Schweizer Banken erwarten weiter sinkende Margen

Die Schweizer Banken müssen das Gleichgewicht zwischen Wachstum und Kosteneffizienz finden (Bild: Shutterstock / Aleksandr Simonov).
Die Schweizer Banken müssen das Gleichgewicht zwischen Wachstum und Kosteneffizienz finden (Bild: Shutterstock / Aleksandr Simonov).

Drei Viertel der Schweizer Banken erwarten, dass die Gewinnmargen in den nächsten zwei Jahren weiter sinken werden. Dennoch und trotz weiterer Herausforderungen bleibt die Mehrheit der Schweizer Banken laut dem EY Banken Barometer 2025 optimistisch in Bezug auf das künftige Wachstum.

10.01.2025, 05:53 Uhr
Banken

Redaktion: ras

«Die Schweizer Banken sind vorsichtig optimistisch», lautet die Quintessenz des EY-Bankenbarometers 2025. Demnach blicken die Schweizer Banken zwar auf ein weiteres erfolgreiches Geschäftsjahr zurück, sind aber für die nahe Zukunft weniger zuversichtlich als noch vor einem Jahr. Nicht nur durch die Übernahme der Credit Suisse entstehen neue Verhältnisse im Schweizer Finanzsektor. Die wichtigsten Themen für die Schweizer Banken in den kommenden Jahren sind laut EY die Optimierung der eigenen Ergebnisse angesichts sinkender Zinsen, die Verschärfung der Finanzmarktaufsicht sowie der richtige Umgang mit künstlicher Intelligenz und Nachhaltigkeitsthemen.

Balance zwischen Wachstum und Kosteneffizienz finden

Die Euphorie der Schweizer Banken während des «Zinsbooms» im Jahr 2023 hat sich nach den Zinssenkungen der Schweizerischen Nationalbank (SNB) im Jahr 2024 wieder gelegt. Fast 39 Prozent der Banken erwarten nun für 2024 sinkende Gewinne und 40 Prozent rechnen mittelfristig mit einem anhaltenden Abschwung. Dennoch bleibt der langfristige Optimismus hoch, denn 85% der Banken erwarten in Zukunft ein Umsatzwachstum, schreibt EY in ihrem Bericht.

Die Jahre der Negativzinsen (2014 bis 2021) haben insbesondere bei den Schweizer Retailbanken zu einer Ausweitung der Kreditportfolios und einer Aufblähung der Bilanzen geführt. Diese grösseren Bilanzen begrenzen jetzt jedoch das weitere Wachstum. Um weiterhin erfolgreich zu sein, müssen die Banken in den kommenden Jahren die richtige Balance zwischen Wachstum und Kostendisziplin finden. Dementsprechend geben 39 Prozent der Banken an, dass Kostensenkungen und Effizienzsteigerungen ihre Prioritäten für das kommende Geschäftsjahr sind.

«Das starke Bilanzwachstum der vergangenen Jahre wird nun zunehmend auch zu einem limitierenden Faktor. Die Banken werden im Finanzierungsgeschäft noch selektiver werden und müssen Einlagegelder längerfristig binden», betont Patrick Schwaller, Managing Partner, Audit in Financial Services von EY Switzerland.

CS-Kollaps hat Marktgleichgewicht verändert

Nach einer kurzen Verschnaufpause hat die Schweizer Bankenbranche erneut mit sinkenden Zinsmargen zu kämpfen. 74 Prozent der Institute rechnen in den nächsten zwei Jahren mit sinkenden Margen, vor allem aufgrund steigender Refinanzierungskosten im Schweizer Finanzsektor. Eine Rückkehr zu den niedrigen Margen aus der Zeit der Negativzinsen erwarten jedoch nur 10 Prozent.

Die Folgen des Zusammenbruchs der Credit Suisse haben das Marktgleichgewicht vor allem im Bereich der Unternehmensfinanzierung fundamdental verändert. Zwar berichten zwei Drittel der Banken von einer gestiegenen Nachfrage nach Unternehmensfinanzierungen, aber nur 49 Prozent können dies in höhere Margen umsetzen. Um der anhaltenden Margenerosion entgegenzuwirken, konzentrieren sich die Banken auf ein verbessertes Kundenerlebnis und die Systematisierung der Kundenakquisition.

Stabiler Immobilienmarkt als Lichtblick

Als Lichtblick angesichts sinkender Zinsen nennt EY die Stabilisierung des Immobilienmarktes. Die Bewertungen der Grundpfandsicherheiten, deren Finanzierung 77 Prozent der Kreditengagements der Schweizer Banken ausmacht, verbessern sich weiter, wodurch sich das Risiko verringert. So rechnen nur noch 7 Prozent der Banken mit höheren Kreditausfällen in ihren Hypothekenportfolios – der niedrigste Wert seit Einführung des Bankenbarometers im Jahr 2010.

