22.11.2024, 13:09 Uhr
Die Kerninflation in Japan lag im Oktober bei 2,3 Prozent, das ist etwas weniger als noch im September. Aber minimal mehr als erwartet worden war.
Das nächste Jahr könnte turbulent starten, bevor sich die Konjunktur und damit auch die Börsen in der zweiten Jahreshälfte erholen. Das erwartet Esty Dwek von FlowBank. In den USA könnte gemäss ihr sogar noch eine sanfte Landung gelingen.
Mit 2022 neigt sich eines der für Anlegerinnen und Anleger herausforderndsten Jahre dem Ende zu. Die Hoffnung ist gross, dass das Schlimmste hinter uns liegt und 2023 besser wird. Dieser Optimismus wird aktuell durch tiefere Inflationszahlen gestützt. "Am Horizont zeichnen sich aber eine ganze Reihe von Risiken ab, die uns bereits im Frühjahr 2023 beschäftigen dürften", sagt Esty Dwek, CIO von FlowBank.
Die grösste Frage für Anlegerinnen und Anleger bleibe die weitere Entwicklung der Teuerung und die damit zusammenhängende Politik der US-Notenbank Fed. Jedes Mal, wenn die Märkte im laufenden Jahr auf ein baldiges Ende des aggressiven Straffungskurses hofften, kündigte die Fed eine weitere Zinserhöhung an, und die Märkte fielen weiter.
"Heute sind wir der Meinung, dass wir uns endlich dem Ende dieses Straffungszyklus nähern. Im Dezember wird mit einer Anhebung um 50 Basispunkte gerechnet, und im Januar besteht die Möglichkeit einer weiteren Anhebung um 25 Basispunkte. Darüber hinaus glauben wir, dass die Daten genügend Anzeichen für eine rückläufige Inflation liefern werden", kommentiert Dwek. Auf dem Arbeitsmarkt gebe es erste Anzeichen für eine Abschwächung und auch auf dem Immobilienmarkt sänken die Preise.
Obwohl in den USA viele bereits 2022 mit einer Rezession rechneten, sei diese noch nicht eingetreten – nicht zuletzt dank einem robuster als erwarteten Wachstum und einer besser als erwarteten Konsumentenstimmung. Ob sich im nächsten Jahr eine Rezession materialisiere, sei noch nicht abschliessend klar, so Dwek: "Wenn die Fed den Fuss vom Gaspedal nimmt, ist eine sanfte Landung nach wie vor möglich. Denn die Konsumentinnen und Konsumenten können noch immer vom Polster zehren, das sie durch die massiven Covid-Unterstützungspakete aufbauen konnten. Das dürfte eine gewisse Wachstumsresilienz ermöglichen."
In Europa zeige sich ein anderes Bild. Grund dafür sei die durch den Ukraine-Krieg ausgelöste Energiekrise, die das Wachstum belasten werde. Noch stützten Nachholeffekte das Wachstum, zudem sei die Arbeitslosigkeit sehr niedrig. Doch 2023 dürfte es schmerzhaft werden.
"Die Europäische Zentralbank befindet sich in einer komplizierten Lage. Denn sie weiss, dass sich das Wachstum verlangsamt und eine Rezession wahrscheinlich ist, muss aber die Inflation von derzeit 10% wieder näher an ihr 2-Prozent-Ziel heranführen", erklärt Dwek. Ein Grossteil der Inflation sei auf höhere Lebensmittel- und Energiepreise zurückzuführen, während sich das Lohnwachstum in Grenzen halte. Die Teuerung dürfte sich daher wieder abschwächen, wenn sich bei den Energiepreisen eine Entspannung abzeichne.
Ebenfalls kompliziert sei die Situation in China, wo sowohl die geplatzte Immobilienblase wie auch die nach wie vor relativ strengen Corona-Massnahmen der Regierung auf das Wachstum drückten. "Die Aussichten für 2023 verbessern sich jedoch langsam, da die Regierung allmählich von ihren strikten Covid-Massnahmen abrückt – obwohl wir immer noch glauben, dass es eine Weile dauern wird, bis wir ein Ende der Null-Covid-Politik sehen", sagt Dwek. "Ausserdem bauen die politischen Entscheidungsträger ihre Unterstützung für den angeschlagenen Immobiliensektor aus, der sich im kommenden Jahr etwas erholen dürfte." Zusammengenommen führe dies zu einer optimistischen Einschätzung der chinesischen Wachstumsaussichten und dürfte schliesslich auch die seit Ausbruch der Pandemie gedämpfte Binnennachfrage ankurbeln.
Auch die Schwellenländer insgesamt sollten von diesen verbesserten Wachstumsaussichten in China profitieren können. Nichtsdestotrotz sei es wichtig, die weiterhin bestehenden Risiken solcher Investments nicht ausser Acht zu lassen.
Die Renditen auf den Fixed-Income-Märkten sind bereits etwas gesunken. "Das ist ein Trend, der sich fortsetzen dürfte, wenn die Fed die Zinserhöhungen pausiert – selbst wenn die Zinsen länger hoch bleiben sollten – und wenn sich das Wachstum verlangsamt", kommentiert Dwek. "Das unterstützt die Aktienmärkte bereits und hat die Kurs-Gewinn-Verhältnisse wieder ansteigen lassen."
Ein Profiteur dieser Entwicklung sei beispielsweise der Technologiesektor. Damit dürften auch die US-Aktienindizes einen Schub erhalten und die Indizes anderer Märkte übertreffen, in denen die Anlegerstimmung bereits seit einiger Zeit wieder besser ist. Die Gewinnaussichten in den USA sollten zudem von einem schwächer werdenden Dollar unterstützt werden.
"Wir sind zwar konstruktiver als der Konsens für 2023 und glauben, dass das Jahr insgesamt positiv verlaufen wird, erwarten aber, dass sich die erste Jahreshälfte als ziemlich volatil erweisen wird", sagt Dwek.
Grund dafür sei eine ganze Reihe von Risiken. Einerseits sei es möglich, dass die Inflation zwar nicht weiter ansteigt, aber auch nicht sinkt und damit auf einem hohen Niveau verharrt. Das könnte die Märkte dazu veranlassen, langfristig höhere Zinsen sowie eine weitere Zinserhöhungsrunde einzupreisen. Zudem sei es nicht ausgeschlossen, dass die verzögerten Auswirkungen der aggressiven Straffung der Fed-Geldpolitik doch noch eintreten und zu einer starken Rezession führen.
"Beides wird jedoch eher in der ersten Jahreshälfte eintreten", prognostiziert Dwek. Für die zweite Jahreshälfte erwartet sie daher eine Beruhigung.