Mrd. Euro reduziert. Mit dieser Entscheidung reagierte der EZB-Rat auf die anhaltend hohen Teuerungsraten. Angesichts rasant steigender Preise ebnet die EZB zwei Wochen nach Ausbruch des Ukraine-Krieges den Weg für eine Zinswende.
Der EZB-Rat bekunde dem Volk der Ukraine seine volle Unterstützung, liessen die europäischen Währungshüter am Donnerstag im Rahmen ihrer geldpolitischen Sitzung verlauten. Die russische Invasion in der Ukraine sei ein Wendepunkt für Europa. Die EZB werde für reibungslose Liquiditätsbedingungen sorgen und die von der Europäischen Union und den europäischen Regierungen beschlossenen Sanktionen umsetzen. Die EZB werde zudem alle erforderlichen Massnahmen ergreifen, um ihr Mandat zur Gewährleistung von Preisstabilität und zur Wahrung der Finanzstabilität zu erfüllen.
Positiv hob EZB-Präsidentin Christine Lagarde hervor, dass die Konjunktur durch die nachlassende Corona-Pandemie unterstützt werde. Infolgedessen hätten sich die Lieferengpässe gelöst und der Arbeitsmarkt weiter verbessert. Die Anleihenzukäufe im Rahmen des Pandemie-Notprogramms (PEPP) werden zum Ende dieses Monats wie geplant gestoppt.
Allerdings dürfte die Konjunktur durch den starken Preisanstieg bei Rohstoffen und Energie gedämpft werden. Gleiches gelte für die schlechtere Wirtschaftsstimmung. Die Wachstumsrisiken seien mit dem Krieg deutlich gestiegen.
Basierend auf seiner aktualisierten Einschätzung und unter Berücksichtigung des unsicheren Umfelds hat die EZB das Anleihenkaufprogramm (APP) für die kommenden Monate angepasst. Die monatlichen Nettokäufe im Rahmen des APP werden sich im April auf 40 Mrd. Euro, im Mai auf 30 Mrd. Euro und im Juni auf 20 Mrd. Euro belaufen. Ursprünglich sollte dieses Niveau erst im Oktober erreicht werden. Mit ihrer Entscheidung die Anleihezukäufe schneller zu drosseln als bisher geplant, signalisiert die EZB ihre Handlungsbereitschaft wegen der Inflation. Die EZB nennt aber noch kein Enddatum für die Käufe. Dieses gilt als Voraussetzung für die Zinswende.
Die Höhe der Nettokäufe im dritten Quartal 2022 würden von der weiteren Entwicklung und den Aussichten abhängen, so die EZB. Wenn die Daten die Erwartung stützen, dass sich die mittelfristigen Inflationsaussichten auch nach dem Ende der Nettokäufe von Vermögenswerten nicht abschwächen, werde der EZB-Rat die Nettokäufe im Rahmen des APP im dritten Quartal abschliessen. Wenn sich die mittelfristigen Inflationsaussichten hingegen ändern und die Finanzierungsbedingungen mit weiteren Fortschritten in Richtung des Zwei-Prozent-Inflationziels nicht mehr vereinbar seien, sei die EZB bereit, ihren APP-Plan in Bezug auf Umfang und/oder Dauer zu überarbeiten.
Der Leitzins bleibt wie erwartet unverändert auf dem Rekordtief von 0,0%. Zugleich müssen Banken Strafzinsen zahlen, wenn sie überschüssige Gelder bei der Notenbank horten. Dieser sogenannte Einlagesatz liegt weiterhin bei minus 0,5%.
Etwaige Anpassungen der Leitzinsen werden werden laut EZB einige Zeit nach dem Ende der Anleihekäufe im Rahmen des APP und schrittweise erfolgen. Der Weg für die Leitzinsen werde weiterhin von der Forward Guidance des EZB-Rats und von seinem strategischen Bekenntnis bestimmt, die Inflation mittelfristig bei 2% zu stabilisieren. Dementsprechend erwartet der EZB-Rat, dass die Leitzinsen auf ihrem derzeitigen Niveau bleiben, bis die Inflation deutlich vor dem Ende des Projektionszeitraums und dauerhaft für den Rest des Projektionszeitraums 2% erreichen wird. Zuletzt war die Teuerung mit 5,8% aber weit darüber hinausgeschossen.
Der Krieg in der Ukraine hat zu einem weiteren Anstieg der Energiepreise geführt, was die Gesamtinflation in den kommenden Monaten sehr hoch halten wird. Danach wird die Inflation laut den EZB-Prognosen voraussichtlich wieder in Richtung Ziel zurückgehen. Die Inflation soll 2022 durchschnittlich 5,1%, und in den nächsten zwei Jahren 2,1% (2023) bzw. 1,9% (2024) betragen.
Für das Jahr 2022 hat die EZB ihre Prognose also um 1,9 Prozentpunkte angehoben, wobei laut DWS zweifelhaft ist, ob dabei bereits alle Preissteigerungen bei Energie und anderen Rohstoffe berücksichtigt sind. Hinzu kämen mittelfristig höhere Lohnabschlüsse und höhere staatliche Ausgaben, wie sie sich auf EU-Ebene mit einem möglichen neuen Fonds zur gemeinsamen Finanzierung der Verteidigungs- und Energieausgaben abzeichnen. "Ob die EZB vor diesem Hintergrund die Aussicht auf nur graduelle Zinserhöhungen aufrechterhalten kann, erscheint zweifelhaft", kommentiert Ulrike Kastens, Volkswirtin Europa bei der DWS.
Die Wachstumsaussichten haben sich abgeschwächt und sind unsicherer geworden, da der Krieg nicht nur die Energiepreise in die Höhe treibt, sondern auch das Vertrauen dämpft und den Handel beeinträchtigt. Dennoch sollte die Wirtschaft im Zuge der Wiedereröffnung weiter wachsen. Laut EZB soll das reale BIP 2022 um 3,7%, 2023 um 2,8% und 2024 um 1,6% wachsen.