Etwas weniger optimistisch sind die Aussichten für KMU-Kredite im Schweizer Finanzmarkt, wo nur 33 Prozent der Banken kurzfristig mit höheren Rückstellungen rechnen. Makroökonomische Herausforderungen wie Energiekosten und mögliche US-Importzölle könnten diese positive Stimmung trüben. Die Regionalbanken, insbesondere die Kantonalbanken, sind vorsichtiger und 65 Prozent von ihnen gehen mittelfristig von höheren Rückstellungen für KMU-Kredite aus.

Nur 13 Prozent begrüssen eine verstärkte Aufsicht

Der Zusammenbruch der Credit Suisse markiert einen Wendepunkt für die Regulierung und Aufsicht des Schweizer Finanzmarktes. Als potenziell wirksamste Massnahmen für eine effektivere Aufsicht durch die FINMA wurden von 28 Prozent der befragten Banken eine grössere Transparenz der Durchsetzungsverfahren («Name and Shame») und eine stärkere Rechenschaftspflicht der Geschäftsleitung («Senior Manager Regime») genannt.

Dagegen befürworten nur 13 Prozent eine verstärkte Aufsichtstätigkeit durch die FINMA, der Eidgenössischen Finanzmarktaufsicht. Die Banken sind nach wie vor zurückhaltend, was mögliche Eingriffe in ihre operative Autonomie betrifft, und betonen die wichtige Rolle von Effizienz und unternehmerischer Freiheit.

Markant steigender KI-Einsatz

Der Einsatz von künstlicher Intelligenz (KI) gewinnt im Schweizer Bankensektor weiter an Dynamik. Die Zahl der Banken, die KI-Lösungen einsetzen, hat sich von 6 Prozent im Jahr 2023 auf 15 Prozent im Jahr 2024 nahezu verdreifacht. Zu den wichtigsten Anwendungen gehören Prozessautomatisierung (55 Prozent) und Compliance (54 Prozent). Trotz dieser Fortschritte ist die Branche noch nicht ausreichend auf die regulatorischen Anforderungen vorbereitet. 19 Prozent der Banken räumen ein, dass sie noch nicht vorbereitet sind, um die erwarteten regulatorischen Anforderungen im Zusammenhang mit KI zu erfüllen.

KI ist in der Prioritätenliste der Bereiche, die für die Banken am wichtigsten sind, vom Platz 19 auf Platz 6 vorgerückt. Mit der zunehmenden Nutzung von KI müssen Banken regulatorische Bedenken berücksichtigen und solide Rahmen für das Risikomanagement einrichten, um das volle Potenzial von KI auszuschöpfen. Die Integration von KI in das Schweizer Bankwesen hat das Potenzial, die Finanzinnovation und den Strukturwandel in der Branche neu zu definieren.

«Eine gut durchdachte KI-Strategie und KI-Governance sind entscheidend, um die Risiken der KI zu minimieren und ihre Potenziale optimal auszuschöpfen», folgert Marcel Zünd, Partner Leader Strategy Consulting Practice in Financial Services bei EX Switzerland.

Verlagerung des Fokus von den Kunden zur Compliance

Nachhaltigkeit bleibt ein wichtiges Thema, hat aber im Vergleich zu technologischen Prioritäten wie KI und Big Data an Bedeutung verloren. Der Anteil der Banken, die ESG-Kriterien in ihre Kreditentscheidungen miteinbeziehen, ist leicht von 72 auf 67 Prozent gesunken. Ebenso werden nachhaltige Investitionen nicht mehr als wesentliches Differenzierungsmerkmal gesehen, nur ein einziges Prozent der Banken nennt dies als Wettbewerbsvorteil.

Stattdessen steht die Einhaltung von Vorschriften im Mittelpunkt. Ein Drittel der Banken nennt die Berichtspflichten als ihre grösste Herausforderung im Bereich Nachhaltigkeit, während die Anforderungen der Kunden, die nur von 10 Prozent der Banken als höchste Priorität eingestuft werden, in den Hintergrund treten. Dieser Trend spiegelt die zunehmende Komplexität der ESG-Vorschriften und die Reputationsrisiken wider, die mit dem Vorwurf des Greenwashings verbunden sind. Trotz dieser Hindernisse trägt der Bankensektor in seiner langfristigen Strategie der zentralen Rolle eines nachhaltigen Finanzwesens in der Schweiz Rechnung.

Das EY-Bankenbarometer 2025 macht deutlich, dass die Schweizer Banken die Rekordgewinne des vergangenen Jahres nicht halten können, die langfristigen Perspektiven ihres Geschäftsmodells aber weiterhin zuversichtlich einschätzen. Der Schwerpunkt liegt jetzt auf der Förderung von Innovation und Effizienz, um nachhaltigen Erfolg in einer sich verändernden Finanzlandschaft zu erreichen.

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